Rund € 140 Mio. soll die Sanierung der Kölner Zentralbibliothek kosten. Der Stadtrat muss noch darüber entscheiden. Foto: Raimond Spekking / CC BY-SA 4 / Kölner Presseclub

report-K präsentiert ausgewählte Beiträge aus dem Newsletter des Kölner Presseclub, den Sie hier abonnieren können. Für die redaktionellen Inhalte ist der Kölner Presseclub verantwortlich. Die Autorin Claudia Hessel ist Chefmoderatorin von RTL West und verfasst als Journalistin und Autorin Beiträge für verschiedene Magazine und Publikationen.

Was tun, wenn die Kasse leer ist und die Kölner Kulturbauten bröckeln? Ein Dilemma der Prioritäten tut sich auf, denn die Renovierungsliste ist lang und die Zeit drängt. Philharmonie und Museum Ludwig sind demnächst ein Sanierungsfall. Die sagenhafte Summe von einer Milliarde Euro steht im Raum. Und seit 10 Jahren soll die Zentralbibliothek am Neumarkt saniert werden. Das Gebäude von 1979 ist mittlerweile nicht nur klimatechnisch von gestern. Seit 2018 liegt ein Ratsbeschluss für eine Generalsanierung vor: 81 Millionen Euro wurden nach etlichen Kostensteigerungen für die Modernisierung am Ende genehmigt. Die neuen Zahlen von 140 Millionen Euro plus x, die kursieren, machen schwindelig. Eine besonders hitzige Diskussion ist im Gange mit einer Gemengelage, in die alles reingepackt wird: Von Sanierung, Abriss, Neubau, Ausweichquartier, über Klimaschutz bis hin zum Aufruf zur Hausbesetzung. Team Sanierung und Team Abriss stehen sich unversöhnlich gegenüber.

„Warum jetzt ausgerechnet dieses Gebäude von 1979 am Neumarkt erhalten bleiben sein soll, erschließt sich mir nicht, sagt der Kölner Bürgermeister Ralph Elster und kulturpolitischer Sprecher der CDU. „Bei fast 75 % Steigerung der Kosten auf 140 Millionen Euro können wir das nicht einfach hinnehmen, nur weil es heißt: Es wird halt alles teurer.“ Dabei verweist Elster auch auf die exorbitant gestiegenen Kosten der Opern- und Schauspielsanierung von zurzeit knapp 700 Millionen Euro – wobei hier die Gesamtrechnung am Ende wohl noch höher liegt – und warnt vor einem neuen finanziellen Fiasko am Neumarkt. Zwar lassen sich die Gebäude am Offenbachplatz und am Neumarkt nicht miteinander vergleichen, aber „Das Debakel mit der Oper bekommt man nicht aus den Köpfen der Kölner. Und das muss uns auch eine Mahnung sein. Man kann dem Kölner Steuerzahler nicht vermitteln, dass wir den gleichen Fehler sehenden Auges noch einmal begehen.“ Die zahlreichen Kommentare in den sozialen Medien geben ihm Recht, obwohl er mit seiner Haltung politisch isoliert dasteht.

„Das Debakel mit der Oper bekommt man nicht aus den Köpfen der Kölner. Man kann dem Steuerzahler nicht vermitteln, dass wir den gleichen Fehler sehenden Auges noch einmal begehen.“ Dr. Ralph Elster, Bürgermeister und kulturpolitischer Sprecher der CDU über die Kostenexplosion bei der Zentralbibliothek. Foto: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Zum Team Sanierung gesellen sich die Grünen, die die einmal gefassten Beschlüsse von 2018 umsetzen wollen und die SPD. Die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Maria Helmis, argumentiert im Gespräch mit mir: „Der mit den Erfahrungen aus den gescheiterten Kulturbauprojekten einhergehende Vertrauensverlust, darf nicht dazu führen, die gemeinsame Vision einer sanierten und modernen Stadtbibliothek am jetzigen Standort fallen zu lassen.“ Am Neumarkt soll mit der Ertüchtigung der Zentralbibliothek ein neues Kulturquartier entstehen, welches im kleineren Ausweichquartier auf der Hohe Straße nicht möglich sein soll.

Lorenz Deutsch, kulturpolitischer Sprecher der FDP Ratsfraktion, steht auch auf der Seite der Sanierungsbefürworter: „Wir können doch nicht ständig Gebäude abreißen, wenn sie in die Jahre gekommen sind oder ihnen wegen Sanierungsstau die Betriebserlaubnis entzogen wird, wie beim Römisch Germanischen Museum. Warum geht die Stadt Köln so mit ihren Häusern um? Viele Schulen, Kulturbauten, Verwaltungsgebäude sind marode und ständig wird nur notdürftig geflickt. Aber in den Erhalt der städtischen Gebäude wird nicht investiert. Stattdessen werden teure Neubauten und Leuchttürme geplant, während der Rest verrottet. Richtiger wäre es, öffentliche Gebäude kontinuierlich zu ertüchtigen und dann länger zu nutzen. Außerdem ist es auch ökologisch sinnvoller.

Mein Fazit: Demokratie lebt vom Austausch der Argumente auf Basis von Fakten. Auch wenn die weichen Faktoren bei der Zentralbibliothek wichtig sind – statt so viel Emotionalität wie jetzt, wäre mehr Rationalität gefordert. Welche Kosten und Risiken bestehen tatsächlich und muss die Politik nicht auch eine kostengünstigere Variante ins Auge fassen? Wer übernimmt Verantwortung, wenn die Kosten trotz aller Mahnungen am Ende doch aus dem Ruder laufen sollten? Das mit dem Oberverantwortungshut hat bei der Oper schon nicht geklappt. Letztlich geht es um das Geld von uns Steuerzahlern. Ich bin gespannt, für welchen Weg die Politik sich angesichts knapper Kassen im Mai entscheidet. Was kann sich Köln noch leisten? Wahrscheinlich werden noch so manche Kulturbauten – von denen der eine oder andere bereits träumte – von der Wunschliste gestrichen werden müssen.

Davon werden wir sicherlich auch bald hören.