Ist Griechenland insolvent?
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat heute Mittag die Spekulationen über eine Insolvenz Griechenlands zurückgewiesen. Die Unsicherheiten seien schon groß genug. Jeder sollte seine Worte daher sehr vorsichtig wählen, sagte Merkel im rbb-Radio. Die Kanzlerin distanzierte sich damit zu FDP-Chef und Wirtschaftsminister Rösler, der am Montag über eine geordnete Insolvenz Griechenlands sprach. Unterstützung erhielt Merkel dabei von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der forderte, dass Spekulationen vermieden werden müssten, berichtet die "Rheinische Post". Heute bekräftigte Rösler allerdings noch einmal die Möglichkeit einer Insolvenz und mahnte eine ehrliche Debatte über die Schuldenkrise an. Es dürfe "keine Denkverbote geben", sagte Rösler gegenüber der "Rheinischen Post" hinsichtlich der Frage darüber, ob Griechenland aus der Währungsunion austreten solle. Der Bundeswirtschaftsminister betonte zugleich jedoch, dass es Ziel sei, Griechenland in der Euro-Zone zu halten.

Laut der Bild-Zeitung schlossen heute auch einige andere führende Koalitionspolitiker einen Rückzug des Landes bereits in den kommenden Monaten nicht mehr aus. Schon für das kommenden Frühjahr werde ein Euro-Austritt Griechenlands für möglich gehalten, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Ministeriumskreise und auf Aussagen von Koalitionspolitikern. Offen wollte sich kein Politiker äußern. Voraussetzung sei, dass sich die Lage in dem Land nicht bessere. Wie die Zeitung weiter schreibt, werde bis Frühjahr an einer Stabilisierung der Eurozone gearbeitet. Damit solle verhindert werden, dass ein Austritt Griechenlands unabsehbare Auswirkungen für die Finanzmärkte und die Realwirtschaft habe.

EU-Parlamentarier Brok warnt vor Pleite Griechenlands
Der EU-Parlamentarier Elmar Brok (CDU) hat die Bundesregierung eindringlich davor gewarnt, eine Pleite Griechenlands zuzulassen. "Wenn Spitzenpolitiker wie Minister Rösler und Co. die Insolvenz weiter herbeireden, wird dies zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Klar ist: Die Pleite Athens ist die für Deutschland schlimmste und teuerste Lösung", sagte das Mitglied des CDU-Bundesvorstands der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Der Mitautor des geltenden EU-Vertrags hält eine geordnete Insolvenz, wie sie Rösler in einem Gastbeitrag gefordert hatte, für unwahrscheinlich. "Ich warne vor falschen Vorstellungen: die geordnete Insolvenz eines Staates innerhalb der Euro-Zone ist nach den bisherigen internationalen Regeln nicht möglich." Einen geordneten Schuldenschnitt mit 50 Prozent Forderungsverzicht könnte es nur geben, wenn alle Gläubiger freiwillig mitmachten, was unrealistisch sei. "Die ungeordnete Staatspleite mit einem Totalausfall der Forderungen hätte unkalkulierbare Folgen", so Brok.

Euro-Rebellen" in der FDP haben bereits über 850 Unterschriften
Auch intern ist bei der FDP eine Griechenland-Debatte im Gange. So initiierte der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler eine Unterschriften-Aktion, um die FDP-Basis über den richtigen Weg zur Rettung des Euro abstimmen zu lassen. Laut "Welt Online" hat Schäffler heute bereits fast 900 Unterschriften für einen Mitgliederentscheid zusammen gesammelt. Schäffler will mit seiner Aktion die Einführung des permanenten europäischen Rettungsschirms ESM ab 2013 verhindern. Damit begeben sie sich nicht nur auf Konfrontationskurs zur schwarz-gelben Bundesregierung, sondern auch zur eigenen Parteiführung. Voraussetzung für einen solchen Entscheid ist die Unterstützung von fünf Prozent der Parteimitglieder. Das sind derzeit rund 65.000, die "Euro-Rebellen" müssten also die Unterschriften von rund 3.300 Liberalen einsammeln. Erst am vergangenen Freitag informierte Schäffler die Parteiführung von seinem Vorhaben, am Wochenende wurde es öffentlich bekannt. Hält der Zustrom an Unterschriften in diesem Tempo an, wird Schäffler sein Ziel erreichen, bis Ende September das Quorum zu erfüllen. In einem Brief an alle Kreisvorsitzenden und auf seiner Homepage wirbt Schäffler offensiv für seine Initiative. Er ist mit einem Antragstext verknüpft, indem unter anderem gefordert wird: "Unbefristete Rettungsmaßnahmen, bei denen Deutschland für Schulden anderer europäischer Staaten haftet, kommen für die FDP nicht in Frage." Außerdem soll die Partei beschließen: "Die FDP lehnt daher auch die Einrichtung eines unbefristeten europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ab. Sie wird ihm im Bundestag die Zustimmung verweigern und eine entsprechende Veränderung der Europäischen Verträge ablehnen."

[dts; Foto: farblos/Pixelio]