„So einen Boom gab es seit Anfang der 90er nicht mehr“
Das Handwerk hat seit dem Frühsommer eine „erstaunliche Wirtschaftsentwicklung“ erlebt, erklärte heute Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. „So einen Boom gab es seit Anfang der 90er nicht mehr“, so Weltrich. Im Kammerbezirk bewerteten in der aktuellen Herbst-Umfrage 39 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut (Herbst 2009: 29 Prozent) und nur 12 Prozent als schlecht (Herbst 2009: 23 Prozent). 49 Prozent zeigten sich zufrieden (Herbst 2009: 44 Prozent). Dabei erlebte insbesondere das Bau- und Ausbaugewerbe einen starken Aufschwung. Für eine positive Überraschung sorgte außerdem das KfZ-Gewerbe. Auch wenn die Zahl der Neuzulassungen in den ersten drei Quartalen 2010 deutlich zurückging, zeigten sich in der Umfrage nur gut neun Prozent unzufrieden. Der gefürchtete Einbruch nach dem Auslaufen der so genannten Abwrackprämie scheint daher weniger schlimm als erwartet einzutreffen.

Die gute Wirtschaftsentwicklung im Kammerbezirk würde sich auch in den Beschäftigtenzahlen niederschlagen. 21 Prozent der Unternehmen sagten in der Umfrage, dass sie seit April 2010 die Zahl ihrer Mitarbeiter erhöht hätten. In zwei Drittel ist der Beschäftigtenstand unverändert geblieben, in 13 Prozent ging er zurück. Weltrich lobte die Unternehmen dafür, dass sie auch in den schwierigen Zeiten ihre Mitarbeiter behalten hätten. Auch für das kommende Halbjahr rechnete der Großteil der Unternehmen mit einem stabilen Aufwind, nur 16 Prozent (Herbst 2009: 35 Prozent) befürchteten eine Verschlechterung der Wirtschaftslage.

Gute Stimmung auch in Köln
In der Stadt Köln stuften knapp 36 Prozent ihre Geschäftslage als gut, 51 Prozent als befriedigend und 13 Prozent als schlecht ein. Im Frühjahr 2010 hatten knapp 16 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut bewertet, etwa 57 Prozent bezeichneten sie damals als befriedigend und unter 27 Prozent als schlecht (Herbst 2009: 34 Prozent). Dabei gaben 20 Prozent der Kölner Unternehmen an, die Zahl der Beschäftigten erhöht zu haben, bei 62 Prozent blieb sie unverändert und bei knapp 18 Prozent wurde sie reduziert. Auch die Handwerksbetriebe der Domstadt blicken zuversichtlich auf das nächste Halbjahr. 23 Prozent der Befragten glauben an eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 62 Prozent erwarten, dass sie unverändert bleibt und nur 15 Prozent befürchten eine Verschlechtrung.

Handwerkskammer bremst Euphorie
„Unsere Umfrage hat ein gegenwärtig sehr gutes Geschäftsklima im Handwerk ermittelt, das wir aber nicht eins zu eins aufs ganze Jahr 2010 hochrechnen dürfen“, betonte Weltrich heute. Denn trotz des derzeitigen Aufschwungs erwarte der Zentralverband des deutschen Handwerks für dieses Jahr nur eine leichte Umsatzsteigerung von 0,5 Prozent. Damit werde im laufenden Jahr das Niveau vor der Wirtschaftskrise noch nicht erreicht. Gerade die Politik neige derzeit dazu, die Zahlen zu überschätzen. Viele Handwerksunternehmen hätten in den vergangenen Monaten auf ihre Rücklagen zurückgegriffen. Dies müssten nun zunächst einmal wieder aufgefüllt werden. Falsch sei es daher das Handwerk schon jetzt zusätzlich zu belasten – etwa durch höhere Rundfunkgebühren oder eine erhöhte Gewerbesteuer, wie sie unlängst der Rat der Stadt Köln beschloss. Hier müsse auch die Kölner Politik den Mut aufbringen, die Erhöhung der Steuern wieder zu reduzieren.

Auch von einer Ausweitung der Umweltzonen riet Weltrich heute ab. Um Kunden in den Innenstädten erreichen zu können, müssten Klein- und Mittelbetriebe ihre Lieferfahrzeuge nachrüsten oder neu kaufen. Das sei für viele Unternehmen derzeit noch nicht bezahlbar.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
[Foto: Rainer Strum/ www.pixelio.de]