Japan: AKW-Betreiber Tepco meldet zehntausendfach zu hohe Radioaktivität

Die Betreiberfirma des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 in Japan, Tepco, hat am Donnerstag zehntausendfach zu hohe Radioaktivitätswerte gemeldet. Demnach übersteige der Wert der gemessenen Radioaktivität die zugelassene Höchstgrenze um das Zehntausendfache. Die Strahlenwerte seien im Grundwasser in der Nähe des Kernkraftwerks gemessen worden. Japan war Anfang März von einem Erdbeben der Stärke 8,9 erschüttert worden, das einen schweren Tsunami auslöste. Mehr als 10.000 Menschen starben, das Atomkraftwerk Fukushima 1 kämpft seit dem Unglück gegen eine Kernschmelze. Ein solches Unglück habe sich Medienberichten zufolge in einem der Reaktoren bereits vorübergehend ereignet. Tepco hatte sich über die genaue Lage in dem Atomkraftwerk meist bedeckt gehalten und war dafür teils scharf kritisiert worden.

AKW Fukushima: Japanische Regierung plant keine Ausweitung der Evakuierungszone
Die japanische Regierung will die Evakuierungszone um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima zunächst nicht erweitern. Dies teilte der Regierungssprecher Yukio Edano am Donnerstag mit und reagierte damit auf eine Forderung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Auch die japanische Nuklear-Aufsicht NISA hat sich mittlerweile für eine Ausweitung der Zone ausgesprochen. Um das AKW Fukushima I gilt bislang eine Evakuierungszone von 20 Kilometern. Einwohnern in einem weiteren Umkreis von 30 Kilometern wird empfohlen, wegen der Strahlengefahr das Gebiet zu verlassen. Die japanische Regierung hat bislang lediglich die vermehrte Untersuchung des Gebiets auf Strahlung zugesagt. Aktuell prüft die Regierung neue Notmaßnahmen, um die Radioaktivität einzudämmen. Dafür plant man, die Reaktoren mit Spezialgewebe abzudecken und kontaminiertes Wasser aus dem Kraftwerk in ein Tankschiff abzupumpen. Der Versuch des Betreibers Tepco, das Gebiet um die beschädigten Reaktoren mit Kunstharz zu besprühen, musste wegen des einsetzenden Regens ausgesetzt werden.

RWE klagt gegen Atom-Moratorium
Im Gegensatz zu dem Düsseldorfer Eon-Konzern will der Energieversorger RWE eine Klage gegen die Abschaltung eines AKW einreichen. Nach Informationen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Freitagausgabe) klagt RWE Power beim zuständigen Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen die dreimonatige Einstellung des Betriebes des Atomkraftwerks Biblis. Der Energiekonzern argumentiert mit der fehlenden Rechtsgrundlage für das Moratorium. Die Bundesregierung hatte sich auf Paragraf 19 Absatz 3 des Atomgesetzes bezogen. Darin heißt es, der Betrieb eines AKW könne "einstweilen oder endgültig eingestellt" werden, wenn ein rechtswidriger Zustand bestehe oder sich Gefahren "für Leben, Gesundheit und Sachgüter ergeben können". Die deutschen Atomanlagen erfüllen "die geltenden Sicherheitsanforderungen", daher fehle die rechtliche Grundlage für die Betriebseinstellung, so RWE. Zudem argumentiert der Konzern mit der Wahrung der Interessen seiner Aktionäre. Die Kernkraftwerke Unterweser, Krümmel, Biblis A und B, Philippsburg 1, Isar 1, Neckarwestheim 1 sowie Brunsbüttel wurden wegen der Aussetzung der Laufzeitverlängerung durch die schwarz-gelbe Bundesregierung heruntergefahren bzw. waren zu diesem Zeitpunkt wegen Wartungsarbeiten nicht in Betrieb. Bei einigen Reaktoren ist ungewiss, ob sie nach Ablauf des Moratoriums wieder in Betrieb gehen.

Greenpeace-Atomexperte will Schadenersatzforderung der Energiekonzerne verhindern
Der Atomexperte von Greenpeace, Tobias Riedl, hat für eine Änderung des Atomgesetzes plädiert, damit die Energiekonzerne keinen Schadenersatz einklagen können, wenn Meiler abgeschaltet werden. "Im Moment haben wir eine Rechtssituation, die es den Betreibern ermöglicht, eventuell Millionen oder Milliarden Schadensersatzforderungen einzuklagen, die dann der Steuerzahler bezahlen muss", sagte Riedl am Donnerstag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. "Daher ist nicht verständlich, warum man dann nicht sofort ein Gesetz macht, um hier Rechtssicherheit zu schaffen." Die schwarz-gelbe Bundesregierung hole mit der Ethikkommission einen Prozess nach, "den die Gesellschaft nun schon 30 Jahre durchlebt hat", so Riedl weiter. "Gut 80 Prozent der Menschen wollen einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie."

Grünen-Politikerin Höfken kritisiert EU-Höchstwerte für Radioaktivität bei Lebensmitteln
Die Grünen-Abgeordnete und Sprecherin für Ernährungspolitik, Ulrike Höfken, hat die Erhöhung der EU-Grenzwerte für radioaktiv belastete Lebensmittel als "unverantwortlich" kritisiert. "Es ist absurd, dass die EU Höchstwerte für radioaktives Cäsium in Lebensmitteln aus Japan durch das Wiederinkraftsetzen einer alten Verordnung ohne Notwendigkeit erhöht", erklärte Höfken am Donnerstag. Demnach dürfe Säuglingsnahrung nun mit 400 statt zuvor 370 Becquerel, alle anderen Lebensmittel sogar mit 1.250 statt 600 Becquerel pro Kilogramm belastet sein, so Höfken. "Für andere radioaktive Substanzen wie Strontium und Plutonium sind überhaupt keine Höchstwerte und Untersuchungspflichten festgelegt", kritisierte die Abgeordnete und wies darauf hin, dass in Japan strengere Höchstwerte gelten. Höfken forderte Ernährungsministerin Ilse Aigner (CSU) auf, Druck auf die EU auszuüben, damit die Grenzwerterhöhungen rückgängig gemacht würden.

[dts]