Wolfsburg | aktualisiert |  Die Affäre um Manipulationen bei Abgasmessungen in den Vereinigten Staaten zwingt Volkswagen zu einer Gewinnwarnung. „Zur Abdeckung notwendiger Service-Maßnahmen und weiterer Anstrengungen, um das Vertrauen unserer Kunden zurück zu gewinnen, beabsichtigt Volkswagen, im 3. Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 6,5 Milliarden Euro ergebniswirksam zurückzustellen“, teilte der Autobauer am Dienstag mit. Vorstandschef Winterkorn lehnte heute Nachmittag einen Rücktritt ab.

Die Bundesregierung wusste seit Monaten von der Abgas-Affäre >

VW-Aktie verliert am zweiten Tag in Folge 20 Prozent im DAX >

Winterkorn lehnt Rücktritt ab

17:45 Uhr >VW-Chef Martin Winterkorn lehnt einen Rücktritt wegen der Abgas-Affäre ab. Es sei falsch, wenn wegen der Fehler einiger weniger die ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerate, sagte Winterkorn in einer Video-Botschaft, die auf der Internetseite des Konzern veröffentlicht wurde. Er bitte deswegen um „Vertrauen auf unserem weiteren Weg.“

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Bernd Osterloh, hat mit einem Brief an die Mitarbeiter des Konzerns weitere personelle Konsequenzen bei VW angemahnt und auch angekündigt. In dem Schreiben, das „Bild“ vorliegt, heißt es, der Betriebsrat von Volkswagen sei über diese Nachricht „geschockt“ gewesen. „Dies rüttelt am Selbstverständnis unseres Unternehmens und diskreditiert die gute Arbeit, die wir als Belegschaften unseres Konzerns tagtäglich leisten“, so Osterloh.

„Ich kann Euch versichern, dass wir in den in dieser Woche stattfindenden Sitzungen des Aufsichtsrats alles erdenkliche tun werden, damit die Aufklärung schnell voranschreitet und personelle Konsequenzen gezogen werden. Und dies werden keine Sachbearbeiter sein, das kann ich Euch versichern.“ Der Betriebsrat werde nicht akzeptieren, dass Manipulationen den Ruf der VW-Beschäftigten als exzellente Autobauer beschädigten.

Viele Mitarbeiter beobachteten die aktuelle Situation mit Sorge. Es handele sich jedoch um Verfehlungen „einzelner“.

Die VW-Aktie hat auch im zweiten Tag in Folge 20 Prozent verloren.

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Die Gewinnwarnung von VW

12:45 Uhr > „Aufgrund der laufenden Untersuchungen unterliegt der angenommene Betrag Einschätzungsrisiken. Die Ergebnisziele des Konzerns für das Jahr 2015 werden entsprechend angepasst.“ VW dulde keine Gesetzesverstöße, hieß es in der Mitteilung weiter. „Oberstes Ziel des Vorstands bleibt es, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Schaden von unseren Kunden abzuwenden.“

VW werde die Öffentlichkeit über den weiteren Verlauf der Ermittlungen „fortlaufend und transparent informieren“. Unterdessen treibt der Konzern die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren voran. „Die aktuell in der Europäischen Union angebotenen Neuwagen mit Dieselantrieb EU 6 aus dem Volkswagen-Konzern erfüllen die gesetzlichen Anforderungen und Umweltnormen. Die beanstandete Software beeinflusst weder Fahrverhalten, Verbrauch noch Emissionen“, hieß es seitens von VW. Auffällig seien Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 „mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt“. VW arbeite „mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen“.

DIW-Chef warnt vor Jobabbau wegen VW-Skandal

Angesichts des Skandals um manipulierte Abgaswerte beim Autokonzern VW fürchtet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) massive Folgewirkungen für die deutsche Wirtschaft und Jobabbau: „Der Imageschaden wird VW nicht nur in den USA, sondern auch global teuer zu stehen kommen. Damit werden auch Jobs bei VW und vielen Zulieferern in Deutschland gefährdet sein“, sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher gegenüber „Bild“ (Dienstag). Die möglichen Strafzahlungen für VW seien dagegen „noch das geringste der Probleme“.

Fratzscher warnte, darüber hinaus könnten „auch andere deutsche Exporteure Schaden nehmen, denn VW war bisher ein Aushängeschild für Produkte `Made in Germany`.“ Es müsse nun dringend „um Schadensbegrenzung für VW und für deutsche Exporteure allgemein gehen“, forderte der DIW-Präsident.

DAX am Mittag mit kräftigen Verlusten

Die Börse in Frankfurt hat am Dienstagmittag zunächst kräftige Kursverluste verzeichnet. Kurz vor 12:30 Uhr wurde der Deutsche Aktienindex mit 9.637,62 Punkten berechnet. Dies entspricht einem Minus von 3,12 Prozent gegenüber dem vorherigen Handelstag.

An der Spitze der Kursliste stehen die Anteilsscheine von Fresenius Medical Care, Linde und Vonovia. Die Aktien von Daimler, BMW und Volkswagen, die wegen des Abgas-Skandals in den USA am Mittag knapp 20 Prozent verloren, bilden die Schlusslichter der Liste.

Autor: dts