In der Bundeshauptstadt hat die Show „Berlin Berlin“ gerade ihre Premiere gefeiert. Jetzt kommt die Revue nach Köln und Düsseldorf.

Berlin | Nach dem Ersten Weltkrieg ist Deutschland ein verbranntes Trümmerfeld. Die Nation liegt wirtschaftlich und gesellschaftlich am Boden. Doch das düstere Szenario hält nicht lange an – aus der Asche steigt eine Metropole auf und entfaltet binnen kürzester Zeit eine schier unglaubliche Innovationskraft sowohl in der Politik und der Gesellschaft als auch in der Kultur. Es sind die Goldenen 20er Jahre, die Berlin grundlegend verändern, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist schon wieder alles vorbei.

Wer heute durch Berlin fährt, kann an vielen Orten die Erinnerung an diese Zeit wieder aufleben lassen. Inzwischen gibt es dort auch schon eigene 20er Jahre-Stadttouren. Sie führen zu Orten wie der einstigen Tingel-Tangel-Bühne unter dem Theater des Westens, wo Marlene Dietrich und Josephine Baker ihre ersten umjubelten Auftritte hatten.

Der Kudamm wird zu der Lebensader des neuen Zeitalters. Überall gibt es Tanzlokale, Clubs, Theater und Kinos, wo die ersten Tonfilme gezeigt werden. In Schöneberg trifft sich die Schwulen- und Lesbenszene Europas, die damals deutlich größer war als heute. Alles ist im Berlin erlaubt, die Freiheit scheint dort grenzenlos zu sein. Zu den zentralen Kultur- und Nachtlebenorten zählt neben dem Potsdamer Platz auch die Friedrichstraße mit ihren Theatern und Revuepalästen. Dazu gehört auch der Admiralspalast, er ist Schauort der Premiere der neuen Show „Berlin Berlin“, die im Januar nach Köln und im Februar nach Düsseldorf kommen wird.

„Wir greifen damit den Zeitgeist auf. Die 20er Jahre sind aktuell wieder angesagt. Das zeigen Fernsehserien wie „Babylon Berlin“, Kinofilme wie der „Irishman“ oder Retrotendenzen in der Mode oder beim Design. Und Berlin ist heute wie damals wieder der Hotspot für junge Leute“, sagt Produzent Ralf Kokemüller.

Die Show ist eine Revue zu der der Admiral (Martin Bermoser) in seinen Palast eingeladen hat. Viele Gäste sind stilecht unterwegs – Paillettenkleider finden sich genauso wie Knickerbocker-Hosen und Hosenträger. Auch der elegante Smoking in Kombination mit dem Zylinder darf nicht fehlen.

Im legendären Revuetheater kommen die Größen der Zeit auf die Bühne. Das Publikum erlebt die junge, aufstrebende Marlene Dietrich genauso wie die junge Skandaltänzerin Josephine Baker, die mit ihrem legendären Bananenrock und ihren Charlston-Variationen für Diskussionen sorgt. Auch die Comedian Harmonists präsentieren sich in ihren Anfangsjahren mit ihren Hits wie „Mein kleiner grüner Kaktus“. „Wir wollten zeigen, wie die Ikonen von damals entstanden sind und erzählen ihre Geschichte“, sagt Martin Flohr, der das Konzept der Show entwickelt hat.

Etwas heraus sticht die schräge Operette „Im weißen Rößl“. Das Singspiel über Österreich entsteht 1930 in Berlin und bringt ein großes Spektakel sogar an den Broadway in New York, wo man 200 Vorstellungen präsentiert. „Wir erzählen nicht eine Geschichte, sondern viele Geschichten, um die Vielfalt dieser Zeit zu zeigen. Da muss man auch mal Stilbrüche in Kauf nehmen. Und gerade das Weiße Rößl wird von den Leuten geliebt“, erklärt Regisseur Christoph Biermeier.

So reicht die Musik vom deutschen Schlager und Chansons bis zum amerikanischen Jazz und Swing, der Berlin erreicht. Es finden sich Hits von „Bei mir bist du schön“ über „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ bis zum „Puttin‘ on the Ritz“ und „Mackie Messer“ aus der „Dreigroschenoper“ von Bertold Brecht und Kurt Weill. Der Tanz mit Swing, Charlston und Lindy Hop nimmt im Berlin der 20er Jahre eine zentrale Rolle ein, die sich auch in der neuen Revue widerspiegelt. Auf der Bühne zeigen sich so kreative wie exzentrische Charaktere wie die Nackttänzerin Anita Berber, die vom Kokainkonsum gezeichnet, auch schon mal eine Champagnerflasche auf dem Kopf eines Gastes zertrümmert.

„Berlin Berlin erzählt von einer Zeit, in der die Stadt zum internationalen Schmelztiegel wurde, zum Brennpunkt für alle politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Ereignisse. Eine Welt, in der alles möglich war und in der es keine Grenzen gab. Dieses Lebensgefühl der 20er Jahre wird mit großer Wirkungskraft an das Publikum weitergegeben“, sagt Biermeier.

Nicht ausgespart wird am Ende der zweistündigen Show die Machtergreifung der Nazis, die dem quirligen Berlin brutal den Garaus macht. „Wir haben schnell erkannt, dass es nicht möglich ist, nur eine kleine, schöne Revue auf den Weg zu bringen. Es geht auch um Unterhaltung mit Haltung und dem Bezug in unsere heutige, schwierige Zeit“, betont Kokemüller. „Das Lebensgefühl von damals unterscheidet sich nicht so groß von dem heute – deshalb schlagen wir eine Brücke“, ergänzt Biermeier.

 

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Berlin Berlin

Termine 21. Januar bis 2. Februar: Musical Dome, Goldgasse, Köln. 4. bis 9. Februar: Capitol Theater, Erkrather Straße, Düsseldorf.

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Autor: Von Stephan Eppinger | Foto: Christian Kleiner