Ausschnitt aus dem Buchcover. Foto: Greven-Verlag

Köln Ob Brombeere, Hagebutte oder Nachtigall – all ihre Namen haben ihren Ursprung im Mittelalter. Auch viele Eigennamen leiten sich aus der mittelhochdeutschen Sprache ab – dazu zählen die Loreley genauso wie der Erstligist SV Werder Bremen. Zahlreiche mittelalterliche Wörter sind heute zwar verschwunden, klingen aber dem heutigen Menschen noch durchaus vertraut.

Auch das Jugendwort des vergangenen Jahres, “Goofy”, blickt auf eine spannende Sprachgeschichte. Als “Goofy” bezeichnen Jugendliche eine Person, die besonders tollpatschig und albern ist. Auch die berühmte Comicfigur Goofy wurde zum Sinnbild für einen Tollpatsch. Im Mittelalter bezeichnete man den Kuckuck als “Gouch”. Damals war der Vogel, der seine Eier in fremde Nester legt, das Sinnbild für einen Dummkopf.

80 Wortveteranen erzählen Sprachgeschichte

Der Kölner Literaturwissenschaftler Michael Schwarzbach-Dobson hat für sein Buch “Verschwundene Wörter des Mittelalters – eine Spurensuche” insgesamt 80 dieser Wortveteranen gefunden. “Es ist eine faszinierende Spurensuche im Zauberwald der Wörter. Dem Autor ist nicht nur ein beachtliches und zugängliches sprachhistorisches Werk gelungen, sondern dem Greven-Verlag auch ein wunderschönes Buch”, gibt es bei der Buchpräsentation viel Lob vom aus dem Fernsehen bekannten Sprachforscher Georg Cornelissen.

Eines der gefundenen Wörter ist “trahte”, was im Mittelalter für Speisen oder den Gang einer Mahlzeit verwendet wurde. Bekannt ist dem heutigen modernen Menschen eher eine “Tracht Prügel” oder die alpine “Trachtenmode”. Das mittelhochdeutsche Wort leitet sich vom Verb “tragen” ab und meint daher eine Speise, die bei Tisch aufgetragen wird. Etwa um 1500 änderte sich die Wortbedeutung und bezeichnet nun die Kleidung, die am Körper getragen wird. In der Imkerei gibt es mit dem Wort “Tracht” für die Honigernte der Bienen bis heute eine kulinarische Bedeutung. Was den gewalttätigen Teil der Wortgeschichte betrifft, ist damit wohl ein Gang bzw. eine Portion Prügel gemeint.

Wie aus dem Knappen ein Kellner wurde

Der Vorläufer des Kellners oder des Köbes im Brauhaus war im Mittelalter der “garzun” und stand damals für den Knappen, den Boten oder den Pagen. Seinen Ursprung hat das Wort in der französischen Hofkultur, die auch im deutschsprachigen Raum viele Anhänger hatte. Auch die Sprache wurde gerne adaptiert. So wurde aus dem altfranzösischen “garcon” das mittelhochdeutsche “garzun”. In der heutigen französischen Sprache bezeichnet “Garcon” bis heute den Kellner.

Im Mittelalter stand das Wort “kone” für die Frau und die Ehefrau. Heute ist dieser Begriff komplett verschwunden und wird auch nicht mehr verstanden. Allerdings hat das Wort im Althochdeutschen seinen Ursprung in “quena”, das nicht zufällig an die englische Queen erinnert. Dort wurde die Bezeichnung für weibliche Personen zum Wort für die weibliche Königin. Bei uns ist “kone” im Gegensatz zum Dänischen heute nicht mehr existent. Es hilft aber auch heute noch, die Verbindung zwischen der Queen und der Gynäkologie nachzuvollziehen.

Im kurzweilig verfassten Buch erfährt der Leser zudem, wie aus dem Edelstein eine Brille wurde. Den damals stand der Begriff “Berille” noch für den Namen eines Edelsteins und leitete sich aus dem lateinischen Begriff “beryllus” ab. Der Beryll war ein grüner Smaragd oder auch ein blauer Aquamarin. Später stand das Wort für einen klaren Kristall. Und genau aus diesem wurden später Gläser für Brillen hergestellt.

Erstligist mit Bezug zum Mittelalter

Um noch einmal auf den Namen des Fußballklubs Werder Bremen zurückzukommen, sei noch das mittelhochdeutsche Wort “wert” erwähnt, das für eine Insel stand. So gibt es heute südlich von Köln noch die Inseln Nonnenwerth und Grafenwerth. Im Namen des Erstligisten geht das “Werder” auf eine Halbinsel in der Weser zurück. Während heute das neuhochdeutsche “Werder” nur für eine Flussinsel steht, wurden damit im Mittelalter alle Inseln bezeichnet. Das vom lateinischen Wort “insula” abgeleitete heutige Wort “Insel” gewann erst in der frühen Neuzeit der Oberhand.

Michael Schwarzbach-Dobson (Text), Adèle Verlinden (Illustrationen): Verschwundene Wörter des Mittelalters – eine Spurensuche, Greven-Verleg, 222 Seiten, 22 Euro