Köln | Gastartikel | Vor einhundert Jahren, am 21. April 1918, wurde der Kölner Flugschüler der Fliegerstation Butzweilerhof Manfred von Richthofen, bei Vaux-sur-Somme in Frankreich von dem australischen MG-Schützen Sergeant Cedric Popkin abgeschossen. Ein Gastartikel von Werner Müller, Historisches Luftfahrtarchiv Köln.


Der „rote Baron“ Manfred von Richthofen am 17. Juni 1917 auf dem Butzweilerhof.

Manfred von Richthofen begann hier in Köln auf der Fliegerstation Butzweilerhof mit einem einwöchigen Lehrgang vom 30. Mai bis 10. Juni 1915 seine Fliegerkarriere. Der ebenfalls berühmte Werner Voß (Nr. 4 der deutschen Jagdflieger) absolvierte seine Ausbildung zum Piloten bereits im März 1915 auf dem Butzweilerhof. Werner Voß war im Februar 1916 sogar für einen Monat Fluglehrer auf dem Butzweilerhof. Die beiden Jagdflieger schlossen später Freundschaft. Untergebracht waren die Flugschüler, aber auch die Rekruten sowie Unteroffiziere und Mannschaften, in der Halle 2 in einfachen Feldbetten. In seiner neuen Verwendung wurde von Richthofen zum Flugbeobachter ausgebildet. Während der Pilot das Flugzeug steuert und feindlichen Flugzeugen ausweicht, beobachtete der Flugbeobachter die Front und notierte oder fotografierte den feindlichen Frontverlauf.

In seinen Memoiren beschreibt er seinen ersten Flug, der für ihn etwas chaotisch begann: „Wir flogen erst ein Stück geradeaus, dann machte mein Führer kehrt, nochmal kehrt, rechtsum, mal linksum, und ich hatte über meinem eigenen Flughafen die Orientierung verloren. Keine Ahnung mehr, wo ich mich befand! Ich fing so sachte an mir mal die Gegend unter mir anzusehen. Die Menschen winzig klein, die Häuser wie aus einem Kinderbaukasten, alles so niedlich und zierlich. Im Hintergrund lag Köln. Der Kölner Dom ein Spielzeug.“ In Großhain bei Dresden wurde die Ausbildung vervollständigt. Im Juni 1915 flog er an der Ostfront als Aufklärer, wurde dann aber in das erste deutsche Bombergeschwader an der Westfront versetzt.

Allerdings schien ihm die Position als „Flugballast“ nicht zu gefallen. So absolvierte der die Ausbildung zum Piloten in Metz, die das spätere Luftass aber erst im dritten Anlauf bestand. Am 24. Dezember 1915 erhielt von Richthofen sein Flugzeugführerdiplom. Nun begann die Laufbahn, für die er von den Allierten auf Grund seiner roten Flugzeuge sowie seiner Abschusserfolge den Namen „Red Baron“ oder auch „Diable Rouge“ erhielt. Obwohl von Richthofen nie ein Baron war, übersetzten die Briten kurzerhand den Titel „Freiherr“ in „Baron“.

Am 1. Mai 1917 besuchte er noch einmal seine alte Fliegerschule auf dem Butzweilerhof. Dazu flog er in einer zweisitzigen Maschine mit Leutnant Krefft über 3 Stunden von Lille über Lüttich, Namur und Aachen nach Köln zum Butzweilerhof – eine Strecke von ca. 280 Kilometern. Hier war seine Ankunft bereits angekündigt. Ein entsprechend großer Empfang war vorbereitet. Nach einem Mittagsschläfchen, dass er auf Grund von Kopfschmerzen hielt, trug er sich in das Gästebuch der Fliegerstation mit den Worten „1./V. 17 x Frhr. V. Richthofen x“ ein. Eine Anmerkung für die Experten: Richthofen wurde erst zwei Monate später, am 6. Juli 1917 am Kopf verwundet. Der rote Baron befand sich auf dem Flug von der Front nach Hessen in das „Große Hauptquartier“ um dort am 2. Mai, seinem 25. Geburtstag, von Hindenburg und Ludendorff zu treffen. Einen Tag später, am 3. Mai 1917 wurde er dem Kaiser vorgestellt. Zu dieser Zeit hatte er 52 Luftsiege. Nach seinem Urlaub besuchte er am 17. Juni noch einmal seine alte Schule auf dem Butzweilerhof auf dem Rückflug nach Courtrai. Während dieses Aufenthalts wählte er Leutnant Guido Scheffer als einen seiner neuen Piloten für seine Jasta 11 aus. Mit Lt. Scheffer zusammen flog er dann zurück nach Frankreich an die Front.

Aber woher kommt sein großer Erfolg? Seine 80 Luftsiege verdankt er der strikten Anwendung der Dicta Boelke. Die Dicta Boelke wurde von Hauptmann Boelke erstellt und legt Grundsätze des Luftkampf fest. Bei Luftgefechten griff von Richthofen auch nicht den Kern des gegnerischen Geschwaders an, sondern bekämpfte zuerst die etwas abseits fliegenden und mit großer Wahrscheinlichkeit unerfahrenen Piloten. Aber auch einzeln fliegende Maschinen griff er an, da diese Maschinen keine Rückendeckung hatten.

Besonders bekannt ist seine rote Fokker DR1, die es im Programm fast aller Modellbaufirmen gibt. Allerdings flog von Richthofen diese Maschine erst ganz zum Schluss seiner Karriere. Viele Luftsiege errang er mit einer roten Albatros D.V. die er als Kommodore des Jagdgeschwaders 1 flog.
Am 21. April 1917 kam sein letzter Tag. An diesem Tag verfolgte er den Kanadier Roy Brown und den Neuseeländer Wilfried May. Im Lauf des Luftkampf floh May bei Vaux-sur-Somme / Frankreich hinter die eigenen Linien, wurde aber vom roten Baron, entgegen seiner eigene Befehle, hinter die Frontlinien verfolgt. Hier wurde er auch vom Boden aus unter Abwehrfeuer genommen und von dem australischen MG-Schützen Sergeant Cedric Popkin abgeschossen.

Von seinem Tod erhielt Deutschland erst zwei Tage später am 23. April eine Nachricht. Ein alliiertes Flugzeug überflog den deutschen Stützpunkt und warf die folgende Nachricht ab. „To the German Flying Corps. Rittmeister Baron Manfred von Richthofen was killed in aerial combat on April 21st 1918. He was buried with full military honours.“ Diese Nachricht wurde von der Front auch über die Relaisstationen der Garnison Cöln nach Berlin geleitet. Am 2. Mai 1918 fand in der Alten Garnisonskirche unter Teilnahme der Kaiserin Auguste Viktoria und entsprechendem Trauergästekreis eine zentrale Trauerfeier statt. Einer der Sargträger war der Kampfflieger Otto Könnecke, der am 20. September 1927 vom Butzweilerhof auch nach Amerika startete – über den Umweg Indien.

Dass Manfred von Richthofen seinen eigenen Befehl, den Gegner nicht über das feindliche Gebiet zu folgen, so missachtet, ist merkwürdig. Dazu gibt es zwei Überlegungen. Durch seine Kopfverletzung und die Schädigung des vorderen Hirnlappens hatte er den Sinn dafür verloren die Verfolgung abzubrechen.

Ein anderer Grund könnte eine verklemmte Patrone gewesen sein, die australische Truppen in seinem MG gefunden haben. War er vielleicht durch das verklemmte MG abgelenkt und merkte nicht, dass er sich über feindlichem Gebiet befand?
Manfred von Richthofen wurde mit allen Ehren von Australischen Truppen in Bertangles beigesetzt. Fünf Jahre später wurde er auf den Soldatenfriedhof in Fricourt umgebettet. Im November 1925 wurde sein Leichnam auf Bitten der Familie nach Berlin auf den Invaliedenfriedhof überführt. Mit dem Bau der Mauer durch die DDR wäre sein Grab eingeebnet worden. Deshalb veranlasste die Familie die endgültige Umbettung in das Familiengrab auf dem Südfriedhof in Wiesbaden, wo er seine letzte Ruhe gefunden hat.

Da von Richthofen noch lebend sein Flugzeug sicher landete und erst danach starb, war die rote Fokker DR1 intakt. Leider wurde die Maschine von Souvenierjägern auseinander genommen. Allerdings sind Teile noch vorhanden. Der Motor befindet sich Imperial War museum in London. Die Maschinengewehre sowie der Steuerknüppel werden im Australien War Memorial-Museum in Canberra gezeigt. Die Fellstiefel, die von Richthofen während seiner Flüge trug und mit denen er auf dem Butzweilerhof  fotografiert wurde, sind ebenfalls in Canberra ausgestellt.
Obwohl diese Geschichte einhundert Jahre alt ist, lebt von Richthofen als Mythos weiter. Egal ob es sich um Modellbausätze seines roten Dreideckers handelt, in Comicserien wie z.B. „den Peanuts“, Spielfilmen, Flugsimulatoren für Computer, Spielzeugen und sogar in einer US-amerikanischen Pizzakette als „Red Baron-Pizza“. Das Jagdgeschwader 2 der Wehrmacht sowie das Taktisches Luftwaffengeschwader 71 der Bundeswehr in Wittmund tragen seinen Namen. Sein Flugzeug ist sogar bei Staffeln der US-Luftwaffe ein Maskottchen. In Bonn gibt es den Red Baron Roost, eine Fachinteressengemeinschaft für die Elektronischen Kampfführung. Bestimmt lassen sich weitere Beispiele dafür finden wie die Bezeichnung „Roter Baron“ noch weiter geführt wird.

Die Fliegerstation wurde nach Abzug der Britischen Royal Air Force 1926 zum ersten Kölner Flughafen umgebaut und entwickelte sich als „Luftkreuz des Westens“ sehr schnell zu einem der bedeutendsten Flughäfen Westeuropas. Die Gebäude der Fliegerstation bzw. des Flughafens wurden am Heiligen Abend 1944 durch einen Angriff der Britischen Royal Air Force fast alle vernichtet. Nur die ehemalige Kfz-Halle wurde von der Britischen Royal Air Force repariert und noch bis in die 1950er Jahre genutzt. Heute befindet sich an der Stelle der Fliegerstation, die so viele bekannte deutsche Luftasse geschult hat bzw. wo sich der erste Kölner Flughafen, das „Luftkreuz des Westens“ befand, ein Parkplatz.

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Alle Fotos: Historisches Luftfahrtarchiv Köln

Autor: Gastartikel von Werner Müller
Foto: Guido und Manfred: 17. Juni 1917 vor dem Rückflug nach Courtrain. Bevor die groben Flugoveralls bzw. Jacken und Fellstiefel angezogen wurden, präsentierten sich Manfred von Richthofen und Guido Scheffer in Uniform. Rechts im Hintergrund die Halle 2 der Fliegerstation Butzweilerhof.