Köln | SERIE | Wer auf der Gleueler Straße in Richtung Innenstadt fährt und auf der rechten Seite am ummauerten Gelände der Universitätsklinik vorbeikommt, wird das fünfgeschossige Haus mit den vielen Balkonen bemerken. Betrieben wird es vom Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Köln. Am 2. September erhält der Vorstand des Vereins den Kölner Ehrenamtspreis. Report-K startet heute seine Serie mit Porträts der Ehrenamtspreisträger 2018.

Bereits seit 14 Jahren sitzt Marlene Merhar dem Vorstand vor, seit 16 Jahren ist sie Mitglied im Vorstand. Zusammen mit anderen betroffenen Eltern kümmert sie sich um allgemeine organisatorische Dinge wie das Management und vor allem die Betreuung von Spendern und Förderern und die ordnungsgemäße Verwendung von Spendengeldern. Nachdem in den frühen 1990er Jahren sich der Verein erst einmal etablieren musste, gehört er heute zum festen Bestand der Universitätsklinik, auch in den Köpfen der Ärzte, mit denen es der Vorstand vorwiegend zu tun hat.

Alle sechs Mitglieder im Vorstand sind betroffen von dem schweren Schicksalsschlag, der Krebserkrankung eigener Kinder. Merhar und ihre Stellvertreterin Monika Burger-Schmidt mussten irgendwann Abschied nehmen. Aber statt sich in ihrer Trauer zu vergraben, entschlossen sich beide, mit ihrem Engagement im Verein anderen betroffenen Eltern Unterstützung zu geben. „Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt, das gibt Kraft“, beschrieb Merhar ihre Motivation.

Das Elternhaus – eine Erfolgsgeschichte

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Nach der Vereinsgründung im Jahr 1990 dauerte es aber noch volle acht Jahre, bis mit der Fertigstellung des Elternhauses der zentrale Baustein – ein Ort, wo Eltern und krebskranke Kinder die schwere Zeit gemeinsam verbringen können – umgesetzt war. Schon Jahre zuvor hatte das Land eine neue Kinderonkologie errichtet, der alte Standort war kein Ort, um gesund zu werden. Schon im ersten Jahr nach der Vereinsgründung haben die Verantwortlichen wesentliche Dinge auf den Weg gebracht, wie die ersten sozialen Maßnahmen für Familien, die durch die Erkrankung des Nachwuchses in finanzielle Notlagen geraten sind. Noch aber mussten Eltern, deren Kinder in der Uniklinik behandelt wurden, in Hotels untergebracht werden, wollten sie ihrem Nachwuchs nahe sein.

Im Jahr 1995 nahm das Projekt „Elternhaus“ dann Gestalt an. Und zwei Jahre nach Fertigstellung des Neubaus für die Kinderonkologie wurde auch das Elternhaus in Betrieb genommen. Die Baukosten von insgesamt rund 4,2 Millionen D-Mark finanzierte der Verein ausschließlich aus Spenden. Nach diesem Meilenstein rückte die so genannte „Nachsorge“ in den Fokus. Zunächst musste der Betrieb des Hauses sichergestellt werden, dann hatte der Vereinsvorstand die anspruchsvolle Aufgabe, den Betrieb des Hauses mit seinen zehn festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachhaltig zu finanzieren. Alleine dafür braucht es pro Jahr rund 400.000 Euro.

„Wir haben über die Jahrzehnte ein sehr intensives und persönliches Verhältnis zu unseren Spendern aufbauen können“, verriet Merhar im Interview. Hinzu kommen weitere Aktion, wie etwa regelmäßig stattfindende Spendengalas oder die Spendenaktion „Dat Kölsche Hätz“ mit einer jährlich stattfindenden Karnevalsveranstaltung. (Dresscode: Spendierhosen).

Die Zahlen nach inzwischen 20 Jahren Elternhaus sind beeindruckend. Von anfänglich knapp 50 hat sich die durchschnittliche Auslastung der 15 Appartements auf inzwischen mehr als 85 Prozent erhöht. Die Aufenthaltsdauer hängt von der Behandlung der Kinder ab, im Durchschnitt sind es zwei Übernachtungen bei knapp 5.000 Gästen. So ist gewährleistet, dass die betroffenen Eltern in kurzer Zeit bei ihren Kindern sind, während sie in wenigen Hundert Metern Entfernung behandelt werden. Und die Appartements garantieren, dass sie während dieser schweren Zeit und womöglich weit vom Wohnort entfernt, ein Privatleben haben.

Nachsorge wird immer wichtiger

Der geschützte Bereich des Elternhauses. Hier finden die betroffenen Familien Ruhe und Unterstützung für die schwere Zeit. Bild: Screenshot

Neben der Unterbringung der Eltern auf dem Gelände der Uniklinik ist die Nachsorge in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Regelmäßig organisiert der Verein gemeinsame Freizeiten, Sommerfeste und Gedenkgottesdienste für diejenige, deren Kinder die Krankheit nicht überlebt haben. Weil ein immer größerer Anteil krebskranker Kinder aufgrund des Fortschritts in Diagnostik und Therapie die Krankheit überlebt, gilt es auch, die mit der Therapie einhergehenden Probleme zu behandeln.

„Hier gibt es einen spezifischen Bedarf, zum Beispiel bei Problemen in der Schule“, erläutert Burger-Schmidt. Ziel der fachkundigen Begleitung, die der Verein finanziert und organisiert, ist es, den Betroffenen schnellstmöglich ein selbstbestimmtes Leben und damit Lebensqualität zurückzugeben. Denn nach der Heilung folgt der Alltag und der ist für nicht wenige eine nicht minder schwere Herausforderung.

Forschungsförderung als „Add-on“

Auch die Forschungsförderung und aktive Unterstützung über Drittmittel gehört zum Portfolio des Vereins. So finanziert der Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Köln unter anderem eine Stiftungsprofessur an der Kölner Uniklinik zum Neuroblastom, einer vor allem bei kleinen Kindern auftretenden Krebsart. Prof. Dr. Matthias Fischer ist zugleich Leiter des Referenzlabors für so genannte „GPOH-Studien“.

In den ersten 25 Jahren ihres Bestehens hat der Verein insgesamt rund drei Millionen Euro für so genannte Drittmittelstellen bereitgestellt. Für den Vorstand ist das ein weiterer wichtiger Baustein ihrer eigenen ehrenamtlichen Arbeit. „Wenn die Forschung damals schon so weit gewesen wäre, würden unsere Kinder möglicherweise heute noch leben“, so Merhar abschließend.

In dieser Woche werden wir weitere Preisträger aus den Kategorien Vereine und Einzelpersonen in lockerer Folge vorstellen. Mehr dazu in Kürze.

Autor: Ralph Kruppa
Foto: Marlene Merhar im Videointerview mit der Redaktion.  Bild: Screenshot