Proteste vor dem Neven Dumont Haus in Köln: Ehemalige Mitarbeiter der hauseigenen Druckerei des Kölner Verlags Dumont ("Kölner Stadt-Anzeiger", "Kölnische Rundschau", "Express") protestieren am 12. Oktober 2023 vor dem Verlagshaus in der Amsterdamer Straße in Köln gegen ihre plötzliche Entlassung. Zuvor waren rund 200 Angestellte durch das Management ohne jede Vorwarnung auf die Straße gesetzt und der Zeitungsdruck in eine Druckerei bei Koblenz ausgelagert worden. Die Herausgeber Isabelle Neven DuMont und Christian Dumont Schütte ließen den Betroffenen ihr persönliches Bedauern mitteilen. Foto: IMAGO / Panama Pictures

Köln | Der Betriebsrat von DuMont Druck und das Unternehmen haben sich auf einen Sozialplan und eine Abfindungssumme von insgesamt 7,3 Millionen Euro geeinigt. Darüber berichtet die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Verdi stellt Forderungen an die Politik aus der Abwicklung von DuMont Druck die richtigen Schlüsse zu ziehen und Arbeitnehmer gesetzlich besser zu schützen. Das Unternehmen spricht von einem Gesamtpaket von 21,8 Millionen Euro für DuMont Druck und dem RZZ Versand.

Das passierte im Oktober

Anfang Oktober wurde das Druckzentrum des DuMont Verlages geschlossen. Am Feiertag des 3. Oktober wurde die Produktion der Kölner Tageszeitungen im Print „Kölner Stadtanzeiger“, „Kölnische Rundschau“ und „Express“ sowie die Anzeigenblätter von Köln zum Mittelrhein Verlag nach Koblenz verlagert. Ab dem 4. Oktober die Print-Zeitungen dort gedruckt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DuMont Druck wurden am nächsten Tag freigestellt. Das Unternehmen begründet dies heute damit, dass keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit mehr für die Menschen von DuMont Druck und des RZZ Versand bestand. In der Kölner Öffentlichkeit solidarisierten sich viele Menschen mit den Druckerinnen und Druckern. Sogar der Kölner Stadtrat debattierte in einer aktuellen Stunde und stellte unter anderem die Frage nach sozialer Verantwortung der Familie DuMont. Immerhin hatte der Kölner Stadtrat entschieden Alfred und Hedwig Neven DuMont die Kölner Ehrenbürgerwürde anzutragen.

Hoher Druck auf den Verhandlungen

Verdi spricht von einem hohen Druck unter dem die Verhandlungen zum Sozialplan gestanden hätten. Das Unternehmen hätte mit Insolvenz gedroht, so berichtet es Verdi aus den Verhandlungen. Zudem habe die Geschäftsführung mitgeteilt, dass das Vermögen der Gesellschaft nicht reichen würde die laufenden Gehälter zu bezahlen. Jetzt steht ein Ergebnis fest: 7,3 Millionen Euro Abfindungssumme für rund 200 Beschäftigte und eine Inflationsausgleichsprämie seien vereinbart worden.

„Die Belegschaft hat aufgrund ihrer langen Beschäftigungszeit und wegen des Haustarifvertrags Anspruch auf eine längere Entgeltfortzahlung. Der Verzicht auf tarifliche Leistungen, den sie in den vergangenen Jahren in Kauf nehmen musste, hat dem Unternehmen indirekte Einnahmen in Millionenhöhe beschert. Somit haben die Beschäftigten die Gesellschaft quasi subventioniert, in der Hoffnung auf sinnvolle Investitionen. Im Nachhinein zeigt sich, dass diese Erwartungen nicht erfüllt wurden“, erklärte Gewerkschaftssekretär Viktor Efa in einer schriftlichen Mitteilung.

Das Unternehmen rechnet zusammen

Den Unterschied in den Summen macht die Art wie diese errechnet werden. Das Unternehmen rechnet in das 21,8 Millionen Euro Gesamtpaket die Abfindungen, die Lohnfortzahlungen und die Inflationsausgleichsprämie ein. Denn den Mitarbeitenden wird erst im Januar 2024 gekündigt. Diese sind seit Anfang Oktober freigestellt gewesen, nachdem DuMont Druck über Nacht die Produktion seiner Tageszeitungen nach Koblenz verlegte. Das Unternehmen schreibt, dass die Finanzierung des Gesamtpakets durch einen freiwilligen Beitrag von Gesellschafterseite in Höhe von 15 Millionen Euro ermöglicht worden sei. Das Unternehmen sagt, dass die Verlagerung des Drucks der Kölner Tageszeitungen aus Marktgründen nötig geworden sei. Zudem wolle sich der Verlag zu einem reinen Digitalverlag entwickeln. Das Unternehmen gründete zudem eine Transfergesellschaft, die die Mitarbeitenden von DuMont Druck und des RZ Versandes bis zum Beginn des Jahres 2025 vor Arbeitslosigkeit schützen solle, und diese bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützen.

„Wir freuen uns, dass wir im Sinne aller betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit den Betriebsräten von DuMont Druck und RZZ Versand schnell eine Einigung erzielen und einen Sozialplan aufstellen konnten. Wir sind zuversichtlich, dass viele der Mitarbeitenden dank der umfangreichen Maßnahmen des Sozialplans in absehbarer Zeit in ein neues Beschäftigungsverhältnis eintreten können“, so Thomas Schultz-Homberg, CEO der Kölner Stadt-Anzeiger Medien.

Gewerkschaft kritisch

„Die gezielte Aufteilung des Unternehmens vor fast einem Jahrzehnt, um sich von potenziell kriselnden Sparten zu trennen, wirft moralische Fragen auf. Die Aussage, dass die Mitarbeitenden aufgrund dieser Spaltung keinen Anspruch auf das Vermögen des DuMont Konzerns haben, mag rechtlich korrekt sein, hinterlässt jedoch einen unangenehmen Beigeschmack. Indem der Arbeitgeber seine rechtlich komfortable Position nutzte und direkt oder indirekt mit Insolvenz drohte, zeigt er den langjährig Beschäftigten seine mangelnde Wertschätzung. Wir vermuten, dass der Arbeitgeber ohne die öffentliche Aufmerksamkeit sogar die Möglichkeit genutzt hätte, Beschäftigte ganz ohne Abfindungen zu entlassen. Allerdings führte die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger schließlich zu einem minimalen Kompromiss für die Beschäftigten“, so Efa weiter.

Verdi prüft rechtliche Schritte

Scharfe Kritik übt Verdi nach wie vor an der plötzlichen Freistellung der Mitarbeitenden. Es stehe der Verdacht im Raum, dass die Geschäftsführung die Unterrichtungsrechte des Betriebsrates nicht gewahrt habe. Dieser Verdacht entstünde vor allem durch Äußerungen in einem Mitarbeiterschreiben des CEO. Verdi schreibt: „Angesichts dieser möglichen schwerwiegenden Verstöße gegen das Betriebsverfassungsrecht prüft ver.di straf- und zivilrechtliche Schritte, um sicherzustellen, dass die Rechte und Interessen der Beschäftigten geschützt werden.“ Zudem fordert Verdi die Politik auf geplante und bewusste Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz nicht länger als Kavaliersdelikt zu behandeln, sondern diese stärker straf- und zivilrechtlich zu sanktionieren. Es seien Gesetzesänderungen nötig.