Berlin | Christian Göke, Chef der Messe Berlin, hat eine Zusammenlegung aller deutschen Messegesellschaften gefordert. Ansonsten drohe Deutschland seine weltweite Vormachtstellung in der Messewirtschaft zu verlieren.

„Derzeit entstehen weltweit immer neue Messeriesen. Denn Private Equity drängt massiv in die Branche, sei es in China, in Großbritannien oder in Frankreich“, sagte Göke der „Welt am Sonntag“. „Und wenn Investoren erstmals im großen Stil in eine Branche vorstoßen, passieren in der Regel drei Dinge: Akquisitorisches Wachstum wird teurer, High Potentials werden abgeworben, und Größenvorteile werden durch die einsetzende Marktkonsolidierung ausgebaut.“ Göke sieht daher harte Zeiten auf die überwiegend öffentlich-rechtlichen Messegesellschaften hierzulande zukommen.

„In Deutschland finden auch nach wie vor die mit Abstand meisten internationalen Leitmessen statt. Die Frage ist nur: Wie lange noch?“ Lösungen im Kampf gegen neue Konkurrenten sieht der Messe-Manager zum einen im Aufbau von weltweiten Markenfamilien. Die Tourismusbörse ITB gebe es zum Beispiel nicht nur in Berlin, sondern auch in Singapur und Shanghai.

„Wenn es hart auf hart kommt, wird vielleicht daraus mal die internationale Leitmesse – die aber dann weiterhin von uns selbst veranstaltet wird“, sagte Göke. „Eine Lösung kann es sein, eine gemeinsame deutsche Messegesellschaft zu gründen, um ebenfalls Größenvorteile zu erzeugen und den neuen Branchenriesen etwas entgegensetzen zu können.“ Das allerdings dürfte schwierig werden angesichts der Eigentümerstrukturen, das weiß auch Göke.

„Messe ist schließlich die attraktivste Beteiligung von Stadt und Land.“ In der Hauptstadt zum Beispiel ist das Land Berlin nahezu Alleingesellschafter, andernorts teilen sich oftmals Stadt und Land die Anteile der Veranstaltungsgesellschaften. Messegesellschaften stehen damit an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik. Und da sieht Göke ganz allgemein großen Verbesserungsbedarf. „Politik und Wirtschaft haben ein riesiges Kommunikationsproblem“, monierte Göke, wobei er seine eigenen Gesellschafter ausdrücklich ausnahm. „Da prallen Welten aufeinander.“ Und leider wüssten beide Seiten oftmals zu wenig voneinander, was Entwicklungen hemme und lähme. „Es muss daher viel mehr personeller Austausch stattfinden“, forderte Göke. „Wir brauchen mehr Durchlässigkeit im System. Davon würden beide Seiten enorm profitieren.“ Ein Unternehmer auf dem Posten des Wirtschaftsministers könne ein Startschuss sein, zumal das in etlichen anderen Ländern längst üblich sei. Dass gerade Manager dies scheuen dürften, weil sie üblicherweise deutlich mehr Geld verdienen als in der Politik möglich, will Göke durch eine Incentivierung lösen, also beispielsweise höhere Gehälter oder Macht. „Wobei ich auch meine, dass etliche Manager für einen gewissen Zeitraum auf Geld verzichten würden, wenn sie dafür eine Aufgabe mit Gestaltungsmöglichkeiten bekämen und eine spätere Rückkehr üblich würde.“

Autor: dts