Moskau | Nach der Präsidentschaftswahl in Russland hat das russische Staatsfernsehen laut einer ersten Prognose 87 Prozent für Amtsinhaber Wladimir Putin verkündet. Kurz darauf kletterte die Zahl in einer Hochrechnung auf 88 Prozent. Bei der letzten Wahl im Jahr 2018 kam Putin nach offiziellen Angaben auf 76,7 Prozent.
Unter Putins drei Gegenkandidaten, die alle als regimetreu gelten, bekam Nikolai Charitonow von der Kommunistischen Partei mit 4,6 Prozent laut Prognose die meisten Stimmen, gefolgt von Wladislaw Dawankow, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Staatsduma und von der wirtschaftsliberalen Partei „Neue Leute“ aufgestellt (4,2 Prozent) und Leonid Sluzki, dem Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei (3,0 Prozent). Die Wahlbeteiligung soll bei etwa 75 Prozent gelegen haben.
Die Wahl war schon im Vorfeld in vielerlei Hinsicht international kritisiert worden: So wurden Oppositionspolitiker, die sich klar gegen den Krieg in der Ukraine aussprachen, aus verschiedenen formalen Gründen nicht zugelassen. Wahlbeobachter der OSZE sind, anders als in früheren Jahren, nicht vor Ort. Nach Ansicht von Kritikern ermöglicht die Aufteilung auf drei Wahltage die Manipulation von Wahlurnen über Nacht, und da auch online gewählt werden kann, ergeben sich weitere Fälschungsmöglichkeiten. Für Kritik sorgte zudem der Umstand, dass offiziell auch in den besetzten Gebieten in der Ukraine die Wahl durchgeführt wird.
Steinmeier will Putin nicht gratulieren
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will Russlands Präsident Wladimir Putin zu seiner bevorstehenden weiteren Amtszeit nicht gratulieren.
„Es wird kein Schreiben an Putin geben“, teilte Steinmeiers Sprecherin Cerstin Gammelin am Sonntagabend dem „Tagesspiegel“ mit. Bereits vorher hatte Steinmeier ein Statement verbreiten lassen, in dem er erklärte: „Heute denke ich an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben. Wir vergessen diese Mutigen nicht.“
Steinmeier-Sprecherin Gammelin schrieb am Sonntag auf Twitter/X von „sogenannten Präsidentschaftswahlen in Russland“. Das deckt sich mit der Sprachregelung des Auswärtigen Amtes, das am Sonntag, ebenfalls auf Twitter/X, schrieb: „Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden.“
Vor sechs Jahren hatte Steinmeier Putin zu seiner Wiederwahl gratuliert, obwohl es auch damals schon erhebliche Kritik an der Durchführung gab. Nach der Präsidentschaftswahl 2018, also vier Jahre nach der Annexion der Krim und dem Beginn der Destabilisierung in der Ost-Ukraine, schrieb das deutsche Staatsoberhaupt seinem Amtskollegen: „Zur Wiederwahl gratuliere ich Ihnen und den Bürgerinnen und Bürgern der Russischen Föderation und wünsche Ihnen für Ihre neue Amtszeit eine glückliche Hand.“
Von dem Ziel einer „dauerhaften, kooperativen Friedensordnung auf unserem Kontinent“ sei man „heute beunruhigend weit entfernt“, hieß es in Steinmeiers Schreiben laut Pressemitteilung vom 19. März 2018: „Misstrauen, Aufrüstung und ein Klima der Unsicherheit tragen zur Instabilität bei.“ Er hoffe und wünsche sich, schrieb Steinmeier an Putin 2018, „dass es gelingen wird, der Entfremdung auf unserem Kontinent und zwischen den Menschen in Russland und Deutschland entgegenzuwirken, und dass Sie Ihre neue Amtszeit hierfür nutzen. Den Dialog hierzu sollten wir in vertrauensvollem Rahmen fortsetzen.“
Russische Staatsmedien meldeten am Sonntagabend in ersten Prognosen und Hochrechnungen etwa 87 bis 88 Prozent Zustimmung für Putin. International war kritisiert worden, dass die drei Gegenkandidaten im Grunde nur Marionetten des Kreml seien, auch auf Wahlfälschung war schon im Vorfeld die Rede.