Berlin | Die Bundesregierung läuft bei der Atom-Nachhaftung in eine Zeitfalle: Das Bundeswirtschaftsministerium räumt in einer dem „Handelsblatt“ vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Grünen ein, für die geplanten Gesetze zu Neuregelungen bei Rückbau und Entsorgung im Nuklearbereich liege ein abgestimmter Zeitplan „derzeit noch nicht vor“. Dass die Regierung noch nicht mal einen Zeitplan habe, verheiße nichts Gutes, sagte Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Das Dringendste ist das Nachhaftungsgesetz“, sagte die Grünen-Abgeordnete.

Es müsse jetzt endlich verabschiedet werden. Jede weitere Verzögerung erhöhe die Risiken für die Steuerzahler. Die Grünen blicken mit Sorge auf den 8. Juni.

An diesem Tag wird die vor anderthalb Jahren angekündigte Aufspaltung des Eon-Konzerns von den Aktionären offiziell besiegelt. Das abgespaltene Unternehmen Uniper würde dann nach einer fünfjährigen Nachhaftungsfrist nicht mehr in Anspruch genommen werden können, sollten die von Eon gebildeten Atomrückstellungen nicht ausreichen oder Eon diese nicht aufbringen können. Schon kurz nach der ersten Ankündigung von Eon-Chef Johannes Teyssen Ende 2014, den Konzern aufspalten zu wollen, begannen die Überlegungen für das Nachhaftungsgesetz.

Federführend ist das Bundeswirtschaftsministerium. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte noch Ende 2015 dafür plädiert, das Nachhaftungsgesetz schnell über die parlamentarischen Hürden zu bringen, um der Eon-Aufspaltung zuvorzukommen. „Wir müssen das Risiko vermeiden, dass der Staat und die Gesellschaft vor vollendete Tatsachen gestellt werden und nach kurzfristigen Umstrukturierungen für die Kosten der Kernenergie haften müssen“, hatte Gabriel Ende 2015 an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer geschrieben.

Autor: dts