Aaron Knappstein, Präsident der Kölschen Kippa Köpp, und Christine Flock, Vizepräsidentin des Festkomitees Kölner Karneval, am Grab Emil Jülichs. | Foto: Festkomitee Kölner Karneval

Köln | Heute ist Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. In einer Gedenkstunde am Jüdischen Friedhof in Köln Bocklemünd erinnerten die Kölsche Kippa Köpp zusammen mit dem Festkomitee Kölner Karneval an den jüdischen Komponisten Emil Jülich und den ehemaligen jüdischen Karnevalsverein „Kleiner Kölner Klub“. Emil Jülich komponierte „Ov krüzz oder quer“, den Song der Pate steht für das diesjährige Sessionsmotto.

„Wir dürfen nicht vergessen“, sagte heute Aaron Knappstein, Präsident des Kölsche Kippa Köpp. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Juden in Köln ausgegrenzt, denunziert und verfolgt. Sie wurden aus ihrer Heimat vertrieben und ihrer Freiheit und ihres Lebens beraubt. Die Idee einer Gedenkveranstaltung kam dem Verein bereits vor der Pandemie. Ursprünglich sollte die Veranstaltung am Grab von Theo Stein stattfinden. Er war Mitglied des Karnevalsvereins „Kleiner Kölner Klub“. Er ist eines der wenigen Mitglieder des Clubs der beerdigt wurde. In dem Verein hatten sich in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts jüdische Kölner zusammengefunden, um gemeinsam Fastelovend zu feiern.

Der jüdische Karnevalsverein Kölsche Kippa Köpp will das Judentum vermehrt in den Karneval bringen und auch dem Karneval, das Judentum näherbringen. „Nur wenn man weiß, wer man ist, kann man sich verstehen und gemeinsam feiern“, so Knappstein. Im Karneval solle die Religion keine Rolle spielen. Der Sprecher des Kölner Festkomitees Michael Kramp betonte: „Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ist ein Teil der 200-jährigen Historie des Festkomitees, den wir niemals vergessen dürfen. Auch Akteure des Kölner Karnevals haben in dieser Zeit einen Teil der Schuld auf sich geladen. Wir können das heute nicht mehr rückgängig machen. Aber wir können alle gemeinsam mit dafür sorgen, dass Ausgrenzung von Menschen sich nicht wiederholt.“ So erklärte Michael Rado, Vorstand der Synogogengemeinde Köln, wie wichtig es ist, dass die Karnevalisten gedenken.

In Gedenken an Emil Jülich

Die Gedenkveranstaltung fand heute am Grab von Emil Jülich statt. Er ist der Schöpfer des Liedes „Ov krüzz oder quer“, das in dieser Session Pate steht. Sein Grab wurde anlässlich des Gedenktages gepflegt.

Jülich war bereits 1923, also vor dem Zweiten Weltkrieg verstorben. Er selbst wurde kein Opfer des NS-Regimes. Doch litt seine Familie in der NS-Zeit: So wählte sein Sohn aus Angst vor einer Deportation den Freitod. Jülichs Nachkommen sind heute auf der ganzen Welt verstreut. Die vier anwesenden Urenkel:innen reisten etwa aus der Schweiz und Hamburg an, doch gebe es weitere Urenkel:innen in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Australien, so Knappstein. Jülichs Ehefrau konnte als Folge des Zweiten Weltkriegs nicht neben ihrem Mann beerdigt werden.

Emil Jülich war in Köln bekannt als Karnevalskünstler und war Mitglied und Senator der Narrenzunft. Emil Jülich änderte seinen Vornamen. Zuvor hieß er Michael Jülich. Geboren wurde er in Bad-Godesberg, was heute zu Bonn gehört und lebte dort mit seinen Eltern und 4 Schwestern. Wahrscheinlich der Liebe halber zog er nach Aachen. Dort heiratete er seine Frau. Zusammen bekamen sie 7 Kinder. 1886 zog seine Familie nach Köln. Er schrieb viele Lieder, Gedichte und kölsche Texte. Seine Lieder waren schnell an Beliebtheit. Sein Lied „Ov krüzz oder quer“ war sogar so beliebt, dass andere Künstler:innen sich an der Melodie des Liedes bedienten, und diese mit eigenen Texten versahen.

rs