Die Kölner Band Emma6. Foto: Sebastian Weiss

Köln | Am 1. April veröffentlicht die Kölner Indiepop-Band Emma6 mit „Alles Teil des Plan“ ihr viertes Studioalbum.

Am 10. April sind die Musiker live zu Gast im Gebäude 9 an der Deutz-Mülheimer Straße. Gerade veröffentlicht hat das Trio seine Single „Blinder Fleck“. Dafür hat die Band den Verein „Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner“ eine kalte Nacht lange bei der Arbeit für obdachlose Menschen begleitet.

Über die Erfahrungen dabei und über die neuen Songs haben wir mit Sänger Peter Trevisan gesprochen.

Wie erleben Sie gerade die Situation zwischen Pandemie und Krieg?

Peter Trevisan: Man hat das Gefühl, direkt von einer Krise in die nächste zu geraten. Wir sind durchaus eine Band, die auf das blickt, was gerade in der Welt passiert. Anfangs haben wir auf die Klimakrise aufmerksam gemacht. Dann kann die Pandemie und das Thema Klima ist leider in den Hintergrund gerückt.

Jetzt kommt der Krieg in der Ukraine dazu, der uns als Menschen nicht kaltlässt und der Ängste hervorruft. Wir sprechen intensiv miteinander darüber und das Thema wird sicher auch in unsere Songs einfließen. Bei der Pandemie waren wir als Musiker direkt betroffen, da wir nicht mehr live spielen konnten. Unsere Tour mussten wir so schon zweimal verschieben. Jetzt freuen wir uns sehr, dass es endlich losgehen kann.

Wie ist es jetzt, nach der Zwangspause, auf die Bühne zurückzukehren?

Trevisan: Es gab bei uns immer mal wieder zwischen den Touren längere Pausen. Aber die Pandemie-Pause hat jetzt zweieinhalb Jahre gedauert, das gab es so noch nie. Jetzt zurückzukehren, ist schon aufregend. Man hat nicht mehr so die Routine, was das Ganze aber auch durchaus spannend macht. Lust, live zu spielen, haben wir auf jeden Fall und hoffen, dass das unser Publikum genauso sieht.

Dernau im Ahrtal nach der Flutkatastrophe. Foto: Bopp

Die Zwangspause konnten Sie auch für das neue Album nutzen.

Trevisan: Eigentlich war die Veröffentlichung des Albums schon früher geplant. Neben der Pandemie gab es dafür noch einen anderen Grund. Leute aus unserem engeren musikalischen Umfeld waren direkt von der Flutkatastrophe in Ahrtal betroffen. Deshalb mussten wir die Produktion noch einmal verschieben. Letztlich kamen die neuen Songs in kleineren EP-Happen heraus, die sich jetzt mit weiteren neuen Songs zum neuen Album „Alles Teil des Plans“ zusammenfügen.

Sie haben den Kölner Verein „Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner“ bei seinem Einsatz für obdachlose Menschen begleitet. Wie kam es dazu?

Trevisan: Wir haben alle in der Band eine Beziehung zu Köln und haben uns entschieden, als wir den Song „Blinder Fleck“ geschrieben haben, nicht nur über gesellschaftliche Themen zu sprechen, sondern auch konkret zu handeln. So sind wir auf den Verein gestoßen und haben ihn für ein Video bei seiner Arbeit begleitet. Eine anschließende Spendenkampagne hat eine erfreulich hohe Summe für den Verein eingebracht.

Was war das für eine Erfahrung auf den Straßen in Köln?

Trevisan: Am meisten berührt hat uns, dass die Menschen dort so verschieden sind und so verschiedene Geschichten haben. Oft war es ein Schicksalsschlag, der ihr ganzes Leben aus den Angeln gehoben hat. Uns ist es wichtig, mit unserem Song auf dieses Thema aufmerksam zu machen.

Es leben deutlich mehr Menschen ohne ein Dach über dem Kopf auf der Straße, als man denken würde. Wir selbst haben uns bei der Doku eher zurückgehalten und sind im Hintergrund geblieben. Für die Vereinsmitglieder gab es in dieser kalten Nacht in Köln auch schon genug zu tun.

Was kann jeder von uns tun, um zu helfen?

Trevisan: Man kann Vereine mit Spenden bei ihrer Arbeit unterstützen oder auch selbst dort aktiv werden. Es ist aber auch wichtig, die Leute auf der Straße überhaupt als Menschen wahrzunehmen und sie nicht zu ignorieren. Da reicht schon mal aus, diese einfach nur zu grüßen. Dann ist schon viel getan.

Wie blicken Sie auf die Situation der aus der Ukraine geflüchteten Menschen?

Trevisan: Für mich ist dieser Krieg das schlimmste Ereignis, das ich in meinem Leben in Europa erlebt habe. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas im Jahr 2022 mitten in Europa passieren kann. Jetzt ist es wichtig, selbst aktiv zu werden und den geflüchteten Menschen zu zeigen, dass sie bei uns willkommen sind. Sie sind die unschuldigen Opfer einer völlig unnötigen humanitären Katastrophe und brauchen jetzt dringend unsere Unterstützung.

Geflüchteter Junge bei der Friedenskundgebung auf dem Heumarkt (23.3.) Foto: Bopp

Das neue Album ist das vierte von Emma6. Was hat sich verändert?

Trevisan: Die größte Veränderung gab es nach dem zweiten Album, als wir unser Majorlabel verlassen haben. Diese Art Musik zu machen, wollten wir ganz bewusst nicht weiter fortführen. Jetzt passiert alles vom Schreiben über die Arbeit im Studio und das Produzieren in einem kleinen Freundeskreis, ganz ohne Einfluss von außen.

Hat sich die Arbeit an den Songs durch die Pandemie verändert?

Trevisan: So eine große Veränderung gab es nicht. Wir leben inzwischen alle in verschiedenen Städten und jeder arbeitet zunächst von zu Hause aus. Alles wird dann digital ausgetauscht und erst dann kommt man für die Aufnahmen im Studio zusammen. Das war während der Pandemie nicht immer möglich, sodass wir das Album Stück für Stück zusammengetragen haben, wenn die Lage Treffen vor Ort zugelassen hat.

Am 10. April gibt es ein Heimspiel im Gebäude 9.

Trevisan: Solche Heimspiele sind uns sehr wichtig. Köln ist für nach wie vor eine Homebase, auch wenn inzwischen nur noch Dominik hier wohnt. Bei den Konzerten kommen Familienmitglieder genauso wie Freunde, Bekannte und musikalische Wegbegleiter. Das ist wie bei einem großen Familientreffen. In diesem Jahr ist Köln außerdem auch unser Tourabschluss und unsere Premiere im Gebäude 9, das wir bislang nur als Besucher von Konzerten kennen.