Duisburg | 21 Mal schlug die Glocke – einmal für jedes der 21 Todesopfer der Duisburger Loveparade. Es war der Tag, an dem sich die Katastrophe zum zweiten Mal jährt. Hinterbliebene und Überlebende trauerten am Dienstagabend in einer großen Gedenkfeier vor dem Stadttheater und mit ihnen über 2.000 Duisburger Bürger.

Schon am Mittag strömten Menschen noch einmal zum Ort des Unglücks. Einige von ihnen wirkten auch zwei Jahre nach den Ereignissen noch tief erschüttert. Vor den Bildern der Toten kniete eine schwarz gekleidete Frau. Als sie sich wieder aufrichtete, wischte sie sich Tränen aus den Augen. Zwei Mädchen hielten sich eng umschlungen, spendeten sich gegenseitig Trost. Am Bordsteinrand hatte sich ein Mann niedergelassen. Das Gesicht in den Händen vergraben, er rührte sich nicht.

Kurze Zeit später sperrte die Polizei den Ort weiträumig ab. Hinterbliebene und Überlebende sollten Zeit bekommen, allein zu trauern, bevor sie sich mit anderen gemeinsam vom Veranstaltungsgelände über den Hauptbahnhof auf den Weg in die Innenstadt machten. Es war der Weg, den Tausende Menschen vor zwei Jahren nahmen, um zum Festivalgelände zu gelangen – mit einem Unterschied: Sie gingen den Weg in die umgekehrte Richtung, ganz so, als wollten sie die Zeit rückwärts drehen.

Stadt hat „Narbe“ davongetragen

Doch dass das nicht geht, wissen sie alle. Die Welt sei nicht mehr die gleiche wie vor den schrecklichen Ereignissen, sagte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Die Stadt habe eine „Narbe“ davongetragen. Und dann entschuldigte er sich bei Hinterbliebenen und Überlebenden in ihren Landessprachen „für das unfassbare Leid“. Er sprach von einer „zweiten Tragödie“, die am Tag nach dem Unglück begonnen habe – „eine quälend lange Zeit des Schweigens“. Niemand habe die Kraft gefunden, „angemessene Worte zu sagen“. Es war ein klarer Angriff auf seinen Vorgänger Adolf Sauerland (CDU), den die Duisburger nach der Loveparade-Katastrophe aus dem Amt gejagt hatten. Eben weil er keine Worte fand, sondern lieber schwieg.

Doch trotz seiner klaren Worte war es nicht Link, der im Mittelpunkt der Gedenkfeier stand. Es waeren die Hinterbliebenen und Überlebenden, die die ergreifende Feier für ihre Kinder oder Freunde selbst gestaltet haben. Immer wieder erklang Musik, einmal war es ein Medley aus den Lieblingssongs der Toten. Dazu waren auf einer großen Leinwand Bilder aus den Heimatstädten der Opfer zu sehen, Bilder, die diese nie wieder sehen werden. Doch es sollten nicht die Bilder der Trauer sein, die in den vielen Köpfen hängen bleiben. „Was war, können wir nicht ungeschehen machen“, sagte Oberbürgermeister Link zwar. Doch jeder, der künftig in Duisburg ankommt, soll sehen, dass das Leben auch nach einer solchen Katastrophe weitergeht. Direkt vor dem Bahnhof will er mit den Hinterbliebenen 21 Magnolien pflanzen. „Ein wachsendes und blühendes Zeichen der Hoffnung“, wie er sagt.

Mit der Gedenkfeier in der Duisburger Stadtmitte, an der auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft teilnahm, gingen die offiziellen Erinnerungstage an die Opfer der Loveparade für dieses Jahr zu Ende. Am Montagabend hatten bereits etwa 100 Menschen im Gedenken an die Opfer der Loveparade 1.000 Kerzen am Ort des Unglücks entzündet. Die Aktion war Teil einer viertägigen Mahnwache.

Autor: Tonia Haag/ dapd | Foto: Mark Keppler/ dapd