Der neue Klostergarten im Brauweiler Abteipark. Foto: Eppinger

Köln/Pulheim Direkt vor den Toren Kölns erhebt sich mitten im Pulheimer Stadtteil Brauweiler die mächtige Abtei mit ihrer großen Klosteranlage und der Pfarrkirche St. Nikolaus. Vor genau 1000 Jahren, im Jahr 1024, gründeten der lothringische Pfalzgraf Ezzo und seine Frau Mathilde, eine Tochter Kaiser Ottos II. und der Kaiserin Theophanu, neben ihrem Hofgut in Brauweiler das Kloster, wo anfänglich sieben Benediktinermönche lebten und wirkten. Seit 1988 dient die Abtei dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Dienstleistungs- und Kulturzentrum.

Der frühere NRW-Ministerpräsident Prof. Jürgen Rüttgers in der Sonderausstellung im Winterrefektorium der Abtei. Foto: Eppinger

Im vergangenen Jahrtausend hat die Abtei eine wechselvolle Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen erlebt. In diesem Jahr wird in Brauweiler das 1000-jährige Bestehen groß gefeiert. Besondere Erinnerungen daran hat der frühere NRW-Ministerpräsident Prof. Jürgen Rüttgers, der in Brauweiler seine Heimat hat und der sich als Vorsitzender des Freundeskreises für diese seit vielen Jahren einsetzt.

“Für mich als Jungen aus Brauweiler gehörte die Abtei schon immer zur Nachbarschaft und hat mich schon früh fasziniert. Dabei steht nicht die Abtei als kunsthistorisches Baudenkmal im Mittelpunkt, sondern als Begegnungsort von Menschen und Spiegelbild der Zeitgeschichte. Mit den Festivals Classic Nights und Musica Sacra Nova, aber auch mit den Ausstellungen, Lesungen und philosophischen Veranstaltungen, die der Freundeskreis alljährlich und besonders jetzt im Jubiläumsjahr veranstaltet, ist Brauweiler inzwischen ein Zentrum rheinischer Kultur mitten in Europa, auf das ich stolz bin.”

Anders als heute war die Abtei während der Kindheit und Jugend von Rüttgers nicht frei zugänglich. Zunächst wurden nach Kriegsende in dem früheren Gestapo-Gefängnis ehemalige ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht, ab 1969 richtete der Landschaftsverband Rheinland dort bis 1978 eine psychiatrische Landesklinik ein. “Durch meinen Vater, der sich nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft als Elektromeister in Brauweiler selbstständig gemacht hatte, konnte ich doch ab und zu einen Blick hinter die Gitter des abgesperrten Geländes werfen. Er wurde immer wieder für Reparaturen in die Abtei gerufen und ich habe ihn dabei begleitet”, berichtet Rüttgers, der als Kind gerne den Kirchenturm bestiegen hat, um von dort die Gegend um Brauweiler zu bestaunen.

Der Kreuzgang des ehemaligen Klosters erstrahlt im Jubiläumsjahr in neuem Glanz. Foto: Eppinger

Auch während seiner Amtszeit als Bundesbildungsminister im Bonner Kabinett von Helmut Kohl und seiner Arbeit als Ministerpräsident in Düsseldorf blieb er seiner Heimatstadt als Wohnort immer treu. Besonders fasziniert ist er von der Abteikirche St. Nikolaus und ihren kunsthistorischen Schätzen. “Schon wenn man die Vorhalle betritt, die vor dem Wiederaufbau der kompletten Kirche, als Ort für die Gottesdienste diente, ist man beeindruckt. Dazu kommen viele weitere großartige Schätze wie die über 840 Jahre alte Holzfigur des heiligen Nikolaus, die zu den ältesten Ausstattungsstücken der Abteikirche gehört. Die kostbare ‘Brauweiler Madonna” aus den 1490er Jahren galt viele Jahre als verloren und kam erst in den 1990er Jahren nach einer langen Odyssee zurück nach Brauweiler, nachdem sie 20 Jahre zuvor auf dem Speicher eines Pfarrhauses in Sinnersdorf wiederentdeckt wurde.”

Wer dem früheren Ministerpräsidenten bei einem Besuch in der Abtei “persönlich” begegnen möchte, hat bis zum 4. August in der Ausstellung “Wissen und bewahren – Schätze der Klosterbibliothek Brauweiler” im Winterrefektorium die Chance dazu. Dort begrüßt Rüttgers die Gäste als lebensgroße Pappfigur im Mönchsgewand.

Der Maulbeerbaum im Abteipark ist der Legende nach 1000 Jahre alt. Foto: Eppinger

Zu den Highlights des Jubiläumsjahres zählt die Eröffnung des neuen Klostergartens direkt hinter dem Kirchenchor am Pfingstsonntag, 19. Mai, dem Internationalen Museumstag. “Eine Befragung der Abteibesucher hat ergeben, dass viele so einen Garten hier erwarten. Er erhöht die Attraktivität des Abteiparks und damit auch die Verweildauer unserer Gäste deutlich. Er ist ein Kräuter- und Gemüsegarten mit sorgfältig angeordneten Pflanzen, der an alte Vorbilder und an eine Tradition anknüpft, die auch in Brauweiler bis zu Auflösung des Klosters gepflegt wurde. Mit ihm wollen wir historisches Wissen zum Beispiel in Workshops vermitteln und die Biodiversität des Parks stärken. Auch der Maulbeerbaum, der der Legende nach schon mehr als 1000 Jahre alt ist, wird im Garten neu in Szene gesetzt”, erklärt Dr. Gabriel Gach, der in der Abtei für die Bereiche Marketing und Tourismus verantwortlich ist.

Neu eröffnet wird im Jubiläumsjahr auch die sanierte Gedenkstätte Brauweiler, die an die Geschehnisse der Jahre 1933 bis 1945 in der ehemaligen Arbeitsanstalt erinnert. Dazu zählt auch das Gestapo-Gefängnis, wo der frühere Kölner OB und deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer zu den bekanntesten Insassen gehörte. Die Gedenkstätte ist ab dem 7. Juni wieder zugänglich. Neugestaltet wurde auch die Dauerausstellung der Abtei, die ebenfalls die NS-Zeit mit einbezieht und die am 28. Juni eröffnet wird.

“Die Abtei Brauweiler liegt prominent direkt vor den Toren Kölns, hat aber trotzdem in der Vergangenheit weniger Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bekommen, als sie das bei ihrer 1000-jährigen, sehr bewegten Geschichte eigentlich verdient hätte. Mit dem Jubiläumsjahr und seinem sehr reichhaltigen und abwechslungsreichen Programm hoffen wir nun als Freundeskreis, dass sich das jetzt verändern wird”, sagt Rüttgers.

Weitere Informationen zur Abtei Brauweiler und zum gesamten Jubiläumsprogramm gibt es online unter:​

www.abteibrauweiler.lvr.de​