Köln | Am heutigen Samstag soll es in Köln eine Demonstration geben mit dem Titel “Gegen den Angriff der Türkei, Solidarität mit Rojava”. Ab 11 Uhr sollen zwei Demonstrationszüge vom Chlodwigplatz und Ebertplatz aus startend in Richtung Hohenzollernring laufen und sich dort vereinen. Die Kölner Polizei malt seit Tagen ein düsteres Szenario von drohender Gewalt und hält sich das Recht vor, die Demonstrationen noch kurzfristig heute abzusagen. Der Anmelder widerspricht der Polizei und teilte mit, dass die Polizei keine Belege für diese in der Öffentlichkeit vorgetragenen Gewaltszenarien in den Kooperationsgesprächen vorlegen konnte. Auch neun der elf Kölner Bundestagsabgeordneten beteiligen sich an der Demonstration.

So sollen die Demonstrationen heute stattfinden

Kundgebung Chlodwigplatz mit Aufzug über: Severinstraße, Blaubach, Rothgerberbach, Neue Weyerstraße, Barbarossaplatz, Hohenstaufenring, Habsburger Ring, Hohenzollernring

Kundgebung Ebertplatz mit Aufzug über: Ebertplatz, Hansaring, Kaiser-Wilhelm-Ring, Bismarckstr., Moltkestraße, Aachener Str., Hohenzollernring

Die Polizei stellte zuletzt fest, dass, sollten mehr als 15.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Demonstrationen kommen, ein Ersatzort für die Abschlusskundgebung in der Inneren Kanalstraße gefunden werde.

Aufrufer ist die Interventionistische Linke

Zu der Demonstration in Köln ruft die Interventionistische Linke auf, zu der auch „Köln gegen Rechts“ zählt. Neben Köln ruft das Bündnis auch in Hamburg, Frankfurt, Berlin, Magdeburg, Nürnberg, Stuttgart, Saarbrücken, Freiburg, Hannover, Leipzig und Dresden unter dem gleichnamigen Motto “Gegen den Angriff der Türkei, Solidarität mit Rojava” zu Kundgebungen, Beteiligungen und Demonstrationen auf. Auch in Berlin alleine an zwei Orten.

Die Interventionistische Linke spricht davon, dass der Angriff der Türkei mit militärischen Mitteln in Nordsyrien ein Angriff auf uns alle sei. Sie fordert: „Stopp des Angriffskriegs der Türkei in Nordsyrien“, einen „Stopp der deutschen Waffenlieferungen an die Türkei“, einen „Stopp der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei“ und „Eine friedliche Lösung des Krieges in Syrien mit Beteiligung der kurdischen Akteure und Autonomie Nord-Syriens“. Die internationalistische Linke sieht die Entwicklung in Nord-Syrien nach der Zerschlagung des Islamischen Staats, der in der Zusammenarbeit zwischen den Kurden und den westlichen Ländern gelang als positiv an: „Die Demokratische Föderation Nordostsyriens (Rojava) steht beispielhaft für die Vision eines friedlichen und demokratischen Mittleren Ostens.“ So lebten hier Millionen von Kurden, Arabern und Christen friedlich miteinander, vom Krieg zerstörte Dörfer seien wieder aufgebaut worden und Gleichberechtigung von Frau und Mann, im Mittleren Osten sonst nicht üblich, werde gelebt.

Im Aufruf heißt es: „Wir bekunden unsere Solidarität mit Rojava und fordern das sofortige Ende des Krieges durch die Türkei sowie den Rückzug der türkischen Armee. Es geht um die Erhaltung von Gleichberechtigung, friedlichem Zusammenleben und Weiterentwicklung von Ökologie und Demokratie in der Region. Das geht uns alle an. Verteidigen wir die Werte Rojavas, lassen wir die dortigen Menschen nicht allein, es geht auch um unsere Zukunft.“

In Köln meldete die Demonstration die „Interventionistische Linke Köln“ und das „Antifaschistische Aktionsbündnis Köln gegen Rechts“ an. Sie werden unterstützt von kurdischen Vereinen, der Kölner Fridays-for Future-Gruppe, Wissenschaftlern und Politikern aus den Reihen der Linken und Grünen. Auch die Kölner Bundestagsabgeordneten solidarisieren sich mit der Demonstration.

Auch neun der elf Kölner Bundestagsabgeordneten beteiligen sich an der Banneraktion, drei von Ihnen an der Demonstration. Sie wollen ihre Ablehnung zum Krieg in Nord-Syrien zeigen. Drei versammelten sich am Chlodwigplatz hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Kölner Bundestagsabgeordnete gegen den Krieg!“. Unternzeichner sind Matthias W. Birkwald (DIE LINKE), Katharina Dröge (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN), Prof. Dr. Heribert Hirte (CDU), Reinhard Houben (FDP), Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), Sven Lehmann (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN), Gisela Manderla (CDU), Dr. Rolf Mützenich (SPD) und Karsten Möring (CDU).

Die Polizei malt seit Tagen ein düsteres Szenario

Seit Tagen zeichnet die Kölner Polizei mit ihren Veröffentlichungen zu den Kölner Kundgebungen und Demonstrationen das Bild einer gewalttätigen Veranstaltung. Sie begründet dies mit Auseinandersetzungen die es in den letzten Tagen etwa bei einer Demonstration in Herne gab.

Sie befürchtet Provokationen bei einem Aufeinandertreffen von Menschen mit kurdischem und türkischem Hintergrund. Polizeipräsident Uwe Jacob will dazu, so teilte es seine Behörde schriftlich mit, auch den türkischen Generalkonsul angeschrieben haben. Kurdische Einrichtungen, so die Polizei, die einen Bezug zu dem Konflikt im Nahen Osten haben, seien besonders im „Visier“ der Beamten. Zudem kündigte die Kölner Polizei an, Wasserwerfer entlang der Demonstrationsrouten mitzuführen.

In einer gestern Abend um 17 Uhr einberufenen Pressekonferenz teilte der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob mit, dass er mit tausenden von jungen Menschen aus dem kurdischen und türkischen Umfeld rechne, die gewaltbereit und bewaffnet nach Köln anreisen werden. Diese seien nach seinen Erkenntnissen zudem hoch emotionalisiert. Zudem sagte der Polizeipräsident, dass er über ein Verbot der Demonstration nachdenke und dies gegebenenfalls auch heute Vormittag kurz vor 11 Uhr noch umsetzen werde.

Die Anmelder sprechen von einem Einschüchterungsversuch durch die Polizei

Die Anmelder sagen, dass die Demonstrationen wie geplant um 11 Uhr mit Kundgebungen am Ebertplatz und Chlodwigplatz beginnen werden. Um 12:30 Uhr sollen sich die Demonstrationszüge dann in Bewegung setzen.

Die Veranstalter widersprechen deutlich Polizeipräsident Uwe Jacob und sagen es lägen ihnen keine Erkenntnisse darüber vor, dass tausende bewaffnete kurdische und türkische Jugendliche anreisen. Zudem stellen sie fest, dass die Polizei Köln dafür bei einem weiteren Kooperationsgespräch keine Beweise vorlegen konnte.

„Es gibt keine über tausend mit Messern bewaffnete kurdische Gewalttäter, die nach Köln strömen wollen (‚Bild‘). Mit dieser billigen Räuberpistole will die Kölner Polizei für Samstag entweder ein kurzfristiges Demonstrationsverbot legitimieren oder harte gewalttätige Übergriffe gegen die Demonstration vorbereiten. Wir lassen uns dadurch nicht einschüchtern. Die Demonstration findet satt.“ sagte Reiner Krause von „Köln gegen Rechts“.

Gestern soll es nach Angaben der Versammlungsleiter ein weiteres kurzfristig anberaumtes Kooperationsgespräch gegeben haben, während Jacobs seine Sicht der Dinge gegenüber der Öffentlichkeit darstellte. Dies bestätigte die Polizei auf Nachfrage dieser Internetzeitung. Die Anmelder schreiben dazu: „Zu der genauen Gefahrenlage konnte dort die Polizei den Veranstaltern nichts mitteilen lediglich von einer “Sorge” seitens Polizei war die Rede.“ “Das spontan einberufene Kooperationsgespräch diente der Polizei lediglich dazu, im Nachhinein das Vorgehen der Versammlungsleitung zu deligitimieren, man habe diese ja gewarnt. Wir fühlen uns zum Zwecke der Polizeitaktik instrumentalisiert und empfinden dieses Vorgehen als unangemessen“, kommentiert Krause.

Die Kölner Oberbürgermeisterin fordert friedliche Demonstrationen

Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut und Köln als tolerante und vielfältige Stadt steht immer wieder für Meinungsfreiheit ein. Morgen wird es in Köln große Demonstrationen geben und ich rufe alle auf, friedlich zu demonstrieren. Für alle gilt: Meinungsfreiheit hat ihren Platz in Köln, wer aber Gewalt sucht, hat in Köln nichts verloren.“

Autor: Andi Goral | Foto: ehu
Foto: Das Bild zeigt die kurdische Demonstration am vergangenen Wochenende auf der Deutzer Werft von der die Polizei sagte, dass sie „friedlich“ verlief.