14:15 Uhr > Ungarn, Tschechien und Schweden ziehen offenbar Einwände zurück
Beim EU-Gipfel in Brüssel hat es offenbar eine Wendung gegeben, wobei Ungarn, Tschechien und Schweden ihre Einwände zurückgezogen hätten. Das erfuhr Bild.de aus Teilnehmerkreisen. Demnach hätten die Länder ihre Bedenken insbesondere gegen die Folgen einer Fiskalunion zurückgestellt und wollen, unter dem Vorbehalt einer Rücksprache mit ihren Landesparlamenten, die von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy erarbeiteten Pläne zur Stabilisierung der Euro-Zone unterstützen. "Damit stehen die Briten jetzt ganz allein da", so ein EU-Diplomat gegenüber Bild.de. Zuvor hatte Ungarn bereits sein Nein zur Teilnahme an dem von 23 EU-Ländern beschlossenen Euro-Krisen-Management abgeschwächt. "Das ungarische Parlament hat noch reichhaltig Zeit, um in dieser Frage zu entscheiden", erklärte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban am Freitag vor ungarischen Journalisten in Brüssel.

Indessen stößt die konsequente Ablehnung Großbritanniens bei Europaparlamentariern auf heftige Kritik. "Es war ein Fehler, die Briten in die Europäische Union aufzunehmen", sagte der Chef der liberalen Fraktion im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff. Die Briten müssten nun ihre Beziehungen zur EU neu verhandeln. "Entweder sie tun es von sich aus, oder die EU gründet sich neu – ohne Großbritannien", forderte Lambsdorff. Auch der Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, reagierte heftig. "Cameron ist ein Feigling", sagte er "Spiegel Online". Für den Vorsitzenden der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, ist die Haltung Großbritanniens "so egoistisch wie widersprüchlich".

12:20 Uhr > Wirtschaftsweiser Bofinger kritisiert Gipfelbeschlüsse als unzureichend
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat die bisherigen Ergebnisse des EU-Gipfels als unzureichend bezeichnet. "Das reicht noch nicht. Der Euro ist erst gerettet, wenn das Insolvenzrisiko für Italien und Spanien definitiv aus der Welt geschafft ist", sagte Bofinger der "Rheinischen Post" (Samstagsausgabe). Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angestrebte Fiskalunion könne zwar helfen, den Euro langfristig zu stabilisieren. "Kurzfristig bringt sie jedoch nichts. Frau Merkel wendet die falsche Therapie an", sagte Bofinger. "An einer gemeinschaftlichen Haftung im Euro-Raum führt kein Weg vorbei, will man Italien und Spanien endgültig aus der Schusslinie nehmen", sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung . Bofinger riet den Regierungen zu einem gemeinsamen Schuldentilgungsfonds, wie ihn der Sachverständigenrat im November vorgeschlagen hatte. Darin würden alle Schulden der Länder oberhalb von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgelagert.

09:40 Uhr > Merkel lobt Beschlüsse
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels für mehr Haushaltsdisziplin als "sehr gutes Ergebnis" gelobt. Mit den neuen Regeln verpflichten sich die Euro-Staaten zur Einführung einer gesetzlich verankerten Schuldengrenze. Zudem drohen Defizitsündern automatische Strafen. Über die vertragliche Umsetzung dieser Maßnahmen solle aber erst später debattiert werden. Während Deutschland und Frankreich auf eine weitreichende EU-Reform drängen und die Euro-Staaten zu einer strikten Haushaltsdisziplin zwingen wollen, kommt von Großbritannien, Schweden und der EU-Spitze Gegenwind. Sie halten eine erforderliche Änderung der EU-Verträge für zu langwierig und zu riskant. Nach Einschätzung von Beobachtern droht schlimmstenfalls sogar eine Spaltung der EU. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schlägt als Kompromiss eine Mini-Änderung des Vertrages vor, mit der rasch die Haushaltsaufsicht in der Eurozone verschärft werden könnte.

Merkel lobt Gipfel-Ergebnis
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels für mehr Haushaltsdisziplin als "sehr gutes Ergebnis" gelobt. Sie sprach von einem "sehr, sehr wichtigen Ergebnis, weil wir aus der Vergangenheit und den Fehlern lernen". Am frühen Freitagmorgen hatten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Sondervertrag geeinigt, der unter den 17 Euroländern plus sechs weiteren EU-Staaten geschlossen werde. Zudem steht es weiteren Staaten offen, sich diesem Vertrag anzuschließen, um so der Eurokrise entgegenzuwirken. Zuvor war der Versuch gescheitert, alle 27 Euro-Staaten zu einer Änderung der EU-Verträge zu bewegen. "Es war nicht möglich, Einstimmigkeit zu erzielen", erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Widerstand kam vor allem vom britischen Premier David Cameron, der sein Nein als "harte, aber gute Entscheidung" gerechtfertigt hatte. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte, Großbritannien habe zugunsten seiner Finanzwirtschaft "inakzeptable Forderungen" gestellt. Die zentralen Ergebnisse des Gipfels sind die Einführung einer gesetzlich verankerten Schuldengrenze sowie automatische Strafen für Defizitsünder. Euro-Bonds wurden weiterhin abgelehnt. Man wolle die bisherige Politik zur Privatgläubigerbeteiligung bei Staatspleiten nicht mehr verfolgen, sagte Van Rompuy. Über die vertragliche Umsetzung dieser Maßnahmen solle aber erst später debattiert werden.

[dts, Foto: Schmuttel | www.pixelio.de]