1.000 Jahre im Erdreich geschützt
Als „ein außergewöhnliches Kleinod“ bezeichnete Kölns Kulturdezernent Georg Quander heute den goldenen Ohrring. Er wurde in einer Kloake in der südlichen Platzhälfte des Rathausplatzes entdeckt. Der Ohrring ist aus Gold gefertigt und mit Edelsteinen, Perlen und einer spätantiken Glasgemme verziert. Er hat die Form eines Halbmondes. Aufgrund seines Goldanteils war der Ohrring zu seiner Zeit „enorm wertvoll“, wie Quander erklärte, und muss einem Bürger aus der obersten sozialen Schicht gehört haben. Dabei trugen die Frauen den Ohrring vermutlich nicht in einem Ohrloch – auch wenn es das zu dieser Zeit bereits gab – , , sondern befestigten den Goldschmuck vermutlich an ihrem Kopfschleier. Forscher datieren den Ohrring auf die Zeit vor oder um 1100.

Drei ähnlich aussehende Ohrringe wurden bereits in Mainz gefunden. Sie wurden zunächst der deutschen Kaiserin Gisela, dann der Kaiserin Agnes zugeschrieben. Dennoch gilt der Kölner Fund als ein Unikat. Denn anders als seine Vorgänger ist er fast vollständig überliefert, nur ein einzelner Stein fehlt. Zudem ist er mit zwei goldenen Löwenköpfen verziert, den die anderen Ohrringe nicht aufweisen. Als einziger lag er darüber hinaus 1.000 Jahre unberührt im Kölner Erdreich. Im Gegensatz zu den Mainzer Ohrringen wurde er weder restauriert, noch umgearbeitet. „Damit ist der Kölner Fund ein Artefakt allerersten Ranges, ein Jahrhundertfund“, betonte heute Dr. Lothar Lambacher, Stellvertretender Direktor des Kunstgewerbemuseums in Berlin.


Ausgrabungen auf dem Rathausplatz

Archäologische Zone deutlich teurer als gedacht
Dieser wertvolle Fund, so Quander heute, betonte noch einmal die Bedeutung der Kölner Fundstelle. In dieser Woche war bekannt geworden, dass der Bau der archäologischen Zone und des Hauses der jüdischen Kultur wohl teurer als zunächst gedacht werde. Wie die Verwaltung mitteilte, wird der Bau wohl Gesamtkosten von knapp 52 Millionen Euro und nicht wie 2010 verkündet 48 Millionen Euro betragen. Zudem konnte die Stadt nicht wie ursprünglich im Ratsbeschluss vorgesehen Fördermittel in Höhe von fast 36 Millionen Euro einsammeln. Bislang hat lediglich die Landesregierung NRW eine Fördersumme von gut 14 Millionen Euro zugesagt. Weitere 800.000 Euro könnten vom Bund kommen. Bezüglich dieser Fördersumme gibt es jedoch noch keine abschließende Entscheidung. Für die Stadt Köln erhöht sich damit der Anteil an den Kosten um über 25 Millionen Euro auf insgesamt 37,5 Millionen Euro. Geplant war zunächst nur ein Anteil in Höhe von 12 Millionen Euro.

Entscheidung muss im Juli fallen
Darüber hinaus geht die Verwaltung inzwischen auch von höheren Folgekosten aus. Derzeit rechnet die Stadt mit jährlichen Betriebskosten in Höhe von etwa 4 Millionen Euro. Wie Quander gestern im Kulturausschuss des Stadtrates erklärte, führe die Stadt derzeit Gespräche mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR). Es sei gut möglich, dass dieser sich an den Folgekosten beteilige oder sie gar komplett übernehme, sagte Quander. Allerdings könne der LVR dazu frühestens erst Anfang 2012 eine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung, ob die Stadt die Mehrkosten für den Bau des Kulturkomplexes übernehmen soll, muss der Rat der Stadt Köln allerdings noch vor der Sommerpause in seiner Sitzung am 14. Juli treffen. Sollte bis dahin kein Beschluss getroffen sein, verfielen laut Quander nämlich die Fördergelder der Landesregierung. Kölns Kulturdezernent schlug vor, für die weitere Planung ein externes Unternehmen zu engagieren, das das Kostencontrolling übernehmen solle.

Politik signalisiert grundsätzliche Zustimmung
Die Kölner Politik reagierte gestern im Kulturausschuss verhalten auf die Kostenerhöhungen. Grundsätzlich signalisierten alle Fraktionen jedoch den Willen, die archäologische Zone und das Haus der jüdischen Kultur zu bauen. Die Kölner SPD verkündete bereits gestern, dass sie dem Vorschlag der Verwaltung (dass die Stadt Köln die Mehrkosten selbst übernimmt) folgen will. Die anderen großen Fraktionen wollen sich zunächst noch einmal intern beraten. Kritisch wurden vor allem die hohen Betriebskosten für den Kulturkomplex hinterfragt. Quander erklärte jedoch, dass sie wohl nicht verringert werden könnten.

Auf Widerstand stieß auch die Ankündigung Quanders, dass für die Innenarchitektur bereits eine europaweite Ausschreibung stattgefunden habe und ein Unternehmen ausgewählt worden sei. Grüne und SPD erklärten, davon sei die Politik nicht unterrichtet worden. Sie forderten mehr Mitbestimmung in den Entscheidungen. Quander widersprach jedoch, man habe die Politik über die Ausschreibung informiert. Mit Unverständnis reagierten einige Fraktionen auch auf die Erklärung Quanders, dass es keine Alternative zu dem geplanten Bau gebe. „Es gibt keine Zwischenlösung. Wenn wir die archäologische Zone und das Haus der jüdischen Kultur wollen, geht es nur so“, betonte Quander.

Aktualisiert 16:45 Uhr
CDU: Warum werden Kölner Großprojekte immer teurer als geplant?
"Warum kommt die Kölner Verwaltung in der Regel nicht ohne Nachjustieren aus? Warum werden Kölner Großprojekte immer teurer als geplant? Und warum dauert in Köln alles immer so lange?", fragt die Kölner CDU in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Gründe, so die CDU, liegen auf der Hand: Die Verwaltung rechne zunächst klein, damit das Projekt überhaupt begonnen wird. Zudem würden kommunale Mandatsträger erst dann informiert, wenn das Geld nicht reiche. Kritik übt die CDU dabei vor allem an Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters, der seine Amtszeit unter das Wahlprogramm "Verantwortung für Köln" gestellt. "Höchste Zeit, dass er sich als Oberbürgermeister wieder daran erinnert", so die CDU.

„Aber diese von Rot-Grün geprägte Verwaltung setzt falsche bis gar keine Prioritäten. Wer hinnimmt, dass aus Geldmangel die Infrastruktur dieser Stadt zerbröselt oder sich Kinder in den Schulen aus Ekel den Gang zur Toilette verkneifen, sich aber munter einen kräftigen Schluck aus der Kreditpulle gönnt, um ehrgeizige Städtebauprojekte vor dem Absaufen zu retten, betreibt das Spiel derer, die es immer schon besser wussten und stets und überall behaupten: dieser Stadtspitze ist egal, wer unter ihr Oberbürgermeister ist“, so Jürgen Hollstein, Kölns CDU-Vorsitzender. „Der OB muss jetzt endlich Führungsstärke beweisen und den gordischen Knoten, mit dem der Kölner Amtsschimmel ans Rathaus gefesselt ist, durchhauen.“ Je größer und teurer ein Projekt sei, umso mehr Bedeutung gewinne die strikte Kostenkontrolle in jedem Planungs- und Baustadium. „Auch wir in Köln müssen akzeptieren: die fetten Jahre sind vorbei. Weniger ist vielleicht mehr als gar nix. Siehe Flora oder eben auch Rheinboulevard Deutz“, so Hollstein weiter. „Die politische und gesellschaftliche Akzeptanz von Großprojekten hat auch und vor allem etwas mit der Einhaltung des gesetzten Kostenrahmens zu tun. Deshalb sollte die Stadtverwaltung schon im frühesten Planungsstadium zu einer realistischeren Kosteneinschätzung finden als bisher. Natürlich soll Köln schöner werden, aber wir sind nicht länger bereit, dafür jedes Mal Geld, das wir nicht haben bzw. das an anderer Stelle – z.B. Schulsanierung – besser aufgehoben wäre, nachzuschießen“, so Hollstein weiter.

Cornelia Schlößer für repot-k.de/ Kölns Internetzeitung
Foto der Ausgrabungstelle Rathausplatz:
Philip Heisterkamp