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Köln | Liveblog wird ständig aktualisiert | red, dts | Seit 32 Tagen führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wie ist die militärische Lage zu beurteilen? Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.


Russischer Autokorso fährt von Köln nach Bonn

19:50 Uhr > Mehrere hundert Fahrzeuge sind heute von Köln nach Bonn zu einem sowjetischen Ehrenmal auf dem Neuen Friedhof in Bonn-Lessenich gefahren. Die Versammlung war bei der Kölner Polizei angemeldet und von der Bonner Polizei begleitet worden. Die Teilnehmer der Demonstration fuhren in einem Autokorso von Köln nach Bonn. Die Bonner Polizei spricht von rund 500 Personen, die daran teilnahmen. Sowohl auf dem Autokorso wie auch auf der Demonstration wurden russische Fahnen gezeigt. Auch am russischen Generalkonsulat in Bonn fand eine Demonstration mit rund 60 Teilnehmer*innen statt. Die Bonner Polizei spricht von einem friedlichen Verlauf.


„Volksrepublik“ Luhansk erwägt Referendum über Russland-Beitritt   

19:45 Uhr > Die selbst ernannte „Volksrepublik“ Luhansk im Osten der Ukraine erwägt ein Referendum über einen Anschluss an Russland. „Ich denke, dass in naher Zukunft auf dem Territorium der Republik ein Referendum stattfinden wird“, sagte Separatisten-Anführer Leonid Passetschnik am Sonntag. Dabei könne über die Möglichkeit einer Vereinigung mit der Russischen Föderation abgestimmt werden.

Russland hatte die „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk wenige Tage vor der Invasion in der Ukraine offiziell anerkannt. International werden die beiden Gebiete, die sich seit 2014 unter der Kontrolle der Separatisten befinden, nicht anerkannt.


US-Außenminister: Planen keinen Regimewechsel in Russland   

19:44 Uhr > US-Außenminister Antony Blinken hat nach einer aufsehenerregenden Rede von US-Präsident Joe Biden bekräftigt, dass die USA keinen Machtwechsel in Russland anstreben. Man habe „keine Strategie für einen Regimewechsel in Russland oder sonst wo“, sagte Blinken am Sonntag in Jerusalem. Biden hatte wegen einer spontanen Formulierung während der Rede am Samstag für Aufregung gesorgt.

„Um Gottes willen kann dieser Mann nicht an der Macht bleiben“, hatte er in Warschau bezogen auf Russlands Präsident Wladimir Putin gesagt. Das Weiße Haus bemühte sich danach, festzustellen, dass dies angeblich kein Aufruf zu einem Regimewechsel in Moskau gewesen sei. Blinken wiederholte diese Beschwichtigung am Sonntag.

Biden habe lediglich darauf hingewiesen, dass Putin „ganz einfach nicht ermächtigt werden kann, Krieg zu führen oder sich an Aggressionen gegen die Ukraine oder irgendjemanden zu beteiligen“, so der US-Außenminister. Nur die russische Bevölkerung könne über die eigene Führung entscheiden.


Union drängt auf neues Raketenabwehrsystem in Deutschland  

19:43 Uhr > Der Verteidigungsexperte der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), hat angesichts der „akuten Bedrohungslage“ den schnellen Aufbau eines neuen Raketenabwehrsystems in Deutschland gefordert. Was „dringend notwendig“ sei, sei eine „verbesserte Radartechnik gegen moderne Angriffsraketen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Zudem brauche man auch deutliche Investitionen in Abwehrraketen, die etwa Waffen vom Typ Iskander ausschalten können.

„Deutschland sollte mit den USA zusammenarbeiten, aber auch prüfen, was wir kurzfristig von Israel einkaufen können.“ Das Land sei bei der Raketenabwehrtechnik sehr weit. „Das kann uns jetzt angesichts der akuten Bedrohungslage helfen, bis eigene Systeme verfügbar sind“, so Hahn.

„Wir müssen aufrüsten“, sagte der CSU-Politiker. Schon seit Jahren stehe das sogenannte Meads auf der Agenda, das Medium Extended Air Defense System, welches gemeinsam mit den USA entwickelt werden sollte. Zu lange habe der frühere Koalitionspartner SPD gezögert, die Bundeswehr mit einem „zukunftsfähigen Luftabwehrsystem“ auszustatten.

„Die Folge: Wir hinken weit hinter der russischen Technik hinterher“, sagte Hahn den Funke-Zeitungen. Angesichts des Ukraine-Krieges prüft die Ampel-Koalition laut einem Medienbericht die Errichtung eines Raketenschutzschildes nach dem Vorbild des iraelischen „Arrow 3“-Systems.


Deutschland beginnt mit Behandlung von Kriegsopfern aus Ukraine   

19:30 Uhr > Deutschland hat nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit der Behandlung schwer verletzter Kriegsopfer aus der Ukraine begonnen. „Das sind Leute, die eine sehr intensive Versorgung benötigen und die in intensivmedizinische Einrichtungen verteilt werden müssen“, sagte er dem TV-Sender „Bild“. Keine Angaben wollte Lauterbach darüber machen, ob es sich um Zivilisten oder auch Soldaten handelt.

Nach seinen Worten wurden die Patienten zunächst aus der Ostukraine in die Westukraine geflogen. Von dort gehe es dann weiter nach Polen und dann nach Deutschland. Hier würden die Verletzten und Verwundeten über das Kleeblatt-System, welches sich bereits bei Corona bewährt hatte, auf die Länder verteilt.

Das System sei am Wochenende mit den ersten Flügen getestet worden, auch die Finanzierung stehe. Lauterbach: „Das wird jetzt mehr werden.“ Man helfe, wo man könne: „Deutschland liefert nicht nur Waffen.“



Russische Oppositionelle fliehen nach Deutschland   

9:46 Uhr > Mehrere russische Oppositionelle und Intellektuelle sind seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine nach Deutschland geflohen oder auf dem Weg dorthin. Dass Russland die Ukraine angegriffen hat, sei „absolut unerträglich“, sagte die Germanistin und Mitgründerin der Menschenrechtsorganisation „Memorial“, Irina Scherbakowa, der „Welt am Sonntag“. Sie könne auch nicht mitansehen, wie in Russland „die letzten Freiheiten mit Füßen getreten werden“.

Statt zu schweigen, wolle sie lieber im Ausland für die Menschenrechte weiterkämpfen. Scherbakowa befindet sich laut eigenen Angaben im Moment in Israel. Von dort will sie nach Deutschland weiterreisen.

Der Schriftsteller und Arzt Maxim Ossipow sagte, dass ihm seit Kriegsbeginn die Luft zum Atmen fehle. Er spüre Hass auf das Regime, Scham, als Russe für den Krieg mitverantwortlich gemacht zu werden, und Angst. „Wenn der Krieg erfolglos bleibt, wird sich Putin gegen Zivilisten richten, gegen diejenigen, die er als innere Feinde ansieht“, so Ossipow.

„Wenn es so weitergeht, gibt es politischen Terror.“ Ossipow ist Mitte März in Frankfurt angekommen. Sergej Lukaschewski, der seit mehr als zehn Jahren das Moskauer Sacharow-Zentrum leitet, befindet sich seit Kurzem mit seiner Familie in Berlin.

„Öffentliches Sprechen über den Krieg bedeutet direkt Freifahrtschein in den Knast“, sagte Lukaschewski. Sie seien ausgereist, nachdem er ein eigentlich geplantes „Anti-Kriegs-Forum“ aufgrund neuer russischer Gesetze absagen musste. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), sprach sich dafür aus, die Einreise für Menschenrechtler aus Russland zu erleichtern.

„Innerhalb Russlands wird die Repression gegen Andersdenkende, insbesondere als Reaktion auf den Krieg, immer schärfer“, sagte sie der Sonntagszeitung. „Gegenüber diesen mutigen Menschen stehen wir in der Pflicht zu helfen, denn auch sie verteidigen Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Europa.“ Sie wünsche sich, „dass wir ein gesondertes Profilraster für humanitäre Visa entwickeln, analog zu dem, was es bereits für belarussische Menschenrechtsverteidiger gibt“.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr beschlossen, politisch Verfolgten aus Weißrussland in Einzelfällen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen.


Großbritannien: Reorganisation der russischen Truppen stockt   

9:07 Uhr > Die Reorganisation der russischen Truppen in der Ukraine stockt offenbar. Das Schlachtfeld in der Nordukraine bleibe weitgehend statisch, da lokale ukrainische Gegenangriffe die russischen Versuche behinderten, ihre Streitkräfte neu zu organisieren, schreibt das britische Verteidigungsministerium in einem neuen Lagebericht.

Die russischen Streitkräfte scheinen ihre Bemühungen den britischen Geheimdienstinformationen zufolge darauf zu konzentrieren, die ukrainischen Streitkräfte einzukreisen, die den separatistischen Regionen im Osten des Landes direkt gegenüberstehen.

Sie rücken demnach aus Richtung Charkiw im Norden und Mariupol im Süden vor.


Grünen-Chef beharrt auf Flüchtlings-Krisenstab im Kanzleramt   

9:06 Uhr > Grünen-Chef Omid Nouripour beharrt auf den Aufbau einer zentralen Koordinierungsstelle im Kanzleramt für den besseren Umgang mit den aus der Ukraine Geflüchteten. „Es braucht dringend einen Krisenstab im Bundeskanzleramt zur Koordinierung zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Freiwilligen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben). „Die Kommunen und viele Freiwillige leisten gerade großartige Arbeit, wir dürfen sie damit nicht alleine lassen.“

Zuvor hatte sich bereits Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) für einen Krisenstab im Kanzleramt ausgesprochen. Nouripour schlägt vor: „Die Registrierung von Geflüchteten muss an Knotenpunkten erfolgen, um eine geordnete Verteilung sicherzustellen“, sagte er dem RND. „Auch die Frage, wie die Unterbringung und Integration der Menschen finanziert werden soll, muss zügig geklärt werden.“


US-Militärexperten: Einnahme von Kiew habe Priorität

8:40 Uhr > Der russische Generalstab erklärte Ende der Woche, dass das Ziel des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vor allem der Donbass sei. Die US-Militärexperten des Institute For The Study Of War (ISW) sehen dies bei ihrem Blick auf die militärische Lage und Kräfteverteilung der russischen Streitkräfte in und außerhalb der Ukraine anders. Diese würden, so die ISW-Experten, derzeit versuchen Stellungen rund um Kiew einzunehmen von denen sie die ukrainische Hauptstadt angreifen oder einkreisen können. Allerdings seien diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt und ungeachtet der Behauptungen des Ersten Stellvertretenden Chefs des russischen Generalstabs Sergej Rudskoi vom 25. März. Eher das Gegenteil könnte der Fall sein, denn Russland konzentriere seine Ersatz- und Verstärkungskräfte in Weissrussland und Russland nördlich von Kiew und kämpft um Stellungen am Stadtrand von Kiew.

Zudem werde versucht den Ring um Tschernihiw enger zu ziehen und dieses einzukreisen. Die ISW-Experten: „Die russischen Aktivitäten rund um Kiew zeigen, dass das russische Oberkommando dem Kampf um die ukrainische Hauptstadt, die nach wie vor die größte Einzelkonzentration russischer Bodentruppen in der Ukraine darstellt, unverändert Priorität einräumt.“ Zudem habe der russischen Generalstab nicht behauptet Kräfte rund um Kiew oder anderen Teilen der Ukraine abzuziehen um verstärkt um den Donbass zu kämpfen. Die statische Lage rund um Kiew werten die Militärfachleute als Unfähigkeit der russischen Streitkräfte.

Bei den Kämpfen um Mariupol könnte es den russischen Truppen gelingen die Stadt in zwei Teile aufzuspalten. Damit werden sie in naher Zukunft die Stadt kontrollieren. Die Kämpfe um Mariupol seien heftig und es ist davon auszugehen, dass die russischen Streitkräfte erhebliche Verluste erleiden. Offen ist, wie schwer die Verluste der russischen Einheiten, die um Mariupol kämpfen, derzeit sind. Die ISW-Experten gehen davon aus, dass diese vor allem in der 810. Marine-Infanterie-Brigade und 150. motorisierten Schützendivision hoch sein könnten, da beide Einheiten ihre Kommandeure verloren haben. Für weitere Offensivoperationen im Osten der Ukraine wird es daher entscheidend sein, wie stark die russischen Verbände in Mariupol getroffen sind. Dabei ist es derzeit zu früh Aussagen zu treffen, wie stark die Kampfkraft der russischen Verbände in Mariupol geschwächt ist und ob es nach der Einnahme der Stadt wieder zu größer angelegten Kampfhandlungen in der Ostukraine kommen wird.

Die ukrainischen Streitkräfte sind nach wie vor auf dem gesamten Gebiet aktiv und wehren sich mit begrenzten Gegenangriffen. Vor allem rund um Charkiw scheint diese Gegenwehr besonders intensiv zu sein. Die US-Militärexperten sprechen von einem umsichtigen Vorgehen der ukrainischen Streitkräfte, denen es gelungen sein soll, dass sie kleine Gebiete mit taktisch oder operativ bedeutsamen Terrain zurückerobern konnten, ohne sich dabei zu sehr zu verausgaben.

Die ISW-Experten bewerten die Muster und Indikatoren im ukrainischen Kampfgebiet so, dass sie die Aussagen des ukrainischen Generalstabes stützen könnten, dass Russland Schwierigkeiten habe Truppen und Ausrüstung für die Fortsetzung des Krieges zu finden.

Im eroberten Cherson müssen die russischen Eroberer wohl ihre Kräfte von Militär und Nationalgarde konzentrieren, da sich in der Stadt Widerstand gegen die russische Kontrolle breit mache. Die ISW-Fachleute: „Die Notwendigkeit, eroberte Städte zu sichern, kann für die überforderten russischen Streitkräfte mit erheblichen Kosten verbunden sein und ihre Fähigkeit zur Durchführung offensiver Operationen beeinträchtigen.“



CSU: Keine Bundeswehr-Amtshilfe mehr bei Versorgung der Flüchtlinge   

Die Bundeswehr soll sich nach Willen des CSU-Verteidigungspolitikers Florian Hahn ausschließlich um ihre Einsatzfähigkeit kümmern und keine Amtshilfe mehr bei der Coronakrise und der Versorgung der Flüchtlinge leisten. „Kaum ist die Bundeswehr aus der Coronahilfe raus, soll sie schon wieder in die Flüchtlingswelle rein“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Und weiter: „Wer soll sich über mangelnde Verteidigungsbereitschaft wundern, wenn unsere Soldaten nicht mehr ihr Kerngeschäft können.“

Auch das Verteidigungsministerium will sich angesichts des Ukraine-Kriegs auf seine Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren. Ein Sprecher sagte der „Bild am Sonntag“ dazu: „Die Rückkehr zum Grundbetrieb mit seinen Ausbildungs- und Übungsvorhaben ist angesichts der aktuellen Anforderungen an die Bundeswehr für die vollumfängliche Gewährleistung der Landes- und Bündnisverteidigung von großer Bedeutung.“ Rund 170 Soldaten leisten immer noch Amtshilfe bei der Pandemie-Bekämpfung, bei der Flüchtlingsversorgung hilft die Bundeswehr mit rund 80 Soldaten.