Köln | Was die Bundesmittel für Straße und Schiene in Nordrhein-Westfalen betrifft,  ist das Land seit zwei Jahrzehnten unterfinanziert, so Michael Groschek,  Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Er fordert eine Neuverhandlung bei der Vergabe für die zur Verfügung stehenden Bundesmittel, um die Straßen und Schienen NRWs zu erhalten und dringend notwendige  Erweiterungen in der Infrastruktur umsetzen zu können.  Zu diesen Themen äußerte er sich am heutigen Freitag anlässlich einer Rede bei der 14. Sitzung des Regionalrates des Regierungsbezirks Köln. In seiner Rede stellte er die Leitlinien der Infrastrukturpolitik des Landes NRW vor. 

Zu Beginn seiner Rede ging er auf die Situation der Autobahnbrücke auf der A1 bei Leverkusen ein. Groschek betonte, eine solch gravierende Verschlechterung innerhalb kürzester Zeit, wie sie sich an dieser Autobahnbrücke ergeben hätte, sei beispiellos in Deutschland. Man bemühe sich deshalb gemeinsam mit dem Bund – sowohl planerisch als auch finanziell – um einen Neubau bis 2020. Ob die alte Brücke, die eigentlich demnächst  wieder dreispurig für den Schwerlastverkehr freigegeben werden sollte, jetzt aber unter neuen Problemen leide, bis dahin halten werde, könne er nicht versprechen.  Die bestehenden Brücken seien für die hohe Belastung nicht konzipiert. Außerdem habe sich das in den 60er Jahren angewandte Patent für zahlreiche Autobahnbrücken als nicht so haltbar wie vorausgeplant erwiesen. Seit Dezember 2012 wisse man, dass für die Instandsetzung der Infrastruktur in Deutschland in den nächsten zehn Jahren rund 7,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich benötigt würden. Nur sei noch nicht geklärt, woher das Geld dafür kommen solle.

PKW-Maut „nicht verursachergerecht“

Die Einführung einer PKW-Maut zur Refinanzierung der baufälligen Infrastruktur hält Groschek für „nicht verursachergerecht“. Hauptverursacher für die rapide Verschlechterung der Autobahnbrücken sei der zunehmende LKW-Verkehr. „Jedes Prozent mehr Internet-Handel bringt mehr Verkehr auf die Straßen“, so Groschek. Er verlangt daher eine verursachergerechte Finanzierung durch LKW-Maut . Gleichzeitig hält er das Herabsetzen der Höchstgewichtsgrenze für LKW für eine mögliche Option zur Schadensbegrenzung.

Ausbau von Wasser- und Schienentrassen

Um den Güterverkehr weg von der Straße auf die Schiene oder auch auf das Wasser zu verlegen, bedürfe es wichtiger Maßnahmen zum Ausbau des Schienennetzes und der Schleusenanlagen im gesamten Landesgebiet. Im Falle der Schleusenanlage müsse man diese an die neuen Abmessungen der großen Containerschiffe anpassen, um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. Was die Schiene betreffe, müsse man sowohl im Schienenpersonenverkehr als auch im Güterverkehr den Knotenpunkt Köln ausbauen. Schon jetzt sei man an die Grenzen der Belastung im regionalen Schienennetz angelangt. Um kürze Taktungen im Nahverkehr möglich zu machen, bedürfe es einen Ausbaus. Hierzu gehöre auch die Realisierung des Rhein-Ruhr-Expresses (RRX) und der damit verbundene Gleisausbau auf der Kernstrecke Köln – Dortmund. Im Falle des Güterverkehrs müsse die derzeit fehlende Nord-Süd-Verbindung ausgebaut werden. Entlang des Rheintals sei ein weiterer Ausbau nicht möglich und den Anwohnern gegenüber auch nicht vertretbar. Man habe es verpasst, beim Ausbau der ICE-Trasse Köln-Frankfurt auch eine Güter-ICE-Trasse mit einzuplanen. Eine Alternative böte die die Rhein-Sieg-Strecke, jedoch müsste auch diese erst entsprechend ausgebaut werden.

„Seit 20 Jahren unterfinanziert“

Im Falle der Regionalisierungsmittel für den ÖNPV in NRW habe eine vom Land in Auftrag gegebene Studie festgestellt, dass das Bundesland mit dem größten Bevölkerungsanteil (22 Prozent aller Deutschen leben in NRW) nur 15,9 Prozent der Bundesmittel erhalte, die insgesamt vergeben würden. Der Studie zufolge sei NRW seit 20 Jahren unterfinanziert. Es bestehe ein akuter Investitionsbedarf von 1,8 Milliarden Euro. Für die Ertüchtigung der A45 und zur Erschließung Südwestfalens benötige man rund eine Milliarde Euro. Mittel, die gebraucht würden „nur um die Substanz zu erhalten“, so Groschek.  Auch sieht er Bundesverkehrsminister Ramsauer in der Pflicht. Ein Großprojekt wie „Stuttgart 21“ dürfe nicht Ursache dafür sein, dass andere notwendige Maßnahmen zurückgestellt würden.

Die Zukunft der Verkehrspolitik sieht Groschek in der Abkehr von der strikten Trennung der verschiedenen Verkehrsmittel. In Zukunft müsse man die Verzahnung aller Verkehrsmittel erreichen , um Mobilitätsproblemen entgegenzuwirken.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Michael Groschek während seiner Rede bei der 14. Sitzung des Regionalrates des Regierungsbezirks Köln