„Die Wut als Chance für Veränderung“
Von Stephan Eppinger
Köln | In Österreich ist die Salzburger Indieband Please Mary gerade als Chartsstürmer erfolgreich. Am Freitag, 15. Oktober kommen die Musiker ab 19 Uhr ins Blue Shell an der Luxemburger Straße 32 und präsentieren die Songs vom neuen Album „Angry Boys, Angry Girls“. Wir haben vorab mit Schlagzeuger Niklas Mayr gesprochen.
Wie erleben Sie als Band gerade die Situation?
Niklas Mayr: Wir sind wirklich glücklich. Es gibt ein neues Album und wir können damit auf Tour gehen. Die äußeren Bedingungen sind noch etwas anders als üblich. In jedem Bundesland gibt es andere Corona-Regeln. Mal muss Maske getragen werden, mal nicht. Aber lieber sind wir so unterwegs, als wieder auf Auftritte zu verzichten.
Was hat sich beim dritten Album von Please Madame verändert?
Mayr: Wir haben uns bei der Arbeit mehr Zeit gelassen und wir haben bei den neuen Songs mehr zugelassen. Die Pandemie hat uns bei der Produktion des Albums ein Jahr zusätzliche Zeit geschenkt. Normalerweise hätten wir deutlich mehr Zeitdruck gehabt. Bei der Musik haben wir uns weniger Grenzen gesetzt und waren beim Genre noch offener als sonst. Die bisherigen Alben waren sehr gitarrenlastig. Jetzt hat der Synthesizer mehr Raum bekommen. Dazu kamen neue Instrumente wie akustische Gitarren sowie Streicher und Bläser. Bei den Themen ist das aktuelle das wohl gesellschaftskritische und persönlichste Album von uns.
Wie kam es zum Titel „Angry Boys, Angry Girls“?
Mayr: Das ist ein Titel, der direkt anspricht und der auch viel aussagt. Die Wut war das ganz zentrale Thema beim Album. Dabei ist Wut nicht nur in einem negativen Sinn gemeint. Wut hat das Potenzial, als verändernde Kraft zu wirken. Greta Thunberg war zunächst wütend und aus dieser Wut ist dann die „Fridays for Future“-Bewegung entstanden und groß geworden. Dieses Leitthema findet sich in den Texten und auch in der Musik immer wieder. Es geht um politische und um gesellschaftliche Wut. Dazu gehört auch die Wut auf die Politik, die trotz des Klimawandels nicht bereit ist, etwas bei ihrer Umweltpolitik zu ändern. Das ist ein Thema, das Deutschland und Österreich genauso wie die ganze Welt betrifft. Das gilt auch für andere Themen wie den Alltagsrassismus oder die Gleichstellungsdebatte. Da muss gesellschaftlich noch viel aufgearbeitet werden. Wut gibt es aber auch im ganz persönlichen Bereich, wenn man zum Beispiel auf sich selbst wütend ist, weil man sich nicht gut genug fühlt oder etwas besser machen will. All diese Themen spiegeln sich auf dem Album wider.
Wie waren die Vorbereitungen für die Tour?
Mayr: Wir haben schon die ersten Konzerte gespielt. Davor haben wir ganz klassisch geprobt und müssen jetzt bei der Tour vor Ort jeden Tag andere Regeln umsetzen. Das bringt etwas mehr Aufwand mit sich, ist aber für uns in Ordnung. Wichtig ist nur, dass wir endlich wieder live spielen können.
Wie unterscheidet sich die deutsche von der österreichischen Indieszene?
Mayr: Ein zentraler Unterschied ist die Größe der Länder und die damit verbundene Größe der Musikszene. In Österreich ist das musikalische Leben selbst in der Hauptstadt Wien wie in einem Dorf. Jeder kennt jeden und jeder hat mit fast jedem auch mal gespielt. Gerade deutsche Bands wie zum Beispiel die Leoniden haben bei uns eine große Bedeutung. Die laufen bei uns im Radio rauf und runter. Auch wir waren schon bei vielen solchen Konzerten als Zuschauer in der ersten Reihe. Für uns selbst als Band findet der Großteil der Konzerte in Deutschland statt.
Welche Rollen haben Bands wie Wanda oder Bilderbuch für die Szene?
Mayr: Diese Bands haben in den vergangenen gut fünf Jahren viel bewirkt. Sie haben auch andere Bands mit ihrem Erfolg unterstützt und uns neu Wege eröffnet. Viele österreichische Bands sind interessanterweise zunächst in Deutschland groß geworden, bevor sie dann auch in Österreich wertgeschätzt worden sind.
Was erwartet die Fans im Blue Shell?
Mayr: Wir holen das nach, was wir in den vergangenen zwei Jahren verpasst haben. Man kennt uns vor allem als Liveband und es ist für uns enorm wichtig, die Songs vom neuen Album auch live zu präsentieren, dafür haben wir die Stücke gemacht. Im Blue Shell gibt es einen bunten Mix von alten und neuen Songs.
Wie gut kennen Sie Köln?
Mayr: Wir waren privat schon öfters in Köln und haben dort auch Konzerte besucht. Am besten kennen wir die Luxemburger Straße, wo das Blue Shell seinen Sitz hat. Dort gibt es eine tolle Clubszene und ein sehr gutes Restaurant. Bei den Konzerten sind hier die Leute immer gut drauf.