Der Screenshot zeigt das grüne Posting zur Aachener Straße.

Köln | Auf der Aachener Straße gibt es ein Problem, das es eigentlich nicht geben müsste: Nein, nicht kölscher Klüngel, das wäre ja noch schöner, denn wo gibt es denn so was, doch nicht im hilljie Kölle. Es gibt einen Kölschen Knoten, nur es fehlt an einem oder einer Grünen, die ihn zerschlägt. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Mal ehrlich machen. Eine Art Glosse und Tatsachenbericht zur Posse um die Verteilung eines ehemaligen Radweges auf der Aachener Straße.

Die Kölner Politik ist rege in der Neugestaltung kölscher Ausfallstraßen. So auch auf der Aachener Straße, knapp hinter dem Rudolfplatz bis zur Moltkestraße. Das ist nun nicht wirklich eine unüberwindbare Entfernung, aber die paar hundert Meter haben es in sich. Die Fakten: Es gibt jetzt nur noch eine Autospur, statt zwei. Thema erledigt und viele sagen gute Entscheidung. Dafür fahren die Radfahrer:innen jetzt auf der freigewordenen Autospur. OK, klar und gut.

Und ab hier wird es verzwickt, obwohl es das eigentlich nicht ist. Denn jetzt ist ja der Radweg neben dem Bürgersteig freigeworden. Platz mitten in der Stadt, das weckt Begehrlichkeiten. Nun hat der europäische Mensch in Paris einen Meter hinterlegt. Was uns wiederum dazu bringt, dass ja auch ein berühmter kleiner Franzose einst über die Aachener Straße von Aachen kommend, Colonia Claudia Ara Agrippinensium besuchte. An der Hahnentorburg wird dies bezeugt. Für History-Fans: Im September 1804 besuchte Kaiser Napoleon Bonaparte mit seiner Frau Joséphine de Beauharnais die linksrheinischen Gebiete und eben auch Köln, die seit 1792 sukzessive von den Franzosen erobert worden waren. Köln putzte sich dafür extra heraus. Aber das ist eine andere Geschichte.

Also einfach wäre es gewesen nun zu messen, mit einem Abkömmling des Ur-Meter, den die Franzosen so liebevoll „mètre des archives ‚Archivmeter’“ nennen. Ein Politiker der FDP tat dies und seine Messergebnisse im sozialen Medium Facebook kund und sorgte für die Problembeschreibung. Denn die Kölner Grünen, die sonst schon einmal gerne Falschparker mit mitgebrachtem Meterstab, so geschehen in Ehrenfeld, ausmessen im Beisein des Ordnungsamtes, das auch gleich noch eine Rolle im Drama spielen wird, taten dies anscheinend nicht. Vielleicht findet sich jemand der den Kölner Grünen in der Innenstadt einmal ein entsprechendes Werkzeug spendet.

Der FDP-Politiker nahm Maß und stellte fest, dass von Hauswand bis Bordsteinkante inklusive Fußgängerweg und Ex-Radweg exakt 4 Meter an einigen Stellen in besagtem Teil der Aachener Straße zu ermessen sind. 4 Meter, so breit wollen die Grünen den Bürgersteig machen, wegen Barrierefreiheit und so. Jetzt tummelt sich auf diesem Streifen Aachener Straße aber auch noch die Gastronomie, die in diesem Teil des Belgischen Viertels sich äußerster Beliebtheit erfreut. Napoleon konnte übrigens noch nicht etwa einkehren, denn dort war Verteidigungsring vor der Hahnentorburg. Nun gibt es also einen Konflikt zwischen breiter Fußgängerflaneurmeile und lecker Kölsch und was es sonst dort noch so gibt. Ein Kölsches Dramolett beginnt.

OK, denkt der Kölsche und der Immi, den Pimmok als ollen Miesepeter außen vorgelassen, eigentlich schön, wenn ich zo Fooss zum Kölsch in der Aachener Straße jon kann. Nun würden einfachere Gemüter sagen: gut, dann teilt den Raum auf und stellt fest, wer welchen Platz erhält und trefft Euch danach alle zum Kölsch. Aber so ticken Bezirkspolitiker:innen in Köln nicht, denn das ist alles viel komplizierter. Die brauchen eine aktuelle Stunde in der Bezirksvertretung Innenstadt um dem Dramolett gehörig Debattenraum zu verschaffen. Drama statt Dramolett in mindestens epischer Breite ist zu erwarten.

Da die Sache aber in der Öffentlichkeit nicht so rund läuft, braucht es gute Stimmung und für die sorgen die Grünen, wo? In Facebook, dem sozialen Medium, wo alle alles sagen dürfen und niemand mehr in der Lage ist einen Faktencheck zu machen oder vielleicht auch gar nicht will. Jugendlich flott formulieren die Grünen: „Droht der Außengastro auf der Aachener Straße wirklich das aus?* – *Spoiler: Nein“. Echt Cool, so ne Jugendsprache.

Dort teilen die Grünen mit: nein, der Außengastro droht nicht das Aus. Dabei waren sie es, die den Beschluss vier Meter Breite des Gehwegs initiiert hatten. Und in Deutschland ist das ja so: Da gibt es einen Rechtsstaat. Die Politik setzt den Rahmen, dann gibt es einen Beschluss und die Verwaltung setzt um. Heißt im Klartext ohne Spoiler: Vier Meter sind vier Meter Fußweg, steht dort ein Stuhl, ein Tisch und darauf ein Kölschglas, dann muss der, die und das weg. Und wenn die Kölschen eines wissen: Wat fott es, es fott. Artikel 4 kölsche Verfassung ist gleich Grundgesetz.

Hier kommt das Ordnungsamt wieder ins Spiel. Das wissen auch die Grünen. Aber jetzt kommt das grüne Facebook-Sandmännchen und streut ganz viel grünen Sternenstaub: So schreiben die Grünen in ihrem Facebook-Post: „eine Reduzierung der Außengastronomie verhindert das von den Grünen Bezirksvertreter*innen in der Innenstadt angestoßene Moratorium, dem der Rat im Juni gefolgt ist, das besagt, dass die Kontrollen der überholten und veralteten Kriterien zur Gestaltung der Außengastronomie ausgesetzt werden…“

Hui, da sollten die grünen Bezirksvertreter vielleicht noch einmal die Sitzung des Kölner Rates nachsehen oder bei report-K den Rats-Liveticker nachlesen: Der Kölner Rat hat beschlossen, „dass die Regelungen des Abschnitts H7 – Außengastronomie des Gestaltungshandbuchs – Gesamtstrategie für den öffentlichen Raum der Stadt Köln werden mit Ausnahme der die Barrierefreiheit betreffende Regelungen unter Punkt H7.1 bis zum Beginn der Außengastronomiesaison 2023 außer Kraft gesetzt werden.“

Huch, Barrierefreiheit. Barrierefrei ritt Napoleon in die Stadt ein, obwohl es den Festungsring gab. Dazu posten die Kölner Grünen ins geduldige Facebook – zur Franzosenzeit war nur Papier so geduldig: „was vorher Radweg war kommt jetzt den Fußgänger:innen zugute, damit sich die Situation auf der Aachener Straße entspannt (auch im Sinne der Barrierefreiheit). Und neue Sondernutzungserlaubnisse werden ausgestellt, wenn eine Restgehwegbreite von vier Metern besteht.“ Danke liebe Grüne, aber müsste sich Politik nicht eigentlich fremdschämen, wenn sie einen sachfremden Moratoriumsbeschluss als Ausflucht nutzt, der da gar nicht passt? In dem Morataoriumsbeschluss geht es etwa um die Farbe von Stühlen!

So, diese faktenbasierte Glosse ist deshalb so lange, damit klar wird, wie umständlich Kölner Politik sein kann. Denn es ginge auch ganz einfach und das fordern Kölner:innen. So formuliert es einer von ihnen: „Besser wäre doch, einmal klar zu sagen, welche Flächen für Gastro und Fußgänger jetzt auf der Aachener zur Verfügung stehen und wie die gewonnene Fläche durch Rückbau Radweg zwischen den beiden Nutzungen aufgeteilt werden könnte ohne die Außengastro zu beeinträchtigen. Was ist da so kompliziert?“

Also liebe Grüne, den Meterstab mit dem sonst Falschparker ausgemessen werden, einfach mal einpacken, auf die Aachener fahren, messen und klar machen, was die Bürger fordern. Das Kölsch anschließend sei herzlich gegönnt. Damit könnte der Kölsche Knoten Aachener Straße einfach zerschlagen werden. In der dann nicht mehr nötigen aktuellen Stunde könnten ja alle Bezirksvertreter:innen singen: Och, wat es dat schön doch en Colonia 2022* – *Spoiler: Zwinkersmiley.

Zu dem Thema gab es auch schon Berichterstattung bei report-K