Köln | Paul Astor ist ein Berliner Künstler, er zeichnet Portraits – Portraits von Penissen. Diese verkaufte er schon auf zwei Veranstaltungen in Berlin, genau dort, wurde er entdeckt und auf den Schwulen und Lesben-Weihnachtsmarkt Christmas Avenue nach Köln eingeladen. Als er am Mittwoch seine Bude aufgebaut hatte, kamen innerhalb von drei Stunden Polizei und Ordnungsamt. Der Vorwurf: Pornografie. Jetzt sind Teile der Malerei zensiert.

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Im Videointerview: Das Ordnungsamt zensiert die Arbeiten von Paul Astor auf dem Kölner Weihnachtsmarkt Christmas Avenue >
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Man einigte sich, so Künstler Astor darauf, die „heiklen“ Stellen mit weihnachtlichem Goldpapier zu verdecken und damit letztendlich das einzelne Gesamtwerk zu zensieren. Astor: „Das hätte ich von Köln nicht erwartet, dieser Stadt eilt der Ruf voraus liberal zu sein.“ so Künstler Paul Astor.

„Das Tabu passiert in den Köpfen“

Paul Astor weiß, seine Portraits sind ein klarer Tabubruch. Er hat den Spieß absichtlich ein mal umgedreht und erklärt:  „Nackte Frauen werden so viel gezeigt, für Werbung und häufig auch in Positionen die ich als Humanist nicht begrüße.“ Er ist der Meinung seine Bilder seien keine Pornografie sondern Portraits und vor allem Kunst. Er lege den Fokus auf das Heikle und Kritische, auf das Aufsehenerregende und das sei schließlich die Aufgabe der Kunst. Paul Astor betont, dass er mit seinen Kunstwerken niemanden angreifen möchte, seine Bilder seien mit viel Liebe gemacht und das könne man auch sehen.

Das Grundgesetz regelt in Artikel 5 Absatz III die Kunstfreiheit. Dort heißt es entsprechend „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Eine der spannenden Fragen lautet nun, greift das Ordnungsamt der Stadt Köln durch seine Zensur in die Kunstfreiheit ein? Denn bei den Arbeiten von Paul Astor handelt es sich unbestritten um Gemälde, also Malerei. Jeder Cupido wird im Wallraf-Richartz-Museum ohne Altersfreigabe entblösst dargestellt. Wer auf der Seite des Museums die Überblicksseite für Ausstellungen im Internet aufschlägt, findet unter der Headline Barock ein Bild mit Pfau und zwei Frauen mit entblösster Brust. Eine der Frauen fasst der anderen an die linke Brust. Oder denken wir an die üppigen Gemälde eines Peter Paul Rubens. Im Sport- und Olympiamuseum steht eine Skulptur eines Mannes mit nacktem Penis. Ist das Pornographie?

Die Stadt Köln gibt in ihrem Statement gegenüber report-K an, dass einige der Abbildungen von den Ermittlern des Ordnungsamtes beanstandet wurden, da sie gegen §119 Abs.3 des Ordnungswidrigkeitengesetzes verstoßen: Abbildungen mit sexuellem Inhalt werden öffentlich ausgestellt und zugänglich gemacht. Dies soll in diesem Fall anstößig wirken, da auch Kinder und Jugendliche ungehinderten Zugang zur Christmas Avenue haben.

Mit seiner Begründung nimmt das Kölner Ordnungsamt allerdings nur eine Perspektive ein, die den Kunstaspekt der Arbeiten Paul Astors völlig außer Acht lässt. Verfügt das städtische Ordnungsamt und deren Mitarbeiter über so viel Kunstsachverstand und Expertise, dies werten zu können oder diesen Ansatz völlig auszublenden? Eines muss klar dargestellt werden: Nur wer an den Stand von Paul Astor herantritt, wird gewahr, was dort ausgestellt ist. Eilige Passanten oder Besucher der Sparkasse Köln Bonn erkennen den Inhalt des Angebots auf den ersten Blick nicht.

Paul Astor sagt in seinem Videostatement gegenüber report-K, dass er ein solches Vorgehen aus Berlin nicht kenne und in Köln nicht erwartet habe, das gesamte Videointerview finden Sie hier >

Autor: Alessa Maasjosthusmann, Stefan Ehrhardt