Video von der Festnahme Nawalnys im Jahr 2021 (Archiv). | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Moskau | aktualisiert | Kreml-Kritiker Alexei Nawalny ist nach Angaben russischer Behörden tot. Weiteres in Kürze bei report

Russische Behörden melden Tod von Alexei Nawalny

Kreml-Kritiker Alexei Nawalny ist nach Angaben russischer Behörden tot. Der „verurteilte Oppositionelle“ sei in der Justizvollzugskolonie Nr. 3 „Polar Wolf“ gestorben, teilte die Gefängnisverwaltung im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen am Nordpolarmeer am Freitag mit.

Und so lautet die offizielle Erklärung: Nawalny habe sich nach eine Spaziergang unwohl gefühlt und das Bewusstsein verloren. Es sei sofort medizinisches Personal und ein Krankenwagen gerufen worden. Laut weiterer russischer Medienberichte haben forensische Experten angeblich bereits festgestellt dass bei Nawalny ein Blutgerinnsel aufgebrochen sei. „Ärzte versuchten, den Verurteilten wiederzubeleben, doch er starb, ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen“, hieß es in Medienberichten.

Auf Nawalny war in Russland 2020 ein lebensgefährlicher Giftanschlag verübt worden. Nachdem er sich in Deutschland hatte behandeln lassen, wurde er bei der Rückkehr nach Russland Anfang 2021 inhaftiert und musste seitdem eine langjährige Gefängnisstrafe absitzen. In Russland sterben immer wieder Oppositionelle unter teils rätselhaften Umständen. Der Kreml hat eine Beteiligung daran immer wieder zurückgewiesen.

Reaktionen der deutschen Politik auf „X“

Dietmar Bartsch, MdB die Linke zum Tode Nawalnys auf „X“: „Alexej Nawalny ist Medienberichten zufolge tot. Sein erschütternder Tod geht auf das Konto Moskaus, das Putins schärfsten Kritiker eingekerkert hatte. Das ist zweifelsfrei ein politischer Mord, wie er nur unter Despoten möglich ist. Abscheulich! RIP“

„Alexej #Nawalny hat für ein demokratisches Russland gekämpft. Putin hat ihn dafür zu Tode gequält. Das ist ein neuer, erschütternder Beleg für den verbrecherischen Charakter dieses Regimes. Alexej wird über seinen Tod hinaus allen weiter Hoffnung geben, die für ein anderes Russland kämpfen“, sagte Christian Lindern auf „X“.

Kundgebungen in NRW

Heute in Bonn und in Düsseldorf Kundgebungen. Die Organisation Freies Russland NRW kündigt für heute Abend in Bonn und in Düsseldorf Gedenk- und Protestkundgebungen an. Um 17 Uhr wird es eine Kundgebung vor dem Generalkonsulat der Russischen Föderation in Bonn geben. Um 19 Uhr soll es eine weitere Kundgebung auf dem Düsseldorfer Marktplatz geben.

Es spiele keine Rolle, ob man Nawalny mochte oder seine Politik unterstützte, so die Initiatoren der Kundgebungen. Weiter heißt es: „Sein vermutlicher Tod im Gefängnis ist eine Tragödie und eine Schande für Russland. Er hätte nicht im Gefängnis sein dürfen, er hätte nicht auf Putins Befehl langsam und systematisch gefoltert und getötet werden dürfen. Die deutsche Regierung muss eine entschiedene und harte Reaktion auf diesen politischen Mord zeigen. Auch dafür erheben wir heute unsere Stimme. Unser tiefstes Beileid gilt der Familie und den Angehörigen von Alexej.“

Merkel zeigt sich bestürzt über Tod Nawalnys 

Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bestürzt über den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny gezeigt. „Die Nachricht vom Tode Alexei Nawalnys erfüllt mich mit großer Bestürzung“, sagte sie der „Bild“ (Samstagausgabe). „Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands.“

Es sei „furchtbar, dass mit ihm eine mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht wurde“, so Merkel. „Meine Gedanken sind bei seiner Frau, seinen Kindern, seinen Freunden und seinen Mitarbeitern.“

Zuvor hatte sich bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „zutiefst bedrückt“ gezeigt über den bislang von Nawalnys Anwälten nicht bestätigten Todesfall. „Er hat sich in Russland für Demokratie und Freiheit eingesetzt und offenbar seinen Mut mit dem Leben bezahlt“, schrieb Scholz auf der Plattform X, vormals Twitter. „Die furchtbare Nachricht zeigt einmal mehr, wie sich Russland verändert hat und was für ein Regime in Moskau regiert.“

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gab indirekt dem russischen Regime die Schuld an Nawalnys Tod. „Wie kaum ein anderer war Alexej Nawalny Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben“, schrieb sie auf X.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigte sich „erschüttert mich bis ins Mark“. Nawalny habe „sein Leben verloren in seinem Einsatz für ein besseres Russland“, so Habeck. „Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte. Mehr als sein eigenes Leben.“

Trotz Lebensgefahr sei Nawalny nach Russland zurückgekehrt, erklärte der Wirtschaftsminister. „Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen. Meine Gedanken sind jetzt bei seiner Frau Julija Nawalnaja und allen, die wie Alexej Nawalny für ein freies Russland kämpfen.“

Auch aus den Parteien kamen bestürzte Reaktionen. SPD-Chef Lars Klingbeil schrief auf X, Nawalny habe „für ein anderes Russland gekämpft und dafür mit seinem Leben bezahlt“. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz erklärte, damit habe man rechnen müssen. „Und trotzdem ist die Nachricht, wenn sie denn kommt, schockierend“, sagte er am Freitag dem TV-Sender „Welt“ bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

„Nawalny war in Deutschland, er hätte hier bleiben können. Er ist freiwillig zurückgegangen nach Russland, um dort für Freiheit und Demokratie zu kämpfen, und bezahlt diesen Kampf jetzt heute mit seinem Leben“, so der CDU-Chef. Das werfe ein „Schlaglicht auf dieses Regime, auf Putin und seine Regierung“, in dessen Haft Nawalny gestorben sei. „Es ist ein Regime des Terrors, der Unterdrückung, der Verletzung der Menschenrechte und des täglichen Terrors gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine.“

Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich ebenfalls bestürzt über Nawalnys Tod. „Für seine Sicherheit war und bleibt der Kreml verantwortlich“, schrieb er auf X. „Sein Mut lebt weiter in den Menschen, die sich gegen die russische Diktatur stellen.“

Co-Chefin Ricarda Lang erklärte, Nawalny habe für ein Russland der freien Meinungen und der fairen Wahlen gestanden. „Niemand darf sich über Putins mörderische System täuschen.“

Linken-Chef Martin Schirdewan sprach von einem „politischen Mord mit Ansage“. Die Schuldigen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Aufklärung wird es nur geben, wenn sie international geführt wird“, so der Linken-Chef.

„Wer sich im heutigen Russland als Oppositioneller oder Kriegsgegner engagiert und Putin die Stirn bietet, setzt Leben, Gesundheit und Freiheit aufs Spiel.“ Russland müsse seine politischen Gefangenen freilassen. „Ich fordere die Freilassung von Boris Kagarlizki und den vielen anderen“, so Schirdewan.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), machte den russischen Präsidenten verantwortlich. „Alexej Nawalny wurde ermordet vom feigen Diktator Putin“, sagte Hardt der „Welt“ (Samstagausgabe). Nawalnys Tod sei eine „Tragödie und ein Verlust für die Demokratiebewegung und die Menschenrechte in Russland“.

Nawalny sei eine große Gefahr für Putin gewesen, weil er eine andere Seite Russlands gezeigt habe. „Von Verantwortung statt von Größenwahn beseelt“, sagte Hardt. „Für Nawalny hatte das Individuum immer einen Wert, und weiter kann man sich kaum entfernen von Putins Regime. Deshalb musste er Jahre in Straflagern verbringen, deshalb wurde er vergiftet, und deshalb kam er nun schlussendlich ums Leben.“

Michael Link, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender, sprach von neuer Tiefpunkt für die russische Zivilgesellschaft. „Es zeigt sich einmal mehr: Putin fürchtet nichts mehr als Demokratie und freie Meinungsäußerung“, so Link. „Seine diktatorische Herrschaft kann er nur zementieren, indem er seine Gegner ermorden lässt. Dabei schreckt er vor keinem Verbrechen zurück.“

Die anstehenden Präsidentschaftswahlen seien eine Farce. „Den brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt Putin nur, um seine neoimperialistischen Großmachtfantasien zu befriedigen und von der Unterdrückung im Inneren abzulenken“, so Link. „Nawalnys Schicksal muss uns allen eine Warnung sein, mit all unserer Macht für Freiheit und Menschenrechte einzutreten und Freiheitskämpfer weltweit zu unterstützen und zu schützen.“

Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sieht ein Muster. „Mord gehört für Putin zur politischen Methode“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). „Vergiftet, verfolgt und in Isolationshaft gesteckt – am Beispiel Alexej Nawalnys wird auf erschreckende Weise deutlich, wie der russische Präsident mit politischen Gegnern umgeht.“ Umso mehr bewundere er, „mit welchem Mut Alexej Nawalny Korruption aufgedeckt und für politische Alternativen in Russland gekämpft hat“, sagte Hofreiter.

Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, äußerte sich ähnlich. „Putin handelt wie ein Mafia-Pate, ganz in der Tradition Stalins: hin und wieder ein Auftragsmord, um kritische Geister, die seine Allmacht infrage stellen, einzuschüchtern“, schrieb er auf X. „Russland ist eine Diktatur aus dem Lehrbuch.“