Köln | Ohne eine Einbindung in die übergeordnete europäische Energiepolitik werde die deutsche Energiewende Stückwerk bleiben. Das erklärte EU-Kommissar Günther Oettinger auf der 11. EWI/F.A.Z-Energietagung, die am Dienstag im Kölner Gürzenich stattfand. Der für Energiefragen zuständige Brüsseler Spitzenbeamte wies darauf hin, dass viele Entscheidungen, die in Deutschland im Rahmen der energiepolitischen Neuorientierung getroffen werden, mittel- oder unmittelbar Auswirkungen auf die Energiemärkte in anderen europäischen Ländern hätten.

„Insbesondere beim Netzausbau muss es zu einer Kooperation auf europäischer Ebene kommen. Nur dann wird die Energiewende zu auskömmlichen Preisen möglich sein“, betonte Oettinger auf der Tagung. Rund 300 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten auf der Tagung die Auswirkungen der Beschlüsse zur Energiewende auf die künftige Organisation des deutschen Strommarktes.

Fragen zur Energieversorgung in der Zukunft

Fragen einer wirtschaftlichen und sicheren Energieversorgung in der Zukunft standen dabei im Mittelpunkt der Foren und Diskussionsrunden. Der neue Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Peter Terium, warnte vor einer zunehmenden Regionalisierung der Energiewirtschaft, wie sie sich unter anderem in den unterschiedlichen energiepolitischen Vorstellungen der Bundesländer andeute: „Je größer ein Markt ist, desto effizienter und reibungsloser funktionieren Preissystem und Wettbewerb. Wir brauchen in der Energiepolitik ein neues Bekenntnis zur Marktwirtschaft und eine stärkere Europäisierung – dann wird die Energiewende auch gelingen.“

Bettzüge mahnt die Politik, schnell zu Handeln

Der geschäftsführende Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI), Marc Oliver Bettzüge, wies darauf hin, dass die Politik bislang kein klares ordnungspolitisches Konzept für den Transformationsprozess und die künftige Gestaltung des Energiemarktes entwickelt habe. Es dränge sich der Eindruck auf, „dass die Politik dieser Rolle ausweicht und lieber über die möglichen Beiträge einzelner Technologien zur Energieversorgung in der Zukunft spekuliert“, erklärte er. Als `zentralen Baustein´ für die Entwicklung eines konsistenten, langfristig stabilen Marktmodells für die Energiewende sieht Bettzüge die Weiterentwicklung des Förderregimes für erneuerbare Energien. Der Marktpreis für Strom müsse bei Investitionsentscheidungen eine stärkere Rolle spielen, die Förderung müsse technologieneutral ausgestaltet werden sowie für alle Standorte gleich sein – nach Möglichkeit über Deutschland hinaus. Kurzfristig mahnte Bettzüge die Politik, möglichst schnell einen systematischen Ansatz zu finden, um die sich in Süddeutschland abzeichnenden Risiken für die Stromversorgung zu minimieren.

Autor: hh
Foto: Teilnehmer der Energietagung gestern im Gürzenich