Demonstration in Köln am 24.2.2024 aus Solidarität mit der Ukraine. Forderung Lieferung des Taurus.

Berlin | Am gestrigen 24. Februar 2024 jährte sich der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zum zweiten Mal. Neben Demonstrationen wie in Köln, gab es eine Reihe von Statements und Ankündigungen. Eine Zusammenfassung einiger Wortmeldungen vom gestrigen Tage von report-K.

Die Demos von Köln am gestrigen 24. Februar 2024

Baerbock sieht in Waffenlieferungen einzigen Weg zum Frieden

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist der Ansicht, dass nur weitere Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg beenden können.

„Was müssen wir tun? Weiter militärische Unterstützung, weil es befreit Menschen, es rettet Leben, es ist der einzige Weg zum Frieden zu kommen“, sagte sie laut vorab verbreitetem Transkript am Samstag dem „Heute-Journal“ im ZDF. Internationale Unterstützung sei dafür nötig. Dass es „gerade in den USA“ keine Mehrheiten mehr für Unterstützung der Ukraine gebe, sei „eine bittere Nachricht“.

Putins Ziel sei, dass sich die Ukraine ergebe, so Baerbock. „Das ist für Putin Frieden, doch das ist kein Frieden. Das ist Unterdrückung.“ Rückblickend räumte die deutsche Außenministerin ein, dass man vor zwei Jahren „nicht darauf vorbereitet“ gewesen sei, „dass der Angriffskrieg nach Europa zurückkommt“. Am 24. Februar 2022 hatte Russland den großangelegten Angriff auf die Ukraine gestartet, war aber auf unerwarteten Widerstand gestoßen. Seitdem befinden sich die beiden Länder in einer Art Stellungskrieg.

Baerbock unterstellt Putin Eroberungslust

Zum zweiten Jahrestag des Angriffs von Russland auf die Ukraine wirft Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Eroberungslust und fehlende Friedensbereitschaft vor.

In einem Gastbeitrag für die „Bild-Zeitung“ (Samstagausgabe) schreibt Baerbock: „So erschütternd es ist: Putin will keine Verhandlungen. Er will keinen Frieden – er will Eroberungen. Das sagt er selbst.“ Baerbock forderte Putin eindringlich zum Ende des Krieges auf: „Lassen Sie die ukrainischen Kinder frei. Ziehen Sie Ihre Truppen zurück. Beenden Sie diesen Krieg. Dann wäre morgen Frieden. Und die ganze Welt könnte endlich wieder aufatmen.“

Scharf wies Baerbock die immer wieder aufkommende Kritik an Waffenlieferungen an die Ukraine zurück: „Wer behauptet, dass Waffenlieferungen den Krieg verlängern, spielt Putin in die Hände. Denn es ist eine Lüge zu sagen, dass der Westen die Ukraine von Verhandlungen abhält“, sagte Baerbock der „Bild“.

Bereits im März 2022 habe die Ukraine in Istanbul mit Russland verhandelt und sei zu Zugeständnissen bereit gewesen, sagte die Außenministerin. Dabei sei natürlich die Grundlage gewesen, dass Russland seine Truppen zurückzieht. „Doch statt eines Rückzugs kam Butscha“, sagte Baerbock: „Menschen, die mit verbundenen Händen vor ihren Häusern erschossen wurden. Vergewaltigte Frauen.“

Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Deutschen Bundestag: „In diesen Tagen jährt sich nicht nur der völkerrechtswidrige, brutale Überfall Russlands auf die Ukraine zum zweiten Mal. Wir erinnern auch an den Ausbruch des Konflikts vor zehn Jahren mit der Annexion der Krim. Zwei Jahre Krieg bedeutet für die Ukrainerinnen und Ukrainer zwei Jahre bangen um das Leben von Freunden und Familie und den Verlust der Heimat. Wir dürfen uns an dieses Leid und diese Zerstörung nicht gewöhnen. Unsere Unterstützung für die Ukraine ist ungebrochen und zwar wirtschaftlich, finanziell, humanitär und militärisch. Dieser Krieg bedroht nicht nur die Ukraine, sondern auch die Sicherheit und Freiheit in Europa. Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine. Wir begrüßen insbesondere die in der letzten Woche geschlossene Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine für eine langfristige militärische Unterstützung. Im Parlament haben wir in dieser Woche noch einmal bekräftigt: Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union und der NATO. Dafür braucht es mehr Unterstützung durch Deutschland und die europäischen Partner.“

Gauck: Deutsche Zögerlichkeit bei Ukrainehilfe „kein Zufall“

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck vermutet, die Bundesregierung zögere bei der militärischen Hilfe für die Ukraine, um eine mögliche Vermittlerrolle gegenüber Russland nicht zu gefährden. „Die Regierung tut immer noch nicht genug, sie ist weiterhin zu zögerlich bei der Lieferung von Munition und Waffen“, sagte Gauck dem „Spiegel“.

„Die Taurus-Marschflugkörper hätten wir längst liefern sollen.“ Er frage sich: „Was steckt hinter der Zögerlichkeit? Das kann doch kein Zufall sein.“

Der Altbundespräsident sagte weiter: „Möglicherweise will die Bundesregierung ihre Rolle als künftiger Makler, als Vermittler zwischen der Ukraine und Russland, nicht aufs Spiel setzen.“ Das, so Gauck, „würde erklären, weshalb wir als militärischer Unterstützer Kiews nicht all in gehen.“

Er sei durchaus stolz auf das, was Deutschland leiste. Dennoch bleibe die Frage: „Könnten oder besser: müssten wir nicht noch mehr tun?“

Wagenknecht: Putin will Ukraine nicht vernichten

Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der nach ihr benannten neuen Partei BSW, bestreitet, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine auslöschen und ihre Führung stürzen wolle.

Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) sagte sie, Putin habe in einem Interview mit dem amerikanischen Journalisten Tucker Carlson „etwas anderes“ zum Ausdruck gebracht. „Er sagt, wenn die Ukrainer in einem eigenen Staat leben wollen, dann sollen sie das tun. Und, dass er verhandeln will.“

Im Gespräch mit Carlson hatte Putin allerdings zum wiederholten Mal behauptet, die Ukrainer seien „ein Teil des russischen Volkes“ und Leute wie den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj müsse man „loswerden“. Wagenknecht dagegen sagte: „Wer den Leuten erzählt, die Welt sei schlecht, weil ein Durchgeknallter im Kreml sitzt, verkauft sie für dumm“.

Man müsse „darüber nachdenken, wie wir aus dieser Konfrontation wieder herauskommen. Und welche andere Lösung gibt es als eine Rückkehr zu Entspannung und Interessenausgleich?“ Man müsse Putin „nicht trauen“. Aber wenn jemand sage, dass er verhandeln wolle, solle man versuchen „genau das zu tun“.

Dabei gehe es „zunächst einmal darum, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und den Konflikt an der aktuellen Frontlinie einzufrieren.“ Für die russisch besetzte Ostukraine könne man dann „eine Lösung anstreben wie im Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg, wo die Menschen entscheiden konnten, zu welchem Land sie gehören wollen.“

Melnyk für Angriffe aufs russische Hinterland

Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat sich für ukrainische Angriffe aufs russische Hinterland ausgesprochen. „Die Dynamik dieses grausamen Krieges zwingt uns, alles immer wieder neu zu überdenken“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Die Russen hätten die Produktion von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen massiv gesteigert und im Winter mehr Attacken auf ukrainische Städte geflogen als im Vorjahr. „Das Völkerrecht erlaubt es uns, dass wir uns wehren – wenn andere Mittel nicht helfen, auch durch den Beschuss im Hinterland, um logistische Wege abzuschneiden und Kommandozentralen und Militärflugplätze für Kampfjets zu treffen, die ihre Raketen auf ukrainische Städte abfeuern.“

Melnyk hofft darauf, dass die Bundesregierung schnellstens Taurus-Marschflugkörper an Kiew liefert. „Russland hat nach wie vor Tausende Panzer für die Front. Wir haben bis heute nicht genug schwere Waffen bekommen, um dagegenzuhalten“, beklagte der Botschafter. „Ich war ja der Erste, der Taurus ins Spiel brachte. Das war im Mai 2023, es sind also mehr als 270 Tage vergangen – und erst jetzt sind wir hoffentlich auf dem Weg, wenn man den Ampel-Beschluss richtig versteht und er schnell umgesetzt wird“, erklärte Melnyk mit Verweis auf den Passus in dem Ampel-Antrag, dass „weit reichende Waffensysteme“ an die Ukraine geliefert werden sollen.

Zwar sei man in der Bundesrepublik „zu Recht stolz darauf, dass Deutschland der zweitgrößte Unterstützer geworden ist“, doch noch immer fehle die Zusage zur Taurus-Lieferung. „Das zeigt leider, dass die Zögerlichkeit der Bundesregierung immer noch nicht ganz überwunden ist.“

Hilfe von Deutschland und der EU erhofft er sich auch auf seinem neuen Posten in Brasilia. „Brasilien bekommt zum Beispiel einen großen Teil der Düngemittel für seine Lebensmittelproduktion aus Russland. Das will man wohl nicht für eine politische Positionierung riskieren“, sagte Melnyk. „Deshalb brauchen wir auch hier die Unterstützung unserer deutschen und europäischen Freunde – nicht nur diplomatisch, sondern auch wirtschaftlich.“

So müssten in Brasilien „dringend ein paar Fabriken gebaut werden, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern“, erklärte er. „Dabei muss der Westen den Lateinamerikanern helfen.“ Melnyk ist nach einer Station als Vize-Außenminister in Kiew inzwischen Botschafter seines Landes in Brasilien.

Ukrainischer Botschafter kritisiert „Loser-Philosophie“

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat das Bündnis Sahra Wagenknecht und die AfD für ihre Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine scharf kritisiert.

Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte Makeiev: „Es ist doch verbrecherisch, sich die russische Propaganda zu eigen zu machen oder zu behaupten, man brauche keine Waffen, um sich zu verteidigen. Diese Loser-Philosophie ist angesichts der heutigen Bedrohungslage absolut unverantwortlich.“

Forderungen aus der deutschen Politik nach Verhandlungen wies er zurück. „Glauben diejenigen, die Verhandlungen fordern, dass sie das, was Präsident Biden, Bundeskanzlerin Merkel, Bundeskanzler Scholz und Präsident Macron nicht geschafft haben, schaffen würden? Wir haben von Putin mehrfach gehört, dass uns Ukrainern das Existenzrecht aberkannt wird. Wie soll man da Verhandlungen führen? Niemand hat mir bisher einen Plan vorgestellt“, sagte Makeiev der NOZ.

Wenn vorgeschlagen werde, die Ukraine könnte ja Gebiete abgeben, würde er fragen: „Würden Sie das auch mit ihrem Land so machen? Ein Stück Deutschland abgeben, damit alle anderen wieder ihren Frieden haben?“ Seiner Überzeugung nach könne man „mit diesem Russland nur aus der Position der Stärke verhandeln“. „Natürlich wird jeder Krieg irgendwann mit Verhandlungen beendet, aber für uns ist entscheidend, dass Russland die Verantwortung übernimmt für diesen Krieg. Russland muss zur Rechenschaft gezogen werden und für die Schäden bezahlen – und nicht der Steuerzahler in Deutschland und anderen Ländern“, sagte der Botschafter.

G7-Staaten kündigen weitere Sanktionen gegen Russland an

Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten haben zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt.

„Wir werden, wie unsere kürzlich angenommenen Sanktionspakete zeigen, die Kosten für Russlands Krieg weiter in die Höhe treiben, Russlands Einnahmequellen schwächen und seine Bemühungen zum Aufbau seiner Kriegsmaschinerie behindern“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Samstag nach einer Videokonferenz veröffentlicht wurde. An dieser hatte auch der ukrainische Präsident Selenskyj teilgenommen.

„Wir sind unverändert entschlossen, unsere Sanktionen gegen Russland vollständig um- und durchzusetzen und bei Bedarf neue Maßnahmen zu beschließen“, hieß es in der Erklärung weiter. In enger Zusammenarbeit mit Drittstaaten trete man allen Versuchen entgegen, Sanktionen und Ausfuhrkontrollmaßnahmen zu umgehen. „Wir werden Unternehmen und Einzelpersonen in Drittstaaten, die Russland bei der Beschaffung von Waffen oder wichtigen Vorprodukten für Waffen unterstützen, mit weiteren Sanktionen belegen“, so die Erklärung der G7.

| ag, mit Material von dts nachrichtenagentur |