Köln Die Vorbereitung der großen Auktion im vergangenen Januar brachte für das renommierte Kölner Auktionshaus Van Ham eine faustdicke Überraschung mit sich. Zuvor hatte eine Erbengemeinschaft die Kunstsammlung eines verstorbenen Verwandten bei Van Ham eingeliefert. „Wir haben wie bei allen Kunstobjekten einer Auktion intensiv im Vorfeld recherchiert. Dabei war alles unauffällig verlaufen, keines der drei Kunstwerke war registriert oder wurde über Interpol gesucht”, sagt Geschäftsführer Markus Eisenbeis.
Das änderte sich schlagartig, als der Auktionskatalog online ging. “Nach gerade einmal einer halben Stunde kam der Anruf des befreundeten Kunsthändlers Erik Bijzet. Er berichtete uns, dass die Figur des Propheten aus dem Klever Kreuzaltar stammt und gestohlen wurde. Dort hatte man die Figur nachschnitzen lassen und so im Altar ersetzt. Wir haben diese natürlich sofort aus der Auktion herausgenommen.”
Damit war die Sensation aber noch nicht vollständig. Weitere Recherchen des Kunsthistorikers Guido de Werd und des Leiters der Restaurierungswerkstatt des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege in Brauweiler, Marc Peez, ergaben, dass auch zwei weitere Figuren aus der Auktion aus einer Kirche gestohlen worden waren. Der Heilige Nikodemus und Maria Magdalena stammten aus dem kunsthistorisch bedeutenden Antwerpener Altar der Kirche St. Pankratius in Bergheim-Paffendorf. Auch sie waren inzwischen nachgeschnitzt und so im Altar wieder ergänzt worden. Diese beiden Skulpturen wurden ebenfalls sofort aus der Auktion zurückgezogen.
Die Einbrüche in die Kirchen haben Anfang der 70er Jahre stattgefunden
Auch wenn die Diebstähle, die Anfang der 70er Jahre stattgefunden hatten, inzwischen verjährt sind, können die drei betroffenen Figuren auf dem regulären Kunstmarkt nicht mehr verkauft werden. Um für alle Beteiligten ein glückliches Ende zu finden, entschloss sich Eisenbeis, die unter Denkmalschutz stehenden Kunstwerke von der Erbengemeinschaft zu kaufen, um diese den beiden Kirchengemeinden als den rechtmäßigen Eigentümern zu schenken.
“Hier erkennt man, wie offen und transparent heute Auktionen geworden sind. Durch den Auktionskatalog im Internet bleibt nichts verborgen. Es ist aber trotzdem ungewöhnlich, dass das erst so spät und kurz vor der Auktion entdeckt worden ist. Umso mehr freut es mich, dass wir jetzt eine so schnelle und unkomplizierte Lösung gefunden haben”, erklärt Eisenbeis.
Gestohlen wurden aus dem Antwerpener Altar von St. Pankratius in Paffendorf 1971 insgesamt vier Figuren. Der Altar aus dem 15. Jahrhundert kam erst 1840 aus dem Essener Münster in den Bergheimer Stadtteil. Er thematisiert die Jugend und das Leiden Jesu. Eine Figur konnte auf einem Flohmarkt wiedergefunden werden. Zwei Weitere kehren nun zurück an ihren angestammten Platz, nachdem sie gereinigt und von Schäden befreit worden sind. Die vierte Figur bleibt weiter verschollen.
In Kleve gab es in den Jahren 1971 und 1972 Einbrüche in die Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Kleve. Dabei wurden aus dem wertvollen Antwerpener Kreuzaltar, der aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt, zwei Prophetenfiguren gestohlen. Die expressiv ausgearbeiteten Skulpturen gelten mit ihrer kostbaren Tracht der Zeit als Meisterwerke der Antwerpener Schnitzkunst.
Die erste der beiden gestohlenen Figuren wurden bereits 2016 wiederentdeckt. Damals warf im Februar ein Unbekannter zwei Koffer über die Kirchenmauer des Klosters Maria Laach. Darin befanden sich insgesamt elf Altarskulpturen. Alle wurden Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahre aus Kirchen in Kempen, Rheinberg, Kleve, Geilenkirchen-Süggerath, Jülich-Mersch, Linnich und Münstermaifeld gestohlen. Sie wurden durch die Bundespolizei ihren Eigentümern zurückgegeben.