Das Bild zeigt Die Familien Weckmann und Kolonko. | Foto: RTL

Köln | In Urinproben aus dem Zeitraum 2020/21 von Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren in Nordrhein-Westfalen sind erhöhte Werte eines streng reglementierten und teilweise verbotenen Weichmacherstoffs festgestellt worden. Dies gab das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) NRW am Mittwoch, 31. Januar 2024 bekannt.

Seit dem Jahr 2013 ist der DnHexP-Weichmacher in der Europäischen Union als besonders bedenklicher Stoff aufgeführt. Daher ist dieses Phthalat als Weichmacher in Kosmetikprodukten, Lebensmittelkontaktmaterialien und Spielzeug nicht mehr erlaubt. Trotz dieser Einschränkungen wurde der Metabolit nun in 61 Prozent der 250 Urinproben aus den Jahren 2020–2021 gefunden.

RTL Extra Recherche: Schadstoff-Experiment

In einem Experiment von RTL Extra untersuchte die Reporterin Sonja Kolonko gemeinsam mit einer vierköpfigen Familie aus Köln die Auswirkungen von Schadstoffen in Lebensmittelverpackungen auf die Gesundheit. Sie entdeckten: Im Urin der gesamten Familie wurden Hinweise auf den Weichmacher Di-n-hexylphtalat entdeckt. Die Substanz wurde auch bei der Reporterin und ihrem Sohn festgestellt.

Sonja startete nach einem Zufallsfund während des Weichmacher-Experiments eine Recherchereise. Um eine Verschmutzung des Trinkwassers und der Luft in der Region auszuschließen, wurden weitere Haushalte in Köln von Dr. Holger Koch, einem Weichmacher-Experten der Kommission für Humanes Biomonitoring des Umweltbundesamtes, auf den gefährlichen Weichmacher getestet. Obwohl auch diese Studien überwiegend positiv sind, sei keine mögliche Ursache ersichtlich.

Sonja konfrontierte das Verbraucherschutzministerium und das LANUV in Nordrhein-Westfalen mit den Erkenntnissen. Regelmäßig werde die Belastung von 250 Kindergartenkindern in Nordrhein-Westfalen von den Behörden bestimmt. Aufgrund des Verbots im Jahr 2013 werde laut den Behörden nach dem Weichmacher Di-n-hexylphtalat hier nicht mehr gesucht. Jedoch können die konservierten Proben der vergangenen Studien nachträglich auf die gefährliche Substanz überprüft werden. Bei etwa 60 Prozent der Kinder wurden Spuren des eigentlich verbotenen Weichmachers festgestellt.

Die ganze Recherche zeigt RTL am 6. Februar um 22.35 Uhr in EXTRA.

Warum ist der DnHexP-Weichmacher so gefährlich?

Das LANUV hat Stoffe wie Weichmacher untersucht, die besonders kritisch sind. Diese werden Kunststoffprodukten zugefügt, um ihre Flexibilität zu erhöhen. Die Weichmacher können im Laufe der Zeit aus den Produkten entweichen und vom Menschen aufgenommen werden. Phthalate sind eine wichtige Gruppe von Weichmachern. Im Körper des Menschen werden diese Substanzen in sogenannte Stoffwechselprodukte umgewandelt und durch den Urin ausgeschieden. Da sie das Fortpflanzungssystem beeinträchtigen, sind viele Phthalate für die menschliche Gesundheit schädlich. Deshalb gibt es strenge Einschränkungen bei der Verwendung verschiedener Phthalate. Das LANUV gehe davon aus, dass das Problem nicht auf Nordrhein-Westfalen begrenzt ist. Deshalb wurden Abstimmungen mit Behörden auf Landes- und Bundesebene aufgenommen.

„Mit der Human-Biomonitoring-Studie des LANUV haben wir ein Instrument entwickelt, mit dem Trends der Schadstoff-Belastung bei Kindern beobachtet und über einen längeren Zeitraum nachvollzogen werden“, erläuterte Dr. Barbara Köllner, Vizepräsidentin des LANUV in einem schriftlichen Statement. „Die regelmäßigen Untersuchungen haben daher eine große Bedeutung als Frühwarnsystem. Sie zeigen uns im aktuellen Fall in den Proben aus 2020/21 im Vergleich zu den Proben aus 2017/18 eine Zunahme des Metaboliten MnHexP. Jetzt gilt es, dies gesundheitlich zu bewerten und die Ursache für diese Belastung herauszufinden.“

Um die Belastung zeitlich zu reduzieren, hat das LANUV Rückstellproben aus dem Zeitraum von 2017/18 auf MnHexP untersuchen lassen, nachdem die ersten Messergebnisse für die Jahre 2020/21 vorliegen. In 26 Prozent der Urinproben in diesem Zeitraum wurde das Stoffwechselprodukt MnHexP entdeckt. Im Jahr 2017/18 waren die Belastungen in den Proben im Durchschnitt 0,28 Mikrogramm pro Liter, während sie im Jahr 2020/21 auf 2,09 Mikrogramm pro Liter stiegen. In den beiden Zeiträumen der Untersuchung wurden MnHexP-Ergebnisse in Proben aus ganz Nordrhein-Westfalen festgestellt. Die Stoffwechselprodukte wurden sowohl in ländlichen als auch in urbanen Gebieten gefunden. Bisher gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Belastungen durch die Umwelt oder das Trinkwasser verursacht werden.

agr