Berlin | Die Gefahr neuer Streiks bei der Deutschen Bahn (DB) ist laut Informationen der „Welt“ nach der Verständigung mit der Lokführergewerkschaft GDL auf eine Schlichtung nicht gesunken – im Gegenteil. Neue Arbeitskämpfe mit der GDL sind nicht vom Tisch, und ein Ausstand der größeren Bahngewerkschaft EVG ist durch die Einwilligung der Lokführergewerkschaft in eine Schlichtung sogar noch wahrscheinlicher geworden. Denn die EVG will nicht hinnehmen, dass die GDL zu einem späteren Zeitpunkt andere und günstigere Bedingungen mit der Bahn aushandelt als sie selbst.
Das sagte ein EVG-Sprecher der „Welt“ vor Beginn der finalen Verhandlungsrunde mit der Arbeitgeberseite Donnerstagnachmittag in Berlin. Auch der Vorsitzende des Beamtenbundes (DBB), Klaus Dauderstädt warnte vor einer neuen Eskalation. Der „Welt“ sagte er, es bestehe die Gefahr, dass die EVG nach einem Tarifabschluss versuchen werde, gegebenenfalls später getroffene Vereinbarungen der GDL mit der Bahn, die besser als die selbst ausgehandelten seien, übernehmen zu wollen.
Die Lokführergewerkschaft könne zwar unbeeinflusst von der EVG mit der Bahn in die Schlichtung gehen. „Aber natürlich schafft ein Tarifabschluss der anderen Gewerkschaft Fakten. Man verhandelt in einer Situation, in der für die Mitarbeiter, um die es geht, bereits zum Teil geltendes Tarifrecht besteht. Für diesen Fall erwarte ich Konfliktpotenzial“, sagte Dauderstädt. „Es ist immer ein Risiko, wenn man mit zwei Gewerkschaften, die identische Berufsgruppen vertreten, zeitversetzt verhandelt.“ Tatsächlich kann die GDL versuchen, das Verhandlungsergebnis der EVG, das am Freitag präsentiert werden soll, in ihren darauffolgenden Gesprächen mit der Bahn zu übertrumpfen.
„Einen solchen Fall werden wir unter keinen Umständen akzeptieren“, sagte ein EVG-Sprecher der „Welt“. „Unser Ziel sind kollisionsfreie Tarifverträge, also inhaltsgleiche Abschlüsse. Wir wollen keine Spaltung der Belegschaft.“ Sollte die GDL in ihrem Abschluss mit der Bahn Ergebnisse erzielen, die von denen zwischen Bahn und EVG abwichen, „müsse die Tarifkommission der EVG bewerten, ob die Differenzen graduell und damit annehmbar seien. Falls wir nicht zu diesem Schluss kommen, würden wir uns gezwungen sehen, auch einen schon geschlossenen Tarifvertrag mit dem Arbeitgeber aufzukündigen“, drohte der Sprecher an. Dann müsse erneut verhandelt werden – und um den Gesprächen Nachdruck zu verleihen, sei auch ein Arbeitskampf möglich.
Autor: dts