Köln | aktualisiert | RWE darf den Braunkohletagebau in Hambach im Rheinischen Braunkohlerevier bis 2020 weiter betreiben. Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg genehmigte den Weiterbetrieb des Braunkohlentagebaus im Zeitraum 1. April 2018 bis 31. Dezember 2020. Diese Genehmigung schließt allerdings ein, dass der Hambacher Forst erst ab 1. Oktober 2018 gerodet werden darf. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen sprechen von einem fatalen Zeichen für den Umwelt- und Klimaschutz. Der BUND hat Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt, dass jetzt über die Zulässigkeit entscheiden muss.

Hätte die Bezirksregierung Arnsberg die Hauptbetriebsplanzulassung nicht zum ersten April verlängert, so wäre diese am 31. März ausgelaufen. Die RWE Power AG hatte diese neue bergrechtliche Erlaubnis beantragt. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat diesen Antrag angefordert.

Die Bezirksregierung Arnsberg teilt im Rahmen der Hauptbetriebsplanzulassung bis 31. Dezember 2020 mit, dass man noch einmal die naturschutzrechtliche Bedeutung des Hambacher Forstes überprüft habe, vor allem ob die noch vorhandenen Waldflächen in das europaweite Gebietsschutznetz Natura 2000 aufgenommen werden müssen. Die Bezirksregierung in Arnsberg verneint dies mit dem Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2017, dass allerdings noch nicht rechtskräftig ist. (VG Köln AZ. 14 K 1282/15)

Gegenstand des Verfahrens waren die Zulassungen des Hauptbetriebsplans bis 2017 und des 3. Rahmenbetriebsplans von 2020 bis 2030. Der Hauptbetriebsplan erlaubt unter anderem die sogenannte Vorfeldräumung und Waldrodung, so der BUND. Er erfasst Teile des Hambacher Waldes. Das Gericht wollte der BUND-Argumentation nicht folgen, wonach im Zulassungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte durchgeführt werden müssen. Daneben, so die BUND-Überzeugung, untersteht der Hambacher Wald auch wegen des dortigen Vorkommens des Lebensraumtyps Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald und der Bechsteinfledermaus beziehungsweise anderer Arten dem Schutz eines potentiellen FFH(Flora-Fauna-Habitat)-Gebiets.

Im Oktober 2017 hatte die RWE mit Rodungarbeiten im Hambacher Forst begonnen, ohne das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln abzuwarten. Unmittelbar nach der Klageabweisung hatte der BUND beim Oberverwaltungsgericht (OVG) eine Zwischenverfügung für einen Rodungsstopp im Hambacher Wald erwirkt. Denn im Winter darf gerodet werden. Das OVG sah „gewichtige fachliche Anhaltspunkte“ für die Existenz eines FFH-Gebietes im Hambacher Wald. In der Folge hatte das Land NRW keine neue Rodungserlaubnis erteilt.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der BUND Berufung beim OVG Münster beantragt und dies ist am 15. März dort eingegangen (AZ. OVG Münster 11A 1137/18). Das Gericht wird nun die Zulässigkeit prüfen und hat dem BUND bis 4. Mai Zeit gegeben, seinen Antrag zu begründen.

Die Bezirksregierung Arnsberg argumentiert in ihrer Begründung zur Zulassung des Hauptbetriebsplans: Da das Urteil aber bislang nicht rechtskräftig geworden ist, wurde der Habitatschutz vorsorglich nochmals eingehend und intensiv geprüft. Im Ergebnis bestätigte sich hierbei, dass weder aus rechtlichen noch aus naturschutzfachlichen Gründen eine solche nachträgliche Schutzgebietserweiterung notwendig ist. Die bereits vorhandenen Schutzgebiete sind ausreichend, um Arten und Lebensräume zu schützen. Wer dies festgestellt hat, bleibt allerdings offen, bzw. wird von der Bezirksregierung nicht transparent dargestellt. Es soll auch eine Arbeitsgruppe „Bewahrung der Vorkommen von Fledermäusen im Bereich des Tagebaus Hambach und seinem Umfeld“ geben, die ein von der Bezirksregierung Arnsberg erarbeitetes artspezifisches Monitoring seit 2004 durchgeführt und die Ergebnisse in speziellen regelmäßigen Monitoringberichten dokumentiert hat. Zu welchen Ergebnissen diese kam und wie sich diese mit der Zulassung des Hauptbetriebsplans verträgt, bleibt allerdings im Dunkeln. Allerdings hat die Bezirksregierung Arnsberg festgestellt, dass Rodungen erst ab Oktober 2018 statthaft seien. Der Grund dafür sei der Naturschutz. Nun ist die Frage, wann das OVG Münster entscheidet und dann nicht schon die Rodungsarbeiten begonnen haben. 

Mona Neubaur, Vorsitzende der NRW Grünen sagt heute: „Die Entscheidung der Bezirksregierung Arnsberg ist ein fatales Zeichen für den Umwelt- und Klimaschutz. RWE kann jetzt den Braunkohleabbau ungebremst fortsetzen. Die anstehenden Rodungen bedeuten damit dann wohl das endgültige Todesurteil für den uralten Hambacher Wald. Einen Wald, in dem über 300 Jahre alte Bäume stehen, der vielen teilweise bedrohten Tierarten ein zu Hause bietet. Bitter an dieser Entscheidung ist, dass Deutschland mit dem Festhalten am Braunkohleabbau die selbst gesteckten Verpflichtungen für den Klimaschutz verfehlen wird. Zwei Drittel der Menschen in Nordrhein-Westfalen sind für einen schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung und für die Chancen einer umweltfreundlichen und zukunftsfesten Energieversorgung. Dass Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes in der Abwägung der Bezirksregierung hintenüberfallen, ist ein fatales Zeichen.“

Thomas Kremerkemper vom BUND kritisiert die Intransparenz mit der die genehmigende Behörde, die Bezirksregierung Arnsberg agiert. So gibt es keine Möglichkeit die Antragsunterlagen, die der Genehmigung zu Grunde liegen einzusehen. Der BUND fordert seit längerem die Herausgabe der Unterlagen, aber dies wird ihm verweigert. Es entstehe der Eindruck, dass man bei der Bezirksregierung alles unter der Decke halten wolle, da wichtige Entscheidungsgrundlagen der Öffentlichkeit vorenthalten werden. Der BUND hat der Bezirksregierung Arnsberg jetzt eine Frist bis zum 9. April zur Herausgabe der Unterlagen gestellt. Nur mit diesen Unterlagen könne man prüfen, ob und wie man Rechtsmittel gegen ergangenen Bescheid der Bezirksregierung einlegen könne. Kremerkemper sagt auch, dass der BUND das Gutachten zum Naturschutz nicht kenne und bezweifelt, ob dies von unabhängigen Experten erstellt wurde. Beim BUND befürchtet man, dass das Naturschutzgutachten von RWE selbst in Auftrag gegeben wurde.

Autor: Andi Goral
Foto: Der Tagebau am Hambacher Forst