Minister Nathanael Liminski. Foto: Ralph Sondermann

report-K präsentiert ausgewählte Beiträge aus dem Newsletter des Kölner Presseclubs, den Sie hier abonnieren können. Für die redaktionellen Inhalte ist der Kölner Presseclub verantwortlich. Der Autor dieses Beitrages, Peter Pauls, ist Vorsitzender des Kölner Presseclubs. Zuvor war er lange Jahre Chefredakteur der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger.

Warum die Berliner Ampelkoalition auf Friedrich Merz hofft und in Düsseldorf der Mann aus dem Schatten ans Licht drängt

Wie erklären sich die hohen Umfragewerte der AFD? Oder anders formuliert: Warum erzielt die größte Oppositionspartei CDU/CSU aus der offenbaren Unzufriedenheit mit der regierenden Ampelkoalition keine höhere Zustimmung? Laut Umfragen wachsen die Werte der Union im Vergleich zur Bundestagswahl vom September 2021 nur gering. Die AFD hingegen hat ihren Stimmenanteil etwa verdoppelt, wäre zurzeit sogar zweitstärkste politische Kraft. 
 
Damit hat diese Partei dann eine „kritische Masse“ erreicht, erklärt mir Manfred Güllner, Chef des Umfrageinstituts „Forsa“. Das klassische rechtsradikale Potential von zehn Prozent der Wählerstimmen habe die AFD bereits ausgeschöpft. Aktuell bietet sich die Partei aber auch denen an, die von Regierungspolitik und Opposition gleichermaßen enttäuscht sind. Ohnehin ist die AFD mit ihren gestiegenen Werten nicht nur fester Bestandteil von Nachrichten, Kommentaren und Warnungen. Je vielstimmiger die Proteste eines vermeintlich intellektuellen Establishments sind, umso stärker gilt das manchen als Qualitätserweis. Ungewollt macht man die Partei dadurch größer.
 
Friedrich Merz könnte sich als die zweite Fehleinschätzung der Union nach Armin Laschet entpuppen, dem glücklosen Kanzlerkandidaten, formuliert Güllner. Merz sei als Person unbeliebt und verfolge eine falsche Konfrontations-Strategie. Sie erreiche das konsensorientierte Publikum nicht. Aber auch eine Bundesregierung, die sich mehr um Minderheiten als um Mehrheiten kümmere, arbeite an der Bevölkerung vorbei. Die Erhöhung des Bürgergelds etwa hat für den kantigen Güllner Signalcharakter. Nicht nur sei der Abstand zu regulären Löhnen zu gering. Auch wisse jeder um Missbrauch solcher Leistungen. Oder die Debatten um den Mindestlohn. Um sich als Kanzler behaupten zu können, müsse Olaf Scholz im Grunde hoffen, dass Friedrich Merz bleibt, sagt der 81-jährige sarkastisch.

Die CDU in NRW hat geerntet, was die SPD an Unzufriedenheit säte

In Nordrhein-Westfalen allerdings ist es anders. 2017 hat hier die CDU geerntet, was die SPD mit ihrer Landespolitik an Unzufriedenheit säte: eine CDU, die Beobachtern als „Intrigantenstadl“ galt, der in fast legendärer Oppositionsgemütlichkeit verharrte. Die Formulierung habe ich aus der immer noch lesenswerten Laschet-Biografie „Der Machtmenschliche“ meiner Kollegen Tobias Blasius und Moritz Küpper.  Sie benennen einen Mann, der den Machtwechsel vor sechs Jahren im Hintergrund organisierte: Nathanael Liminski. Der „Mechaniker der Macht“, die „Präzisionsmaschine“. Er ordnete und organisierte die Opposition, benannte Themenfelder und entwickelte die „Schlusslicht-Bilanz“ der damaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Seither hat Liminski einen atemberaubenden Aufstieg genommen, ist einer der einflussreichsten deutschen Politiker geworden, sagt Moritz Küpper. Mittlerweile als NRW-Minister unterwegs, sei der heute 37-jährige Dreh- und Angelpunkt der Landesregierung von Hendrik Wüst. Geräuschlos habe er den Koalitionsvertrag mit den Grünen im Detail verhandelt, arbeite mit Fleiß, Hingabe und Gewissenhaftigkeit, sei ein Machtfaktor im Kabinett. Mit Wüsts Vorgänger Laschet hatte er gleichsam symbiotisch gearbeitet. Heute bilden der Ministerpräsident und er gleichgewichtige Kraftzentren.

Der Schattenmann drängt ans Licht, hieß es jüngst in der Ruhrgebietszeitung WAZ. Da reiste Minister Liminski nach Polen. Und in der Ukraine war er als erstes Düsseldorfer Kabinettsmitglied.

Um zum Beginn dieses Newsletters zurückzukehren: Das Duo Liminski-Wüst könnte das Blatt für CDU/CSU im Land noch wenden. Oder einer von beiden. Was Folgen für NRW hätte. Moritz Küpper kennen Sie aus seiner langjährigen Vorstandsarbeit im Kölner Presseclub oder Sie hören ihn im Deutschlandfunk.  Immer noch beobachten er und Tobias Blasius die Landespolitik. Daher warte ich gespannt auf ihr zweites Buch „Hendrik Wüst – Der Machtwandler“.