Dresden | aktualisiert | Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wird die Ermittlungen zu möglichen Straftaten im Verlauf des Demonstrationsgeschehens am Montag in Chemnitz übernehmen.

Das bestätigte Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein dem Nachrichtenportal T-Online. Am Vortag hatte die Behörde bereits die Ermittlungen zu den rechten Ausschreitungen in Folge einer unangekündigten Kundgebung am Sonntag in Chemnitz übernommen.

Informationen zur Zahl und Art möglicher Delikte gebe es bislang noch nicht, sagte Klein. Derzeit sei die Behörde dabei, die Hinweise zu sichten.

GdP warnt nach Ausschreitungen in Chemnitz vor Selbstjustiz

Nach den Vorfällen in Chemnitz hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit Verweis auf die anhaltende Personalknappheit vor dem Risiko einer zunehmenden Selbstjustiz gewarnt. „Der Staat ist dafür da, mit Polizei und Justiz seine Bürger zu schützen“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Wenn er das in den Augen vieler Bürger aber nicht mehr leisten kann, besteht die Gefahr, dass die Bürger das Recht selbst in die Hand nehmen und auf Bürgerwehren und Selbstjustiz bauen.“

Dies sei ein erschreckender Trend. Über die sozialen Medien könnten viele Menschen schnell mobilisiert werden. „Aus jeder Dorfschlägerei kann eine Hetzjagd werden“, so Malchow.

Dabei handele es sich um Straftaten, die hart zu ahnden seien: „Das sind keine Helden, sondern Straftäter.“ Nach Ansicht der GdP hat der Staat mit Schuld an dieser Entwicklung. Der jahrelange Abbau von insgesamt 16.000 Stellen bei der Polizei habe dazu geführt, dass alle Einsatzkräfte stets verplant seien.

Malchow sagte: „Für Einsatzlagen wie in Chemnitz müssten sich stets mehrere hundert Kollegen in Reserve bereit halten. Das ist vollkommen unrealistisch.“ Dafür fehlen den Bereitschaftspolizeien die notwendigen Einsatzkräfte.

„Die Polizei ist insgesamt nicht gut aufgestellt, wir brauchen vor allem mehr Personal in der Fläche und in den Ermittlungsbereichen.“ Auch wenn die Politik inzwischen eine Wende vollzogen habe und bei Bund und Ländern 15.000 neue Stellen entstehen sollen, reiche das nicht und werde noch Jahre dauern. Die GdP fordert 20.000 neue Stellen. „Der Staat hat beim Thema Innere Sicherheit versagt, weil er massiv Personal abgebaut hat. Dieses Problem ist nicht schnell lösbar“, sagte Malchow. Die Überlastung wird nach Malchows Worten auf dem Rücken der Beamten ausgetragen, die ihren Berg an 22 Millionen Überstunden bundesweit nach wie vor nicht abtragen könnten.

Seehofer bietet sächsischer Polizei Unterstützung an

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat der sächsischen Polizei nach den Ausschreitungen in Chemnitz Unterstützung angeboten. „Die Polizei in Sachsen ist in einer schwierigen Situation“, sagte Seehofer am Dienstag. „Sofern von dort angefordert, steht der Bund mit polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung.“

Zuvor hatten mehrere Politiker den Innenminister aufgefordert, zu den Vorfällen in Chemnitz Stellung zu beziehen. „Es ist nicht zu akzeptieren, dass sich Herr Seehofer in so einer Situation in sein Schneckenhaus zurückzieht. Denn es geht jetzt darum, wer die Macht im Staate hat“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider der „Saarbrücker Zeitung“.

Seehofer sagte jetzt dazu, dass sein tiefes Mitgefühl den Angehörigen des Opfers der Messerattacke gelte. „Die Betroffenheit der Bevölkerung hierüber ist verständlich“, so Seehofer. „Aber ich will auch ganz deutlich sagen, dass dies unter keinen Umständen den Aufruf zu Gewalt oder gewalttätige Ausschreitungen rechtfertigt.“ Hierfür dürfe es in einem Rechtsstaat keinen Platz geben.

Autor: dts