Berlin | Die Konzentration im deutschen Onlinehandel nimmt immer mehr zu. Nach einer Studie vom EHI Retail Institute und dem Statistikdienstleister Statista, aus der das „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe) zitiert, erzielten die drei größten Onlinehändler – Amazon, otto.de und Zalando – im vergangenen Jahr gemeinsam fast so viel Umsatz wie die Händler auf den Plätzen vier bis 100 zusammen. Den Gesamtumsatz der 100 größten Onlinehändler beziffert die Studie auf 24,4 Milliarden Euro.

Trotz der Konsolidierung des Marktes sei das Umsatzwachstum insgesamt weiterhin hoch. So hätten die 100 größten Onlinehändler im Vorjahr erst einen Umsatz von 21,6 Milliarden Euro erzielt – das ergebe eine Steigerung binnen Jahresfrist von gut 13 Prozent. Zum Vergleich: Der Umsatz im gesamten Einzelhandel ist im vergangenen Jahr nach Angaben des Handelsverbands HDE nur um 3,1 Prozent gewachsen, schreibt das „Handelsblatt“.

Europaabgeordnete fordern Prüfung des Online-Handels

Angesichts der enormen Marktmacht von einigen Online-Händlern fordern Europaparlamentarier die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zum Einschreiten auf. „Die EU-Wettbewerbskommissarin sollte sich den Online-Handel genau anschauen, im Interesse des Verbraucherschutzes und eines fairen, kundenorientierten Wettbewerbs“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber der „Welt“. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Online-Händler Amazon, Otto und Zalando im vergangenen Jahr ihre Marktmacht in Deutschland ausbauen konnten.

Die drei Unternehmen erzielten nach Daten des Handelsforschungsinstituts EHI annähernd so viel Umsatz wie die Anbieter auf den Rängen vier bis 100 zusammen. Es werden nun mögliche Verzerrungen des Wettbewerbs befürchtet. „Für Online-Marktplätze ist Größe entscheidend, denn nur so sind sie in der Lage, die notwendigen Netzwerkeffekte zu erzielen“, sagte Ferber.

„Das ist aber nicht im Interesse der Verbraucher, denn Monopolstellungen schwächen die Möglichkeiten der Käufer.“ Der Aufruf wird über die Fraktionsgrenzen hinweg unterstützt. „Bereits im Zusammenhang mit Google haben wir die EU-Kommission aufgefordert, eine kritische Überprüfung hinsichtlich einer möglichen marktbeherrschenden Stellung vorzunehmen“, sagte der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer der „Welt“.

Wettbewerbskommissarin Vestager müsse nun auch gegenüber Internetversandhändlern aktiv werden. „Auch im Online-Handel zeichnet sich eine hohe Konzentration auf ganz wenige Anbieter ab“, sagte Theurer. „Die Aufgabe der EU-Kommission als Wettbewerbswächter ist es, darauf in jedem Fall ein waches Auge zu werfen.“

Das rasante Wachstum im Online-Handel und die damit verbundene zunehmende Bedeutung für die Gesamtwirtschaft verdeutlichten den „Handlungsbedarf in diesem Wirtschaftszweig“, sagte Peter Simon, SPD-Europaabgeordneter. Eine dominante Marktposition alleine sei nicht illegitim. „Sollte die Untersuchung der EU-Kommission allerdings unlautere Wettbewerbspraktiken ans Tageslicht bringen, muss sie hier selbstverständlich schnell intervenieren.“ Die Europäische Kommission hatte im vergangenen Jahr eine Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel in der EU gestartet. In einem Zwischenbericht, der vergangene Woche präsentiert wurde, ist von Geschäftspraktiken die Rede, die „möglicherweise Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken“ geben.

Autor: dts