Ankara | Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem Besuch in der Türkei den Führungsstil des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan kritisiert. Entwicklungen wie das Anstreben einer verstärkten geheimdienstlichen Kontrolle oder die gewaltsame Unterdrückung von Protesten erschreckten ihn, so Gauck am Montag in einer Rede an der Middle East Technical University (METU) in Ankara. „Auch und besonders, weil Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt werden“, so der Bundespräsident weiter.
„Wir erleben, dass der Zugang zu Internet und sozialen Netzwerken beschnitten, dass kritische Journalisten entlassen, auch verurteilt, Zeitungen mit Veröffentlichungsverboten belegt und Herausgeber juristisch unter Druck gesetzt werden.“ Das Recht auf Information sei jedoch eine grundlegende Voraussetzung einer freien und demokratischen Gesellschaft. Darüber hinaus frage er sich, „ob die Unabhängigkeit der Justiz noch gesichert ist, wenn die Regierung unliebsame Staatsanwälte und Polizisten in großer Zahl versetzt und sie so daran hindert, Missstände ohne Ansehen der Person aufzudecken. Oder wenn sie danach trachtet, Urteile in ihrem Sinn zu beeinflussen oder umgekehrt ihr unwillkommene Urteile zu umgehen.“ In innere Angelegenheiten einmischen wolle er sich jedoch nicht, erklärte Gauck. Aus ihm spreche vielmehr der Wunsch nach einem gleichberechtigten Austausch und “ die Sorge eines Bürgers, der nach langjährigen Erfahrungen in einem totalitären Staat zu einem Anwalt der Demokratie wurde“.
Autor: dts