Rudolfplatz, 12 Uhr: Die Sonne brennt erbarmungslos, kaum ein Lüftchen weht über den Platz. Gefühlt sind es 40 Grad Celsius. Auch wenn sich kaum Menschen auf dem Platz finden, ein halbes Dutzend Aktivistinnen und Aktivisten halten durch. Sie sammeln Unterschriften.

Rund 13.000 haben sie seit Anfang Juli, seit das Deutsche Tierschutzbüro in Berlin die Petition und die sich daran anschließende, bundesweite Tour eröffnete, bereits eingesammelt. 30.000 sollen es werden. Insgesamt 32 Städte werden bis zum 6. September noch aufgesucht, als nächstes geht es nach Bonn und Koblenz, wie Julia Weibel vom Presseteam der Tierschutzorganisation berichtete.

„Die Resonanz ist durchaus unterschiedlich. In Hamburg haben wir zwei richtig tolle Tage gehabt, da kamen wir mit den vielen Anfragen kaum nach. In anderen Städten waren die Reaktionen deutlich zurückhaltender. Im Münsterland haben uns einzelne Besucher vorgeworfen, wir wollten die Bauern ruinieren, was natürlich Unsinn ist“, resümiert Weibel. Tatsächlich richtet sich die Petition des Deutschen Tierschutzbüros in erster Linie an die Verbraucher und gegen die zunehmenden Exporte von lebendigen Tieren.

„Ich bin seit zweieinhalb Jahren Veganer, seit ich vor dem Kölner Karneval in den Urlaub geflüchtet bin und auf der Autobahn in die Augen von Tieren auf einem Schweinetransporter geschaut habe“, ergänzt Regionalleiter Anur Ranjbar. Auch wenn um die Mittagszeit noch nicht viele an dem umgebauten grünen Truck angehalten und sich informiert haben, die ersten Reaktionen sind vielversprechend. „Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, dass dieses millionenfache Leid dieser Tiere ein Ende hat“, fordert Ranjbar.

Tatsächlich aber dürften die Aktivisten vor allem diejenigen erreichen und zur Unterschrift überreden, die ohnehin der Massentierhaltung und dem massenhaften Export kritisch gegenüberstehen. „Die, die wir eigentlich erreichen wollen, weil sie sich für dieses Thema gar nicht interessieren, die reden nicht mit uns“, räumt Weibel ein.

Truck kann auch betreten werden

Das Aktionsmobil ist ein tatsächlich als Viehtransporter genutzter Truck. Bis zu drei Ebenen lassen sich dabei mit Schweinen und Lämmern beladen. Gerade mal eine Tränke ist an dem Lkw angebracht. Nach Informationen von Sprecherin Weibel wurde der Lkw, der seit 2016 außer Dienst gestellt wurde, in einem Fall mit 40 Milchkühen (auf zwei Ebenen) beladen, kaum vorstellbar, wenn man sich die Größe des Innenraumes anschaut. Wie lange der Lkw Tiere transportiert habe, wisse man nicht. Aber auf dem Tacho sind es fast eine Million Kilometer.

Um das Anliegen möglichst authentisch rüberzubringen haben die Tierschützer kaum etwas an dem Lkw gemacht. Lediglich an den Seitenwänden, aus denen sonst die verängstigten Tiere herausschauten, sind insgesamt sechs Flachbildschirme eingebaut, die in Dauerschleife, Textbausteine mit den Forderungen und Tieraugen im Wechsel anzeigen, die von der Organisation Animals Angels stammen.

Änderung im Konsumverhalten ist der Schlüssel

Zwar gab es zum Auftakt der Deutschland-Tour des Trucks einige Politikerinnen und Politiker, unter anderem der EU-Abgeordnete Stefan Bernhard-Eck (ehemals Tierschutzpartei, jetzt parteilos), die das Anliegen durch ihr Erscheinen unterstützten. Die Resonanz, vor allem der konservativen Parteien, zielt eher darauf, den Tierschutzorganisationen die Arbeit zu erschweren, zum Beispiel durch Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Doch davon wollen sich die Tierschützer nicht entmutigen lassen.

So sind in den vergangenen Monaten die Exporte von Zuchttieren deutlich angestiegen, wie Aktivisten Weibel findet. Offenbar ist den Agrarbetrieben und Händlern die Einhaltung der Kühlkette zu teuer. Lebendige Rinder dürfen bis zu 29 Stunden am Stück transportiert werden. Es gebe jedoch erhebliche Zweifel, ob sich alle Spediteure daran halten. Und so zielt die Petition auch auf eine Änderung der EG-Verordnung 01/2005. Das beste Mittel, um die Qualen der Tiere auf den Straßen zu beenden, ist eine Änderung im Konsumverhalten. Mut mache zudem, dass Deutschland im vergangenen Jahr deutlich mehr neue vegane Produkte auf den Markt gebracht habe, als im EU-Durchschnitt. Allerdings ist Deutschland beim Fleischverzehr mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von knapp 60 Kilogramm pro Jahr noch immer einer der Spitzenreiter weltweit.

Drei zentrale Forderungen in der Petition

Die Aktivisten der Aktion „Truck You – Tiertransporte schmecken nicht“ wollen den Transport von lebendigen Tieren in Staaten außerhalb der EU grundsätzlich untersagen. Der Hauptgrund für diese Forderung liegt darin begründet, dass sich die strengen Tierschutzvorschriften außerhalb des EU-Rechtsraums weder einhalten, noch sanktionieren lassen.

Die Aktivisten fordern zudem schärfere und häufigere Kontrollen, vor allem auf den Straßen. Obwohl die derzeitige Gesetzeslage auch unangekündigte Kontrollen zuließe, werden lediglich rund ein Prozent aller Tiertransporte tatsächlich überprüft. Auch die Sanktionen selbst müssten verschärft werden, denn meisten werden Verstöße mit Belehrungen geahndet.

Außerdem fordern die Aktivisten eine Begrenzung von vier maximal vier Stunden für den Transport von lebenden Tieren, unabhängig davon, um welches Nutztier es sich handelt. Die Vorschriften hierzu sind sogar in Deutschland unterschiedlich. Neben der Transportdauer spielt auch die so genannte „Ladedichte“ eine Rolle. Langfristig aber wolle man durchsetzen, dass lebendige Tiere ohnehin nicht mehr transportiert werden. Das dürfte aber wohl noch einige Zeit dauern.

Autor: Ralph Kruppa