Düsseldorf/Köln | aktualisiert | Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW und Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag NRW gaben vor wenigen Minuten bekannt, dass ihre beiden Fraktionen für die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsauschusses zur Klärung der Besetzung des Präsidentenpostens des NRW-Oberverwaltungsgerichts stimmten. Es gehe dabei vorrangig um die politische Aufarbeitung. CDU und Grüne sprechen von einer „durchschaubaren Verzweiflungstat“ der Opposition und beziehen sich in ihrer Argumentation auf die Gerichtsurteile.
Der Hintergrund in Kürze
Das Wort „Skandal“ fällt öffentlich, wenn es um das Bewerbungsverfahren zur Besetzung des Präsidentenpostens des NRW-Oberverwaltungsgerichts geht. Im Raum stehen Verdächtigungen gegen den grünen Justizminister Benjamin Limbach, der zwei Kandidat:innen zum Rückzug bewogen haben soll, um der von ihm favorisierten Kandidatin den Weg zu ebnen. Der Justizminister des Landes NRW weist diese Vorwürfe immer wieder zurück auch etwa in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags. Er bezeichnete es dort als normalen Vorgang, dass er mit mehreren Bewerbern gesprochen habe und dass dies Teil seiner amtlichen Aufgaben sei. Er verneinte Kandidaten bedrängt zu haben, ihre Bewerbung zugunsten einer von ihm favorisierten Kandidatin zurückzuziehen. Er kenne diese Bewerberin aus einer früheren beruflichen Bekanntschaft, aber er pflege kein Näheverhältnis.
Kritik an Limbach kommt auch von der Neuen Richtervereinigung und dessen NRW Landesverband, die den Rücktritt des Ministers forderte. Dass der Minister Gespräche mit Bewerber:innen führte, sei unfair und intransparent. Mehrere Gerichte haben sich mit dem Fall beschäftigt und die Besetzung der OVG-Stelle gestoppt. Der Minister geriet in den vergangenen Tagen zudem unter Druck im Streit mit der Staatsanwaltschaft Köln bei der Thematik der Cum-ex-Ermittlungen. Ein Vorwurf gegen Limbach lautet ferner, er habe das Grundprinzip einer unabhängigen Justiz nicht verstanden.
Parlamentarischer Untersuchungsausschuss
Ott machte in einem Statement deutlich, dass es um die Integrität und Glaubwürdigkeit der NRW Justiz gehe und dass alleine der böse Anschein, dass ein Parteibuch eine Rolle spiele bei der Besetzung hochrangiger Stellen in der NRW Justiz, dieser schweren Schaden zufüge. Der Untersuchungsausschuss solle nun die politische Dimension und die politischen Abläufe hinterfragen. Der Untersuchungsausschuss solle nicht die bereits gefallenen Urteile der Gerichte untersuchen. Es gehe darum, die Justiz vor dem willkürlichen Durchgriff durch die Politik zu schützen. Dass die Opposition jetzt den Untersuchungsausschuss einsetze, so Ott, sei Notwehr, weil die Landesregierung die Antworten in der Causa verweigere.
Höne unterstrich den Willen zur politischen Aufklärung und machte deutlich, dass für die FDP dieser „Justizskandal“ nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden könne. Er kritisierte die Sprunghaftigkeit der Kommunikation der Landesregierung, die Weitergabe von Personalakten an CDU-Bundestagsabgeordnete und forderte einen personellen Neustart an der Spitze des Justizministeriums. Gerade vor dem Hintergrund der immer stärker polarisierten öffentlichen Debatten müsste der Minister bekunden, sich an Recht und Gesetz zu halten. Es gehe in dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss darum, das Vertrauen in die Prozesse des Rechtsstaats wiederherzustellen. Es gehe laut Höne aber nicht nur um die Aufarbeitung und Aufklärung der Vergangenheit, sondern auch darum für die Zukunft zu lernen.
Das sagen Grüne und CDU im Landtag
Dagmar Hanses (Grüne): „Das Oberverwaltungsgericht NRW hat kürzlich das Vorgehen der Landesregierung in vollem Umfang bestätigt. Das Verfahren zur Besetzung der vakanten Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht war rechtmäßig. SPD und FDP versuchen trotzdem weiter mit allen Mitteln, einen nicht geschehenen Skandal herbeizureden. Das ist eine leicht durchschaubare Verzweiflungstat der Opposition. SPD und FDP nehmen dafür in Kauf, dass das Vertrauen der Menschen in die Politik und den Staat Schaden nimmt.“
Angela Erwin (CDU): „In den vergangenen Monaten haben SPD und FDP die Besetzung des Präsidentenpostens am NRW-Oberverwaltungsgericht immer wieder zu skandalisieren versucht und dabei längst die Sachebene verlassen. Das Oberverwaltungsgericht hat klar geurteilt, dass für die Präsidentenstelle die bestgeeignete Kandidatin ausgewählt worden ist. Aber auch dieses klare Urteil hat die Opposition nicht auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es drängt sich der Verdacht reiner parteipolitischer Instrumentalisierung auf. Das unterminiert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Rechtsstaat. Der Respekt von richterlichen Entscheidungen ist elementar in einer Demokratie. Die Fraktionen von CDU und Grünen sowie die Landesregierung werden selbstverständlich weiter für Transparenz einstehen.“