Das Archivbild zeigt die Regierungsbank im Deutschen Bundestag. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Berlin | Die Bundesregierung ist noch über deutlich mehr EU-Dossiers unterschiedlicher Meinung als bisher bekannt. Aktuell herrscht in Berlin bei mindestens 14 EU-Vorhaben Uneinigkeit oder Unklarheit, wie das „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) unter Berufung auf „Regierungskreise“ berichtet.

In jüngster Zeit musste sich Deutschland bei EU-Abstimmungen häufiger enthalten, weil sich die Bundesregierung nicht auf eine Position einigen konnte. Vor allem die FDP blockiert viele EU-Dossiers, weil sie zusätzliche Bürokratie fürchtet.

Zuletzt kündigte die Bundesregierung an, sich bei der EU-Lieferkettenrichtlinie enthalten zu müssen. Das deutsche Votum ist oft entscheidend, weil sich viele Länder daran orientieren.

Offener Streit

Bei den 14 offenen Dossiers ist nicht in allen Fällen ein offener Streit ausgebrochen, bei einigen Gesetzen ist die deutsche Positionierung einfach noch generell unklar. In den meisten Fällen gibt es aber klare, teils lang andauernde, Meinungsverschiedenheiten, insbesondere mit der FDP.

Betroffen sind die Richtlinie zur Plattformarbeit, die Verpackungsverordnung, die Luftqualitätsrichtlinie, die Energiesteuerrichtlinie, die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, die Gentechnik-Verordnung, die Zwangsarbeitsverordnung, die Anti-Geldwäscherichtlinie, die Verordnung zur Behinderung und Bekämpfung von Kindesmissbrauch, die Anti-Diskriminierungsrichtlinie, die Green-Claims-Richtlinie, die grenzüberschreitende Dienstleistungsverordnung und die EU-Behindertenausweis-Richtlinie.

Heil will Enthaltung zu EU-Gesetz zu Plattformarbeit verhindern

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will verhindern, dass sich die Bundesregierung an diesem Freitag erneut bei einem EU-Gesetz enthalten muss. Heil habe, unterstützt von den Grünen, die Verhandlungen über die Richtlinie zur Plattformarbeit noch nicht aufgegeben, schreibt das „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) unter Berufung auf „Regierungskreise“.

Das Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) blockiert die Richtlinie seit längerer Zeit. Aus dem Arbeitsministerium, das die Federführung bei dem Thema hat, heißt es, man setze sich „für eine ambitionierte Richtlinie zur Gestaltung fairer Plattformarbeit ein“.

Die Richtlinie soll die Rechte von Beschäftigten stärken, die ihre Aufträge über Onlineportale erhalten. Mussten die Beschäftigten bislang selbst beweisen, nicht als Selbstständige behandelt zu werden, sollen in Zukunft die Plattformen das Gegenteil beweisen müssen.

Die Richtlinie war schon im Dezember bei einer Abstimmung unter den EU-Mitgliedsstaaten durchgefallen. Die belgische Ratspräsidentschaft hat daraufhin einen abgeschwächten Text erarbeitet. Das Finanzministerium will der Richtlinie aber weiter nicht zustimmen, hieß es in Regierungskreisen: „Daran ändern auch die zuletzt durch die belgische Ratspräsidentschaft vorgebrachten Vorschläge nichts, weil nach wie vor eine Beweislastumkehr EU-rechtlich vorgegeben werden soll.“