Rolf Mützenich am 14.03.2024 im Deutschen Bundestag. | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Berlin/Köln | Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich legt im koalitionsinternen Streit um den Ukraine-Krieg nach. Der Vorstand der Kölner SPD stellt sich hinter ihren Kölner Bundestagsabgeordneten.

„Die Optionen, wie ein militärischer Konflikt beendet werden kann, die werden am Ende politische sein“, sagte Mützenich der „Neuen Westfälischen“ (Dienstagsausgabe).

„Wir müssen China davon überzeugen, dass die Volksrepublik ein existenzielles und wirtschaftliches Interesse hat, stärker im von Russland zu verantwortenden Krieg aktiv zu werden – und davon, dass China vielleicht im Hinblick auf die Seidenstraßen-Initiative die Ukraine braucht, um seine Interessen auf dem asiatischen und europäischen Kontinent deutlich zu machen.“ Erst dann werde man China davon überzeugen, aktiver zu werden. „Diese Debatten muss Politik doch führen, anstatt nur darüber zu reden, wo die Schrauben beim Taurus sitzen.“

Auf die Frage, ob er sich beim jüngst verwendeten Begriff des „Einfrierens“ des Ukraine-Kriegs korrigieren wolle, sagte Mützenich: „Nein, das möchte ich nicht.“ Er sei in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet: „Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.“ Dies benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien. „Das kann man nicht von außen diktieren.“

Kölner SPD stellt sich hinter Rolf Mützenich

Die KölnSPD stellt sich uneingeschränkt hinter den Fraktionsvorsitzenden des SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich und die Äußerungen des ehemaligen ukrainischen Botschafters Melnyk in der Form und dem Inhalt nach zurückgewiesen.

„Die Sprüche von Herrn Melnyk sind ja bereits hinlänglich bekannt. Er findet weder die richtigen Worte im Umgang, noch gibt er die Inhalte von Rolf Mützenichs Rede richtig wieder“, betonte die Co-Vorsitzende der Kölner SPD Claudia Walther. Es sei völlig unangemessen, Mützenich persönlich anzugreifen. „Mützenich hat sich klar zum Ukrainekrieg geäußert und mehrfach betont, das Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf und die staatliche Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine ein klares Ziel deutscher Außenpolitik sei“, unterstrich der Co-Vorsitzende Florian Schuster.
Mützenich habe noch gesagt, dass Zeitenwenden nichts für politische Spielernaturen seien. Gebraucht werde Verstand, Besonnenheit und Klarheit. „Dem ist nicht mehr hinzuzufügen“, bekräftigten beide Vorsitzenden abschließend.

Kölner CDU Bundestagsabgeordnete Güler kritisiert Scholz in Debatte um „Einfrieren“ des Ukrainekriegs

In der von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich angestoßenen Debatte um ein mögliches „Einfrieren“ des Ukrainekrieges hat die Verteidigungspolitikerin Serap Güler (CDU) Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seine Haltung in der Debatte kritisiert. „Ich bin da sehr klar bei Boris Pistorius, bei unserem Verteidigungsminister, der in Warschau gestern dazu gesagt hat: Wer von einem Einfrieren des Krieges spricht, spielt eigentlich nur Putin in die Hände, weil er ist der Einzige, der sich darüber freuen wird“, sagte Güler dem TV-Sender „Welt“ am Dienstag. Sie wundere sich, „dass der Verteidigungsminister gerade der Einzige ist, der diesen Blick ganz klar hat und der Kanzler anscheinend nicht in der Lage dazu ist“, so Güler.

Mützenich hatte sich in der Bundestagsdebatte am vergangenen Donnerstag dafür ausgesprochen, darüber nachzudenken, wie der Krieg eingefroren werden könne. Pistorius hatte darauf geantwortet, dies würde „am Ende nur Putin helfen“. Insbesondere von CDU, Grünen und FDP kam Kritik an Mützenichs Vorstoß.

Eingefrorene Konflikte werden meist in ihrem aktuellen Zustand gehalten, ohne dass zuvor ein Kompromiss oder eine Lösung gefunden wurde. Häufig sind die Konflikte dadurch weniger intensiv – die Gewalt hält jedoch dennoch weiterhin an. Russland ist an einem Großteil der derzeitigen eingefrorenen Konflikte beteiligt.

SPD-Außenpolitiker verteidigen Mützenich   

In der SPD-Bundestagsfraktion erhält Fraktionschef Rolf Mützenich breite Unterstützung für seine Äußerungen zu einem möglichen Kriegsende in der Ukraine. „Wir sehen einen Stellungskrieg. So wie es aussieht, wird keine Seite diesen Krieg gewinnen“, sagte der Parteilinke Ralf Stegner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Rolf Mützenich hat in dieser Lage die Frage gestellt, was wir neben der militärischen Unterstützung der Ukraine tun können, um den Krieg zu beenden.“

Mützenich hatte eine Debatte darüber gefordert, wie man den Krieg „einfrieren und später auch beenden“ könne, und damit heftige Kritik auf sich gezogen. Ihm gehe es darum, durch „zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen“ zu einem Ende der militärischen Gewalt zu kommen, erläuterte der Fraktionschef inzwischen. „Die Angriffe auf Mützenich sind diffamierend: Er hat nicht gesagt, dass die Ukraine Gebiete abtreten soll“, sagte der Außenpolitiker Stegner. „Er hat auch nicht von Permafrost gesprochen.“

Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, nahm Mützenich in Schutz: „Man tut Rolf Mützenich unrecht, wenn man ihn in die Ecke des aus der Zeit gefallenen und unverbesserlichen Pazifisten stellt“, sagte Schmid, der zu den außenpolitischen Realpolitikern der Fraktion zählt, den Funke-Zeitungen.

Mützenich habe die letzten zwei Jahre dafür gesorgt, dass der Kanzler die notwendige Entscheidungsfreiheit gehabt habe, die Ukraine auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen. „Durch die militärische Hilfe soll die Ukraine Putin an den Verhandlungstisch zwingen können, um ernsthafte Verhandlungen zu führen. Dieser Moment ist allerdings noch nicht erreicht.“

| ag, mit Material von dts nachrichtenagentur |