Berlin | Der Digitalbranchenverband Bitkom hat beim Ausbau der Netzinfrastruktur in Deutschland mehr Flexibilität statt Fokussierung auf Glasfaser gefordert.

„Ich finde, die Diskussion ist zu sehr auf das sehr leistungsfähige, aber auch kostspielige Glasfaserangebot verengt“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben). „Der komplette Ausbau dieser Netzinfrastruktur würde bedeuten, rund eine Million Kilometer Glasfaser zu verlegen. In einem Rutsch funktioniert das ohnehin nicht. Wir können nicht von heute auf morgen alle Straßen aufreißen, Vorgärten aufgraben und in den Häusern Schlitze klopfen“, so Rohleder. Es sei auch in Zukunft kaum zu erwarten, dass der Bedarf in dem Ausmaß steigt, dass sich Glasfaser überall für private und geschäftliche Kunden rechne.

„Viele Machine-to-Machine-Anwendungen, beispielsweise im Automobilbereich, benötigen ohnehin Mobilfunk- statt Festnetzanschlüsse. Durch die neuen Standards in der Funktechnologie können zum Beispiel Autos untereinander in Echtzeit kommunizieren. Dafür brauche ich den neuen Mobilfunk mit 5G, nicht die Glasfaser“, sagte Rohleder dem RND. „Ich werbe für einen Infrastruktur-Wettbewerb mit einem sinnvollen Technologiemix. Das Ziel muss Gigabit für alle bis 2025 sein.“

Studie: Breitband-Ausbau kommt nur schleppend voran

Der Breitband-Ausbau in Deutschland kommt nur schleppend voran. Das geht aus einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, über welche die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Dienstagsausgaben berichten. Demnach verfügen inzwischen 31,3 Millionen und damit 76,9 Prozent der Haushalte in Deutschland über Internetverbindungen mit mehr als 50 MBit pro Sekunde – vier Millionen mehr als Mitte 2015, was einem Plus um 8,1 Prozentpunkte entspricht.

„Ländliche Regionen weisen nach wie vor einen großen Rückstand auf städtische Regionen auf“, heißt es in der Studie. „Die Schere schließt sich kaum, denn das Ausbautempo ist nahezu identisch.“ Gewinner sind die städtisch geprägten Kreise in Deutschland.

Dort entstanden in den vergangenen zwei Jahren durch Netzausbau schnelle Internetverbindungen für rund 1,7 Millionen Haushalte. In großen Teilen von Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Ostbayern haben höchstens 72 Prozent der Haushalte Zugang zu Internetanschlüssen mit mehr als 50 MBit pro Sekunde. Anders sieht es dagegen in Großstädten und Ballungsräumen aus: Vorn liegt Regensburg, wo alle Haushalte über Internetzugang mit mehr als 50 MBit pro Sekunde verfügen, in Bonn und Leverkusen sind es jeweils 98 Prozent, in Wolfsburg 97 Prozent, in Potsdam 93 Prozent und in Berlin 91 Prozent.

Ganz hinten liegen der Wartburgkreis mit 20 Prozent, der Eifelkreis mit 24 Prozent der Bördekreis in Sachsen-Anhalt mit 25 Prozent. Der Zuwachs bei schnellen Internetverbindungen seit 2015 basiert laut IW-Studie nur zum Teil auf echtem Zubau. Hintergrund ist, dass die Zahl der Haushalte in Deutschland als Folge von Zuwanderung und des Trends zu Single-Wohnungen in den vergangenen zwei Jahren um rund eine Million gestiegen ist.

Von den vier Millionen Haushalten, die jetzt laut offizieller Statistik zusätzlich mit schnellem Internet ausgestattet sind, nutzen laut IW-Studie 700.000 bereits bestehende Strukturen.

Autor: dts