Düsseldorf | [aktualisiert 16.10 Uhr] Verantwortungslos, ideenlos und eine Gefahr für die Zukunft des Landes: Einen Tag nach ihrer Regierungserklärung ist Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aus den Reihen der Opposition mit massiver Kritik überschüttet worden. Mit markigen Sprüchen rechneten CDU, FDP und Piraten in der Aussprache im Düsseldorfer Landtag mit der Regierungschefin ab. Vor allem für ihre Haushaltspolitik musste sich Kraft einiges anhören.
Kritische Stimme von Karl-Josef Laumann
Als Anführer der größten Oppositionsfraktion erhielt zunächst CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann Gelegenheit, die rot-grüne Politik zu bewerten. „Sie haben kein Bild, keine Vision, wie unser Land in 20 Jahren dastehen soll“, sagte der Christdemokrat. Vor allem beim Thema Finanzen agiere Kraft „verantwortungslos“. Sie weigere sich fortwährend, den Landeshaushalt in Ordnung zu bringen. „Mit ihrer Politik hinterlassen Sie unbezahlte Rechnungen ohne Ende, Kredite und Schulden in Milliardenhöhe.“
Am Freitag wird Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) den verspäteten Haushalt 2012 mit neuen Schulden in Höhe von 4,6 Milliarden Euro im Landtag einbringen. „Sie stopfen den Kindern den Rucksack mit Schulden voll“, sagte Laumann dazu. Der „Griff ins Portemonnaie unserer Kinder“ sei keine Prävention, „sondern ist Diebstahl an ihrer Zukunft“. Um die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse ab 2020 einzuhalten, tue die Landesregierung zu wenig.
„NRW macht weiter Schulden“
Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner schoss sich in seiner über 40 Minuten frei gehaltenen Rede auf die rot-grüne Finanzpolitik ein. „NRW macht weiter Schulden – absehbar angelegt auf einen Bruch des Grundgesetzes“, sagte der Freidemokrat. Über allen Haushaltsplänen schwinge zudem wie ein Damoklesschwert die Abwicklung der WestLB mit „großen Risiken“ mit.
Einer Aufnahme der Schuldenbremse auch in die Landesverfassung wolle sich die FDP zwar nicht verschließen. Dafür brauche es aber klare Konsolidierungsabsichten. „Diese können wir bei Ihnen im Moment aber nicht erkennen“, sagte Lindner. Insbesondere die Grünen seien ein „Haushaltsrisiko“, da sie eine Meisterschaft daraus entwickelt hätten, „neue Stellen aus dem Landeshaushalt herauszupressen“.
Luftschlösser und mittelstandsfeindliche Politik
Auch ansonsten ging die Opposition mit der Regierungschefin hart ins Gericht. Der Vorsitzende der Piratenfraktion, Joachim Paul, bezeichnete die von Kraft angekündigten Initiativen und Programme als „Luftschlösser“. CDU-Chef Laumann warf ihr eine mittelstandsfeindliche Politik vor und führte als Beispiel das geplante Nichtraucherschutzgesetz an, das die Existenz von bis zu 4.000 Gastronomen gefährde. Und dass das dritte Kindergartenjahr zwar beitragsfrei sei, es aber an Tausenden Kita-Plätzen fehle, zeuge von einer „falschen Prioritätensetzung“, sagte Lindner. „Sie haben gesagt, Sie wollen alle mitnehmen. Sie haben nicht gesagt, wohin“, fasste der FDP-Mann Krafts Regierungserklärung zusammen und lieferte gleich ein paar Vorschläge dazu: „In den Umverteilungsstaat? In den Bevormundungsstaat?“
Die umfassende Kritik ließen die beiden Redner der Koalitionsfraktionen, Norbert Römer (SPD) und Reiner Priggen (Grüne), nicht auf sich sitzen. So sagte Römer in Richtung von CDU-Mann Laumann, dass dieser konkrete Vorschläge schuldig geblieben sei. Während die schwarz-gelbe Bundesregierung wie ein „Trümmerhaufen“ agiere, setze Rot-Grün in NRW auf „zielorientierte“ und „solide“ Politik. In Richtung Lindner warf Priggen den Liberalen vor, angesichts der propagierten „Austrocknung“ des Gymnasiums einen „Stellungskrieg“ im Bildungssektor zu führen.
Zum Ende der fünfstündigen Debatte wies stellvertretend für die Landesregierung noch einmal Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) zahlreiche Vorwürfe der Opposition zurück und kündigte ein „ehrgeiziges Sparprogramm“ an. Die von allen Seiten attackierte Ministerpräsidentin verfolgte die Debatte von der Regierungsbank aus und meldete sich nur mit ein paar Zwischenrufen zu Wort.
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Autor: Christian Wolf/ dapd | Foto: Partick Sinkel
