Berlin | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen auf den griechischen Inseln mehr Solidarität von den EU-Mitgliedern gefordert. „Wir müssen unseren europäischen Partner bei den Kontrollen an den EU-Außengrenzen mehr helfen. Wir haben sie zu lange alleine gelassen“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“.

„Wenn wir das nicht machen, werden wir eine Flüchtlingswelle wie 2015 erleben – vielleicht sogar noch eine größere als vor vier Jahren.“ Er werde gemeinsam mit der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) „alles dazu beitragen, dass sich das nicht wiederholt“. Dazu habe er „die volle Unterstützung der deutschen Bundeskanzlerin“.

EU-Kommission gibt Seehofer Rückendeckung im Flüchtlingsstreit

Im Streit um die Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Bootsflüchtlingen hat die EU-Kommission das Vorgehen von Innenminister Horst Seehofer (CSU) gelobt und Kritik an den Plänen zurückgewiesen. EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben), Deutschland habe die Diskussion vorangetrieben, auch deshalb gebe es jetzt positive Fortschritte bei diesem Thema. Er sei vor einem Treffen der EU-Innenminister am Dienstag zuversichtlich, weil nun Schwung da sei: „Immer mehr Mitgliedstaaten erkennen, dass es berechenbare, befristete Regelungen für die Aufnahme von Bootsflüchtlingen nach der Ausschiffung geben muss“, so der Kommissar.

Natürlich könne eine solche Regelung nicht mit nur einer Handvoll Mitgliedstaaten funktionieren, deshalb werde am Dienstag mit allen 28 EU-Staaten darüber gesprochen. Vorbehalte, der vereinbarte Notfallmechanismus für im Mittelmeer gerettete Migranten werde zu einem Pull-Faktor, wies Avramopoulos zurück: Die Arbeit an einer berechenbaren Regelung nach der Ausschiffung dürfe nicht isoliert von anderen Bemühungen gesehen werden, die Herausforderung der Migration umfassend anzugehen. Es sei vorrangiges Ziel, die Zahl der irregulären Ankünfte zu reduzieren, Schmuggler zu bekämpfen, die Rückführung irregulärer Migranten zu verbessern – und ebenso Leben zu retten und legale Wege für Schutzbedürftige zu öffnen.

„Wenn sich jedoch Migranten auf See befinden, was eine Ausnahme sein sollte, ist es unsere Pflicht, Menschenleben zu retten – Lösungen von Fall zu Fall sind dabei nicht nachhaltig“, sagte der Flüchtlingskommissar. Avramopoulos sagte, auch wenn es am Dienstag eine Einigung gebe, sei die Arbeit nicht abgeschlossen: „Wir brauchen auf lange Sicht immer noch ein reformiertes, gemeinsames europäisches Asylsystem.“ Er sei froh, dass er dabei auf die Unterstützung Deutschlands zählen könne: „Deutschland hat immer eine zentrale Rolle für Europa und für die Solidarität gespielt.“

Seehofer hatte sich im September im Frankreich, Italien und Malta auf einen Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge auf der zentralen Mittelmeerroute verständigt. Deutschland will jeden vierten geretteten Migranten aufnehmen, wenn genügend Staaten mitmachen. Bei der Ratssitzung der EU-Innenminister am Dienstag werden nun die Zusagen weiterer EU-Staaten erwartet.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus war in einem Interview mit den Funke-Zeitungen auf Distanz zu Seehofers Plänen gegangen. „Wir dürfen Schlepperorganisationen nicht ermutigen, mehr zu machen“, hatte Brinkhaus gesagt.

Mohring: Gerettete Bootsflüchtlinge nach Afrika zurückbringen

CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring teilt die Zweifel von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) am Vorhaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), jeden vierten im Mittelmeer geretteten Flüchtling in Deutschland aufzunehmen. „Das Risiko der jetzt von Horst Seehofer angestrebten Zwischenlösung ist, dass sie zur Dauerlösung wird“, sagte Mohring den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Der Bundesinnenminister steht im Wort, dass dies ausgeschlossen ist. Die Skepsis in diesem Punkt kann ich gut nachvollziehen.“ Ziel der EU müsse bleiben, „die Geretteten an die afrikanische Küste zurück zu bringen“, so Mohring, der bei der Landtagswahl am 27. Oktober als CDU-Spitzenkandidat antritt. „Nur das wird dem Schlepperunwesen dauerhaft die Grundlage entziehen.“

Autor: dts