Nach der Unterzeichnung des Vertrages zur Rückgabe freuen sich Yusuf Maitame Tuggar, Botschafter der Bundesrepublik Nigeria, Prof. Abba Isa Tijani, Generaldirektor Commission for Museums an Monuments Nigeria und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Tijani betrachtet den Schlüssel zum Königspalast den er in Händen hält.

Köln | Es ist ein besonders ergreifender Moment als heute – am frühen Morgen kurz nach 9 Uhr – Prof. Abba Isa Tijani, Generaldirektor der National Commission for Museums and Monuments Nigeria, den ehemaligen Schlüssel zum Königspalast von Benin aus den Händen von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker entgegennimmt.

Der Schlüssel ist in diesem Kontext ein besonderes Symbol. Köln restituiert 92 historische Kunstwerke, darunter Benin-Plastiken, an Nigeria.

Prof. Abba Isa Tijani, Generaldirektor Commission for Museums an Monuments Nigeria hält den Schlüssel zum ehemaligen Königspalast Benins wieder in Händen.

Die Restitution besiegelten Oberbürgermeisterin Reker und Prof. Abba Isa Tijani mit einem Vertrag, den beide im Rautenstrauch-Joest-Museum unterzeichneten.

Schlüssel verbindet ab sofort Köln und Nigeria

Der Schlüssel sei nun, so Reker, ein symbolisches Zeichen zwischen der Stadt Köln und Nigeria. Bei der Übergabe war Prof. Tijani besonders ergriffen. Beide nigerianischen Vertreter wiederholen mehrfach, wie wichtig der heutige Tag für Nigeria sei: „Heute beginnt für uns mit dem Unterschreiben des Abkommens ein neues Kapitel“, sagt Prof. Abba Isa Tijani. Dem Rautenstrauch-Joest-Museum Köln gehörte die viertgrößte Sammlung von Benin-Hofkunstwerken in Deutschland.

Der Schlüssel stammt, wie die anderen Kunstwerke auch, aus dem ehemaligen Königreich Benin, heute  Bundesrepublik Nigeria. Bislang befanden sich diese im Zentrum der „I MISS YOU“ Ausstellung im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums (RJM). Der Rat der Stadt Köln hatte im Vorfeld beschlossen, das Eigentumsrecht auf die Bundesrepublik Nigeria zu übertragen. Jetzt können die Artefakte an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgeführt werden. Drei Werke sollen auf Wunsch der nigerianischen Partner noch im Dezember zurückgegebenen werden. Sukzessiv sollen 52 weitere Werke im nächsten Jahr an Nigeria zurückgeführt werden. 37 der Kunstwerke verbleiben erstmal für zehn Jahre als Leihgaben im Kölner Museum. Die insgesamt 92 Kunstwerke.

„Beginn einer zukunftsweisenden Kooperation zwischen dem Kölner und den nigerianischen Museen“

Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Reker sieht in der Rückgabe einen wichtigen Schritt für Nigeria und Köln. Köln komme so einer Verantwortung nach und lege mit der Republik Nigeria Grundsteine für eine Beziehung. Sie stelle den „Beginn einer zukunftsweisenden Kooperation zwischen dem Kölner und den nigerianischen Museen“, so Reker. 37 Kunstwerke verbleiben jedoch die nächsten 10 Jahre in Köln. Somit solle die Geschichte Benins auch in Köln erzählt werden, erklärt sie weiter. Der gelegte „Meilenstein“ für die Rückgabe geraubter Kunst ist nicht nur für Köln, sondern auch von nationaler und internationaler Bedeutung. In Zukunft können die Menschen in Nigeria der Geschichte des Königreichs Benin begegnen. Die Artefakte, können in Zukunft Kölnern und Nigerianer:innen einen ganz neuen „Zugang zu den Kunstwerken und der Kultur Nigerias insgesamt“ ergeben, führt die OB fort.

Wie kommen Artefakte dorthin wo sie sind?

Die 92 Kunstwerke, die nun schrittweise zurückgegeben werden, wurden 1897 aus dem ehemaligen Königspalast des Königreichs Benin, das im heutigen Nigeria lag, von der britischen Armee geraubt. Die kolonialen Angreifer nahmen den Palast ein und raubten diesen aus. Und nicht nur das, sie hinterließen verbrannte Erde und Ruinen. Die gestohlenen Hofkunstwerke fanden sich nach und nach auf dem weltweiten Kunstmarkt wieder. Man geht davon aus, dass hierbei etwa 5.000 Gegenstände aus dem Königspalast entwendet wurden, die sich nun auf der ganzen Welt finden lassen. Die Region versuchte, so erzählt es der nigerianische Botschafter Yusuf Maitame Tuggar, für ein Festival im Jahr 1977 eine historische Maske aus einem britischen Museum zurückzuerlangen und diese zum Symbol des Festivals zu machen. Diese hatten sie jedoch nicht zurückerhalten und sie durfte nicht gezeigt werden. Kunst und historische Artefakte erzählen den Nachkommen die Geschichte ihres Landes. Die 200 Millionen Einwohner:innen der Region haben nur wenig Ahnung über das Leben, die Artefakte und die Größe ihrer Vorfahren, erzählt Yusuf Maitame Tuggar weiter. Aus dem Grund sei die Rückgabe so wichtig. Es sei wie bei Schokolade. Man müsse wissen, aus welchen Prozessen diese hergestellt wird und wie ethisch vertretbar dies ist. So sei es auch bei den Inhalten von Museen. Wie sind die Artefakte, die ich mir hier anschaue, eigentlich hier gelandet?

Prof. Abba Isa Tijani, Generaldirektor Commission for Museums an Monuments Nigeria am 15. Dezember 2022 im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum.

Auch Prof. Abba Isa Tijani ist „froh, dass Köln das Richtige getan hat, indem es die Entscheidung zur Rückführung der Bronzen bestätigt hat.“. Auch betont er dabei die Geschichte hinter den Artefakten. So zeigen diese aber nicht nur die Geschichte eines Landes, sondern auch die Begegnungen, die innerhalb eines Landes passieren. Die 92 zurückgegebenen Gegenstände können in Zukunft den Bürger:innen dabei helfen, Benins Kontakte zur Welt zu sehen, was wiederum sehr wichtig für die Menschen und der Gesellschaft. So habe Deutschland die richtige Entscheidung getroffen, die Kunstwerke an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben: Somit beginne in Nigeria ein neues Leben. Dabei hofft er den Tourismus anzutreiben, indem die Region selbst endlich ihre Objekte in eigenen Museen ausstellen kann.

Kölns Kulturdezernent Stefan Charles am 15. Dezember im Kölner Rautenstrauch Joest Museum bei der Restitution der Kunstwerke aus Nigeria.

Die Rückübertragung ist das Ergebnis von Verhandlungen aus dem Jahr 2021, die mit nigerianischen Vertreter*innen zusammen unter Federführung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland sowie der Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien Claudia Roth geführt wurden. So zitiert die Stadt Köln in der schriftlichen Mitteilung den Kölner Kulturdezernenten Stefan Charles, der bei der Unterzeichnung anwesend war, aber dort nichts sagte: „Durch die intensive Zusammenarbeit Deutscher Museen, dem Auswärtigen Amt und der Staatsministerin für Kultur und Medien ist es gelungen, diesen historischen Schritt vorzubereiten. Für das RJM und die Stadt Köln steht aber nicht das Ende der Verhandlungen, sondern vielmehr der Beginn einer spannenden Zusammenarbeit mit den nigerianischen Museen im Vordergrund.“

Mit der großen Sammlung begleitete das Kölner Museum den Prozess intensiv. In Gesprächen zwischen der Stadt Köln, dem Kölner Museum und Vertreter*innen Nigerias ist ebenfalls eine langfristige Zusammenarbeit, vereinbart worden.