Gies hatte nach der Verhaftung und Deportation Franks im Jahr 1944 deren weltbekanntes Tagebuch an sich genommen und nach Kriegsende veröffentlicht. Die Verstorbene wurde am 15. Februar 1909 in Wien unter dem Namen Hermine Santrouschitz geboren. Im Rahmen eines Hilfsprogramms für hungernde und notleidende Kinder war sie 1922 in eine Gastfamilie nach Amsterdam gekommen, von der sie den Spitznamen Miep erhielt. Seit 1933 arbeitete sie als Büroassistentin für Franks Vater Otto. Als die Familie ihres Arbeitgebers sie 1942 gebeten hatte, sie vor den Nationalsozialisten zu verstecken, antwortete die Wahl-Niederländerin mit den Worten "Ja, natürlich!". Wäre bekannt geworden, dass Gies der Familie Frank Unterschlupf bot, wäre sie vom NS-Regime ermordet worden. Bereits ein Jahr zuvor hatte Gies die Heirat mit ihrem niederländischen Freund Jan Gies vor einer Deportation bewahrt, nachdem sie sich geweigert hatte, einer NS-Organisation beizutreten.

Die Helferin war nach Kriegsende mehrfach geehrt worden, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, dem niederländischen Ritterorden sowie durch den Staat Israel. Zuletzt lebte sie zurückgezogen in ihrem Haus im niederländischen Friesland. In einem Tagebucheintrag Anne Franks vom 11. Juli 1943 heißt es über Gies: "Miep schleppt sich ab wie ein Packesel. Fast jeden Tag treibt sie irgendwo Gemüse auf und bringt es in großen Einkaufstaschen auf dem Fahrrad mit. Sie ist es auch, die jeden Samstag fünf Bücher aus der Bibliothek bringt. Sehnsüchtig warten wir immer auf den Samstag, weil dann die Bücher kommen, wie kleine Kinder auf ein Geschenk."

[dts]