Hamburg | Vor einem G20-Prozess in Hamburg konnten Polizisten gegenseitig ihre Zeugenaussagen und Vernehmungsprotokolle lesen, um sich auf den Gerichtstermin vorzubereiten. Die Protokolle wurden auf der Dienststelle der hessischen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit gesammelt, berichtet die „taz“ (Mittwochsausgabe) unter Berufung auf Aktivisten des „Außerparlamentarischen Untersuchungsausschusses G20“. Ein Hamburger Gerichtssprecher bestätigte den Sachverhalt.

Den Aktivisten zufolge sagte ein Polizist vor Gericht aus, dass in dem Ordner in der Dienststelle Vernehmungsprotokolle und die Protokolle der Gerichtsaussagen gesammelt wurden. Der Beamte habe zudem einen weiteren, eigenen Ordner angefertigt. Darin heftete er unter anderem die Kopie seines eigenen Vernehmungsprotokolls ab und reichte den Ordner unter Kollegen herum.

Ein weiterer Kollege habe die Kopie seines Vernehmungsprotokolls hinzugefügt. Der Gerichtssprecher bestätigte, dass es die Aussagen des Polizisten gegeben habe. Weder die hessische Polizei noch das Innenministerium wollten sich zu dem Fall äußern.

Sie beriefen sich auf das laufende Verfahren. In dem Prozess wird dem Angeklagten vorgeworfen, bei den G20-Protesten zwei Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben. Der Anwalt des Angeklagten sagte der „taz“: „Die gesamten Bemühungen des Gerichts, den wahren Sachverhalt zu ermitteln, werden durch die Polizei torpediert“.

Ein Anwalt des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins kritisierte die privilegierte Stellung von Polizeizeugen. „Wenn Polizisten dann auch noch gegenseitig ihre Aussagen lesen, um sich vorzubereiten, kann man von einem Aussagekomplott sprechen“, so Wisbar.

Autor: dts
Foto: Polizeiboote auf der Alster in Hamburg während des G20-Gipfels