Köln | Rund tausend Menschen demonstrierten am Sonntag auf der Deutzer Werft gegen die Flüchtlingspolitik der EU und gegen die katastrophalen Zustände in europäischen Geflüchteten-Lagern. Unter dem Motto „Es reicht! Wir haben Platz“ forderte unter anderem der Kölner Flüchtlingsrat die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus griechischen Lagern. Initiiert hatte die Demo der Verein „Seebrücke“, die „AG Bleiben“ sowie zahlreiche zivilgesellschaftliche Kölner Initiativen. Auch „Brings“ und die „Höhner“ traten auf. Auch der Kölner Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski (SPD) besuchte die Demonstration.

Viele Flüchtlinge kämen, weil ihnen in ihren Heimatländern die Lebensgrundlagen geraubt werden, klagte der Aktivist Peter Donatus vom Bündnis „Pay Day Africa“ an. „Die Gier des Westens nach Rohstoffen, vor allem im Wettlauf mit China“, so Donatus, führe dazu, dass die Lebensgrundlagen vieler Menschen in Afrika „im Namen der Profitmaximierung“ zerstört würden. Afrika sei das „Sozialland Europas“: „Ihr seid reich, weil ihr uns verarmt habt“, prangerte Donatus an. Die Bewegung „Payday Africa“ setzt sich für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Themen Sklaverei, Kolonialismus, Koloniale Kontinuität und den Systemischen Rassismus ein. Sie fordern auch Reparationen und Rückführung gestohlener Kunstgegenstände aus Afrika, die sich heute unter anderem im Besitz des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum befinden. Donatus, der vor dreißig Jahren aus Nigeria nach Deutschland flüchtete, nachdem ihm „durch Shell die Lebensgrundlagen legal beraubt“ worden sei, machte vor allem die mit Rohstoffen handelnden Großkonzerne für die große Zahl an Flüchtlingen verantwortlich. So habe Shell in Nigeria nicht nur die Umwelt, sondern auch die Lebensgrundlagen vieler Menschen zerstört. Flüchtlinge würden auf der Flucht ihr Leben riskieren, verdursten in der Wüste oder fallen dem mafiösen Organhandel zum Opfer. Hier nenne man sie „Wirtschaftsflüchtlinge“, sie würden als Kriminelle dargestellt, so Donatus. Dabei seien die wahren Kriminellen jene Konzerne, die Afrika seiner Rohstoffe beraube.

Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat kritisierte die ablehnende Haltung der CDU gegenüber der Aufnahme weitere Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager „Moria“ in Griechenland. Bundesinnenminister Horst Seehofer habe in der vergangenen Innenministerkonferenz verhindert, dass in deutschen Städten weitere Flüchtlinge aufgenommen werden. „Alle Möglichkeiten werden durch die CDU geführten Ländern abgelehnt“, kritisierte Prölß. Dabei hätte Köln wohl tatsächlich noch „Platz“: Zwei Kölner Flüchtlingsheime wurden in den vergangenen Monaten geschlossen, sie stehen derzeit leer. Der Flüchtlingsrat werde sich weiter dafür einsetzen auf NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), sowie NRW-Integrationsminister Joachim Stamp und den Deutsche Städtetag einzuwirken, um weitere Menschen aus Moria aufnehmen zu können.

Claus-Ulrich Prölß prangerte in deutlichen Worten die „rechtliche Willkür“ gegenüber Geflüchteten in der EU an. Diese lebten, so Prölß in einem Zustand der „Rechtlosigkeit“, die politisch gewollt sei. „Da stehen politische Konzepte dahinter“, so Prölß. Moria sei ein Synonym geworden für die europäische Flüchtlingspolitik, die die rechte der geflüchteten Menschen systematisch missachte. Gerade bereit die EU-Kommission eine Reform des Asylrechts vor. Nicht zum Besseren, befürchtet Prölß.

Auch der Kölner Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski (SPD) besuchte die Demonstration. Es brauche weitere „Signale an die Städte“, die eine Aufnahme weiterer Flüchtlinge möglich mache, sagte Kossiski gegenüber report-k. Ihm gehe es vor allem um die Aufnahme der Minderjährigen und Frauen aus dem abgebrannten Lager in Moria. „Da müssen wir was tun“, so der ehemalige DGB-Vorsitzende.

Autor: Julia Brand
Foto: Durch Shell der Lebensgrundlagen beraubt: Peter Donatus vom Bündnis „Pay Day Europe“ (links außen) sprach über Fluchtursachen und die „Gier des Westens nach Rohstoffen“. | Foto: Julia Brand