Dieses Foto veröffentlichte die Informationsagentur Armyinform des ukrainischen Verteidigungsministeriums, dass einen Angriff auf das Azovstal-Werk in Mariupol zeigen soll. Das Foto ist undatiert. | Foto: Armyinform/CCA

Köln | Liveblog Ukraine-Krieg wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Ukraine meldet Angriffe auf den Industriekomplex Azovstal in Mariupol. Wohin gehen die „Ukraine-Hilfen“ in Deutschland? Der DIHK sieht ein Gas-Embargo kritisch. Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.

Klingbeil: Schröders politische Meinung hat nichts mit SPD zu tun   

23:14 Uhr > Der SPD-Chef Lars Klingbeil hat sich erneut vom Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) distanziert. „Was Gerhard Schröder als politische Meinung vertritt, hat nichts mit der Position der SPD zu tun“, sagte Klingbeil in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Wir stehen klar gegen Putin und diesen Krieg und ehrlicher Weise gibt es in dieser Phase dieser Geschichte jetzt gerade nur eine Seite, an die man sich stellen kann, das ist die Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer und es ist tragisch, dass Gerhard Schröder sich an die andere Seite gestellt hat“, sagte Klingbeil weiter.

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder steht wegen seiner freundschaftlichen Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf in der Kritik.



Ampel-interne Kritik an Scholz wird lauter   

23:11 Uhr > Die Kritik am Umgang von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Ukraine-Krise wird auch aus den Reihen der Ampelkoalition immer lauter. „Nach wie vor muss man das Kanzleramt treiben“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Sie bedauere das, weil keine Zeit mehr bestehe.

Das Handeln von Scholz sei durch „Mutlosigkeit“ bestimmt. „Ich glaube, dass man im Kanzleramt dachte, das wird schon nicht so schlimm.“ Vom Kanzler müsse aber Führung kommen: „Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch.“

Ohne Scholz direkt zu nennen fügte die FDP-Politikerin hinzu: „Und für die, die diese Rolle nicht annehmen wollen, sage ich, dann sitzen sie möglicherweise im falschen Moment am falschen Platz.“ Vor Strack-Zimmermann hatte bereits der Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), massive Kritik an Scholz geübt. Er hatte ihm unter anderem einen zu zögerlichen Stil vorgeworfen.


Großbritannien: Ukraine wehrt zahlreiche russische Angriffe ab   

12:07 Uhr > Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat die Ukraine in der vergangenen Woche zahlreiche russische Angriffe entlang der Kontaktlinie im Donbass abgewehrt. Obwohl Russland einige territoriale Gewinne erzielt habe, sei der ukrainische Widerstand auf allen Achsen stark gewesen, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Den russischen Streitkräften seien „erhebliche Schäden“ zugefügt worden.

Den britischen Geheimdienstinformationen zufolge soll die Moral der russischen Truppen weiter schlecht sein. Zudem behinderten die begrenzte Zeit, um Streitkräfte aus früheren Offensiven zusammenzurufen, neu auszurüsten und zu reorganisieren, wahrscheinlich die russische Kampfeffektivität, hieß es.


Die militärische Lage

12:05 Uhr > Russlands Streitkräfte operieren weiterhin auf mehreren Achsen. Die Militärexperten des Institute For The Study Of War (ISW) stellen fest, dass die Verlegung der Truppen aus der Nordostukraine aus dem Raum Kiew nun abgeschlossen sei und aus Mariupol Truppenverbände in Richtung Norden unterwegs seien. Diese Verbände seien nicht neu ausgerüstet oder zu einem Verband mit überwältigender Kampfkraft konzentriert worden. Stattdessen so die ISW-Experten setze die russische Militärführung weiter auf das bereits bekannte Muster in diesem Krieg: kleine Truppenteile werden auf weit verstreuten Angriffen entlang mehrerer Achsen eingesetzt. Operative Pausen werden nicht eingelegt. Die russischen Streitkräfte haben jedoch bisher nur eine Handvoll taktischer Bataillonsgruppen (BTGs) für offensive Operationen in ihren verschiedenen Sektoren eingesetzt und könnten immer noch eine massive Offensivoperation starten. Allerdings zeigen sich die Militärexperten nicht sicher, dass aufgrund der Ausstattung und Führung der russischen Verbände eine solche koordinierte Operation überhaupt möglich ist.

Unklar bleibt zudem die Lage rund um die russischen Offensiven rund um den Vorposten Izyum-Donezk. Wollen die russischen Streitkräfte hier versuchen ukrainische Truppen einzukesseln oder in der Nähe von Rubischne und Popasna versuchen könnten, das Gebiet zwischen Sewerodonezk und Lyssytschansk einzukesseln, anstatt eine tiefere Umfassung anzustreben. Hier bleibt es abzuwarten, was die russischen Streitkräfte in den kommenden Tagen durchführen werden. Russland führte weiterhin kleinere Bodenoffensiven an mehreren Punkten entlang der Front von Izyum bis zur Oblast Saporischschja durch.

Der Druck der russischen Einheiten auf den Kessel des Industriekomplexes Azovstal halte an.


Ukraine erneuert Forderung nach Lieferung von Panzern

11:35 Uhr > Die Ukraine verneint, dass Russland die Kontrolle über Mariupol hält, sondern behauptet, dass Mariupol unter der Kontrolle von ukrainischen Soldaten sei. Der Büroleiter des ukrainischen Präsidenten, Andriy Yermak, teilte schriftlich mit: „Information betrifft, dass die Russen die Kontrolle über die Stadt erlangt haben … Nein, das ist nicht wahr.“ Er spricht von erbitterten Kämpfen in der Stadt und betont: „Der Kampf um Mariupol endet nicht. Dies ist eine ukrainische Stadt. Und das wird immer so sein“.

Yermak erneuerte die Forderung nach der Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine. Die Liste läge dem Westen vor und enthalte die Forderung nach Panzern, Waffen gegen Angriffe von See, Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesysteme auf Kettenfahrgestellen, sogenannte Multiple Launch Rocket Systeme (MLRS). Mit diesen Waffen könne die Ukraine gewinnen, wenn auch eine starke Sanktionspolitik gegen Russland eingehalten werde. Hier fordert die Ukraine die Berücksichtigung des Aktionsplans zur Verschärfung der Sanktionen gegen die Russische Föderation der von Experten, wie dem ehemaligen US-Top-Diplomaten McFaul und Andriy Ermak selbst.


IKRK zur Lage der Menschen in Mariupol

11:23 Uhr > Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) meldete sich in seinem Blog zur Ukraine zur Situation in Mariupol zu Wort. Die Lage in Mariupol sei zutiefst besorgniserregend und es ein sofortiger und ungehinderter humanitärer Zugang dringend erforderlich. Tausende von Zivilisten und hunderte Verletzte müssten die Stadt freiwillig und sicher verlassen können, so die Forderung des IKRK. Dies, so die Helfer, gelte auch für Menschen, die sich im Industriekomplex des Azovstal-Werks aufhielten. Seit Ende Februar erinnere das IKRK an die Notwendigkeit die Grundsätze der Menschlichkeit und des humanitären Völkerrechts zu respektieren. Das IKRK stehe als neutraler und unparteiischer Vermittler den Konfliktparteien zur Verfügung.


Die ukrainische Regierung meldet Angriffe auf Azovstal-Werk

9:25 Uhr > Die Ukraine veröffentlichte ein Foto, dass zeigen soll, dass der Industriekomplex Azovstal in Mariupol in dem sich ukrainische Verteidiger und Zivilisten befinden, weiter von den russischen Streitkräften angegriffen wird. Zudem meldet der Generalstab der Streitkräfte der Ukraine die Blockade des Industriekomplexes und Luftangriffe mit Langstreckenbombern.

Die orthodoxen Christen begehen heute das Osterfest und der ökumenische Patriarch Baertholomäus forderte ein sofortiges Ende des Krieges, den er als Verstoß gegen Gottes Gebot der Nächstenliebe bei einem Gottesdienst in Istanbul bezeichnete.

„Heute Abend sind unsere Gedanken beim Martyrium in der Ukraine und in allen Ecken der Erde, wo Gewalt und Menschenwürde weit verbreitet sind. , Zivilisten, Verwundete, Alte, Frauen und eine große Anzahl von Kindern. Gleiches gilt für alle anderen Regionen der Ukraine, wo sich eine unsägliche menschliche Tragödie abspielt“, sagte Bartholomäus.

Im Rahmen des Osterfestes schreibt die ukrainische Regierung in einer Osterbotschaft: „Die Ukraine wird das Böse besiegen“. Weiter heißt es in dem Text: „Es war unser Schicksal, in einer Zeit zu leben, in der wilde Horden russischer Besatzer zu uns kamen, um die Bevölkerung der wohlhabenden Ukraine zu vernichten. Wir, die Soldaten der Streitkräfte der Ukraine, waren die ersten, die den Vormarsch der Regimenter der Kreml-Invasoren in das Land aufgehalten haben, und heute wehren wir rücksichtslos die groß angelegten Offensiven Russlands ab. Wir kämpfen für Frieden, Güte und Gerechtigkeit. Wir werden bestehen, wir werden gewinnen! Und wir werden definitiv die vorübergehend besetzten Gebiete und unser Volk befreien! Gott hat Tod und Hölle besiegt – und die Ukraine wird das Böse besiegen, das sich gegen uns aufgelehnt hat.“


Studie: „Ukraine-Hilfe“ geht vor allem an Deutschland

Die sogenannten „Ukraine-Hilfen“ gehen laut einer Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) vor allem in westliche Länder statt in die Ukraine. „Die westlichen Länder haben mehr getan, um die Kriegsfolgen im eigenen Land abzufedern, als die Ukraine zu unterstützen“, sagte IfW-Direktor Christoph Trebesch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Sonntagausgaben).

„In Ländern wie Frankreich, Deutschland oder Österreich ist viel, viel mehr Geld in nationale Programme etwa für Spritpreissenkung und neue Energiesubventionen geflossen“, sagte der Wirtschaftsexperte.

„Die Ukraine bekommt vom Westen nur Kleinstbeträge.“ Und weiter: „Deutschland hat der Ukraine bisher etwa vier Milliarden Euro für humanitäre, finanzielle und militärische Hilfe zugesagt, inklusive der anteiligen Hilfen, die über die EU fließen.“ Gleichzeitig seien 17 Milliarden Euro für billigeres Tanken, fünf Milliarden Euro Zuschüsse für Firmen in Not und 100 Milliarden Euro für Firmenkredite bereitgestellt worden, so Trebesch.

„Aufgrund der Solidaritätsbekundungen der Politik könnten viele Menschen meinen, der Westen leiste eine enorme Hilfe. Aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache.“


Hunderte Bewerbungen von geflüchteten ukrainischen Lehrern

In den Bundesländern sind bereits hunderte Bewerbungen ukrainischer Lehrkräfte eingegangen. Zahlreiche Flüchtline haben schon ihren Dienst an deutschen Schulen angetreten, so eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ bei den Kultusministerien der Bundesländer. Demnach hat Bayern 200 sogenannte „Willkommenskräfte“ mit ukrainischen Sprachkenntnissen eingestellt, Sachsen 122. In Berlin wurden bereits 30 ukrainische Lehrkräfte verpflichtet, in Hamburg 23, in Schleswig-Holstein 23, in Niedersachsen 15, in Sachsen-Anhalt acht – 14 weitere sollen bald folgen.

Auch die Zahl der Bewerbungen ist hoch. In Hessen haben sich 400 Lehrkräfte aus der Ukraine beworben, in Berlin 300, in Rheinland-Pfalz 200, in Baden-Württemberg 280 und in Brandenburg 170. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die schleswig-holsteinische Kultusministerin Karien Prien (CDU), begrüßte die Entwicklung. „Unsere Erfahrung ist, dass diese ukrainischen Lehrkräfte den Schülern eine unglaubliche Hilfe sind, weil sie vor allem Halt und Sicherheit geben“, sagte Prien der „Welt am Sonntag“.

Laut KMK werden bereits 61.000 ukrainische Schüler hierzulande unterrichtet. Prien rechnet mittelfristig sogar mit bis zu 400.000, sollte die Maximalschätzung der Bundesregierung von bis zu einer Million Flüchtlinge zutreffen. Um sie in kleinen Gruppen zu unterrichten, seien bis zu 24.000 Lehrer nötig.

„Die Zahlen werden sich erst nach und nach sortieren. Nicht jeder schickt seine Kinder sofort in die Schule. Anderen ist es ganz wichtig, dass ihre Kinder sofort Halt und Stabilität in der Schule finden“, sagt Prien.

Auch in der Pflege sind ukrainische Flüchtlinge willkommen. „Aus der Ukraine sind vor allem Frauen geflohen, viele von ihnen haben pflegerische oder medizinische Qualifikationen“, sagte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der „Welt am Sonntag“. „Wir müssen alles daran setzen, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Anfang April angekündigt, für die schnellere Anerkennung ukrainischer Berufsabschlüsse zu sorgen. Kommende Woche sollen nach Angaben seines Ministeriums konkrete Ergebnisse vorliegen. Die Landwirtschaftsbranche macht sich hingegen trotz des kriegsbedingten Rückgangs von Erntehelfern aus Osteuropa keine großen Hoffnungen auf nennenswerte Hilfe durch Geflüchtete.

„Da überwiegend Frauen und Kinder aus der Ukraine nach Deutschland gekommen und viele von diesen sehr gut ausgebildet sind, gehen wir davon aus, dass nur wenige in der Landwirtschaft arbeiten werden“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken.


DIHK warnt vor Gasembargo

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich gegen ein Gasembargo gegenüber Russland ausgesprochen. In der jetzigen Situation wäre ein Erdgasembargo eine „ziemliche Katastrophe“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben im Deutschlandfunk. „Das würde alles überbieten, was wir erlebt haben.“

Vergleiche mit Auswirkungen von Corona gingen bei dem, was man heute wisse, völlig fehl. Es werde viel schwieriger werden. „Deswegen ist es wichtig, dass jetzt alles getan wird, damit wir davon unabhängiger werden“, so Wansleben.

Das ganze Gas-Pipeline-System, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, sei vor dem Hintergrund von Unabhängigkeit „eigentlich dysfunktional“, fügte der Hauptgeschäftsführer hinzu. Es gebe nicht nur die Frage der Beschaffung sondern auch der Verteilung.