Berlin | Der Politikwissenschaftler und Rechtsextremismus-Experte Hajo Funke hat die offizielle Zahl der als „Gefährder“ eingestuften Rechtsextremisten als viel zu niedrig kritisiert. „Diese Zahl ist absurd“, sagte Funke dem Nachrichtenportal T-Online. Die deutschen Behörden führen derzeit 48 Rechtsextreme als „Gefährder“, also als Personen, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutrauen. Dass diese Zahl zu gering sei, sei offenbar auch Konsens zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, und Holger Münch, dem Chef des Bundeskriminalamts (BKA), so der Rechtsextremismus-Experte weiter.

Er schätze, dass es „sicher eine mittlere dreistellige Zahl an `Gefährdern`“ gebe, sagte Funke. Seehofer, Haldenwang und Münch hatten am Dienstag ihr Konzept für eine Neuorganisation der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Rechtsextremismus vorgestellt. Der Politikwissenschaftler glaubt, dass sie es mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus ernst meinen.

„Ob daraus eine verbesserte Sicherheit entsteht, wissen wir nicht“, schränkte Funke ein. Dazu müsse sich auch die Transparenz verbessern, es müsse eine andere Fehlerkultur und eine andere Kultur der Selbstkritik geben. „Es braucht unabhängige Kontrollen der Arbeit, und zwar durch das Parlament“, forderte der Rechtsextremismus-Experte.

Er sieht seit den Ausschreitungen von Chemnitz im September 2018 eine neue Qualität im Rechtsextremismus: „Seit dem Fanal von Chemnitz hat sich die Lage dramatisch zugespitzt“, so Funke. Dies sei „das erste Mal seit 1949“ gewesen, dass „eine im Bundestag vertretene Partei offen und strategisch mit gewaltbereiten Hooligans und Rechtsextremen gemeinsame Sache gemacht hat“, sagte der Politikwissenschaftler dem Nachrichtenportal T-Online mit Blick auf die AfD.

Autor: dts