Berlin | aktualisiert | Die SPD-Politikerin Franziska Giffey tritt von ihrem Amt als Bundesfamilienministerin zurück. Sie habe in der Kabinettssitzung am Mittwochvormittag um Entlassung bei der Bundeskanzlerin gebeten, teilte ihr Ministerium mit und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Hintergrund ist demnach die Diskussion um ihren Doktortitel. Die CSU kritisiert Giffeys Festhalten an der Kandidatur als Berliner Spitzenkandidatin für das Abgeordnetenhaus. Die SPD will das Familienministerium bis zur Wahl nicht nachbesetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauert den Schritt.

„Ich stehe weiterhin zu meiner Aussage, dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe – so wie ich es vor 12 Jahren für richtig gehalten und mit der wissenschaftlichen Begleitung meiner Arbeit durch eine Professur im Fachbereich Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin abgestimmt habe“, heißt es in einer Stellungnahme der scheidenden Ministerin. Sie bedauere, wenn ihr dabei Fehler unterlaufen seien. Sollte die FU Berlin in der jüngsten Überprüfung ihrer Arbeit zu dem Ergebnis kommen, ihr den Titel abzuerkennen, werde sie „diese Entscheidung akzeptieren“.

Aus dem „andauernden und belastenden Verfahren“ wolle sie aber bereits jetzt Konsequenzen ziehen, so Giffey. Die Diskussion um ihre Doktorarbeit war im Februar 2019 aufgekommen, nachdem bekannt wurde, dass sie aufgrund eines Plagiatsverdachts überprüft werden sollte. Im Oktober 2019 hatte die FU Berlin schließlich bekannt gegeben, der SPD-Politikerin für ihre Dissertation eine Rüge zu erteilen und ihr den Doktorgrad nicht zu entziehen.

Im November 2020 startete die Universität allerdings eine erneute Überprüfung der Arbeit, die inzwischen abgeschlossen ist. Giffey sagte, dass sie bis Anfang Juni Gelegenheit zur Stellungnahme habe, die sie auch wahrnehmen werde. Danach soll das Verfahren komplett abgeschlossen werden.

Giffey ist seit März 2018 Familienministerin. Sie ist zudem Vorsitzende der SPD Berlin, deren Spitzenkandidatin sie bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 ist. Dabei soll es auch bleiben, kündigte Giffey an.

CSU kritisiert Giffeys Festhalten an Berliner Spitzenkandidatur

CSU-Generalsekretär Markus Blume hat den angekündigten Rücktritt von Franziska Giffey (SPD) vom Amt der Bundesfamilienministerin als unzureichend kritisiert. Der Schritt sei „so zwingend wie konsequent“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). „Weniger konsequent ist dagegen, dass sie an ihrer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen in Berlin festhält.“

>Faktisch nehme Giffey nur eine Auszeit, um sich auf den Wahlkampf für den Posten der Regierenden Bürgermeisterin zu konzentrieren, so Blume. Den Rest sollten die Wähler klären.

Bericht: SPD will Familienministerium vor Wahl nicht nachbesetzen

Die SPD will den nach dem Rücktritt von Franziska Giffey frei werdenden Posten der Familienministerin bis zur Wahl offenbar nicht nachbesetzen. Das berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf Parteikreise. Ein anderes Mitglied der Bundesregierung werde die Amtsgeschäfte des Familienministeriums geschäftsführend übernehmen.

Nach der aktuell gültigen Vertretungsregel der Bundesregierung wäre das Bildungsministerin Anja Karliczek von der CDU. Dabei werde es allerdings nicht bleiben, schreibt das RND. Die Regelung werde so geändert, dass ein SPD-Minister übernehmen könne. Im Gespräch sind Arbeitsminister Hubertus Heil und Justizministerin Christine Lambrecht.

Merkel bedauert Giffey-Rücktritt

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit Bedauern auf den Rückzug von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) aus dem Bundeskabinett reagiert. „Ich nehme diese Entscheidung mit großem Respekt, aber ich sage auch: mit ebenso großem Bedauern entgegen“, sagte Merkel am Mittwoch. Sie habe mit Giffey in den vergangenen Jahren „sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet“.

Ähnlich äußerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Ich habe Sie als Ministerin immer sehr engagiert und sachorientiert erlebt“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). „Wir haben über Parteigrenzen hinweg vertrauensvoll zusammengearbeitet und vieles umgesetzt in dieser Legislatur.“

Autor: dts
Foto: Symbolbild